Finanzen persönlich

Nebenwerte laufen Schwergewichten den Rang ab

Ende des Booms bei Aktien aus der zweiten Reihe nicht absehbar - Höhere Volatilität als Blue Chips - Großes Anlageuniversum - Titelauswahl entscheidend

Nebenwerte laufen Schwergewichten den Rang ab

Von Heino Reents Als im Februar der MDax die magische Hürde von 10 000 Punkten genommen hat, dachten viele, das sei nach jahrelanger Hausse endgültig der Höhepunkt. Nur wenige Monate später ist mit 11 000 Zähler aber der Rekord gebrochen. Und die Zeichen stehen weiter auf Grün. Das Kaufinteresse – auch vieler ausländischer institutioneller Anleger – scheint anzuhalten. Seit sieben Jahren abgehängtDer MDax hat seinen großen Bruder jetzt bereits das siebte Jahr in Folge bei der Performance abgehängt. Und auch in anderen Teilen Europas sind die vermeintlichen Kleinen längst aus dem Schatten der Schwergewichte getreten. Jedes Jahr prognostizieren Experten zwar, dass es nun an der Zeit sei, dieses Ungleichgewicht zu beenden. Doch jedes Jahr aufs Neue irren sie sich. Es sind gleich eine ganze Reihe von Gründen, warum sich Nebenwerte in den vergangenen so prächtig geschlagen haben. Experten führen die Stärke der Nebenwerte vor allem darauf zurück, dass es überwiegend Firmen mit einem fokussierten Geschäftsmodell sind, die ihre Gewinne in einem dynamischen Wirtschaftsumfeld stärker steigern können als träge Unternehmenskolosse und -konglomerate. Während die Gewinne der Dax-Konzerne 2006 Analysten zufolge um rund 12 % zulegten, fiel der Zuwachs im MDax mehr als dreimal so stark aus. Außerdem ist die positive Konjunktur hierzulande ein Wachstumstreiber. Die Stimmung bei den Unternehmen ist so gut wie lange nicht mehr. Dies spricht generell für die Small und Mid Caps, die in der Regel eher inlandsorientiert sind und häufig über eine hervorragende Marktposition in Nischenmärkten verfügen.Ferner sind es gerade die Titel aus der zweiten Börsenreihe, die immer wieder im Mittelpunkt von Übernahmespekulationen stehen, was naturgemäß den Börsenkurs hochtreibt. Sowohl der Medienkonzern ProSiebenSat.1 Media und der Energiedienstleister Techem hatten beispielsweise Ende des vergangenen Jahres Angebote von Investoren erhalten. Daraufhin schossen die Kurse der beiden Mid Caps kräftig in die Höhe. Nur zwei von vielenUnd die beiden Unternehmen waren nur zwei von vielen: Allein im vergangenen Jahr kündigten Beteiligungsgesellschaften hierzulande Übernahmen von zumeist kleinen und mittleren Unternehmen im Wert von 52,5 Mrd. Dollar an. Kleinere Gesellschaften sind attraktiver für Investoren, da sie meist nicht hoch verschuldet sind und einen sehr guten Cash-flow haben. Was außerdem für Nebenwerte spricht: Das Anlageuniversum ist bei den Small Caps größer als bei den Large Caps. Dadurch gibt es mehr Möglichkeiten, attraktive Unternehmen zu finden.Zu den Hauptrisiken zählt dagegen die deutlich höhere Volatilität. Weil die Märkte enger und damit weniger kapitalisiert sind, schlagen Enttäuschungen viel kräftiger zu Buche. Kursgewinne sind somit auch schneller wieder dahin, wenn die Stimmung kippt. Das mag auch daran liegen, dass Fondsgesellschaften mit großen Verkaufsorders vergleichsweise sehr hohe Kurseinbrüche verursachen können.Anleger sollten bedenken, dass das Marktsegment Nebenwerte deutlich ineffizienter ist als das Blue-Chips-Segment. Das bedeutet, dass Nebenwerte weniger von den Research-Abteilungen der Investmenthäuser analysiert und verfolgt werden als die Börsen-Schwergewichte. Das erhöht die Chance, über eine qualitativ gute Einzeltitelauswahl und -analyse Titel zu entdecken, die ein interessantes Kurspotenzial bieten und vom Markt vernachlässigt sind. Allerdings sind Nebenwerte oft ein recht launisches Universum. Anleger sollten sich nicht darauf verlassen, dass sie in die gleiche Richtung laufen wie die Börsen-Schwergewichte. Ungeachtet der positiven Wertentwicklung scheint es für Investoren noch nicht zu spät zum Einstieg. Viele Small und Mid Caps sind immer noch unterbewertet. Die zu finden ist jedoch schwierig, weswegen diese Aufgabe unbedingt Fondsmanager übernehmen sollten. Weil diese mittelkapitalisierten Werte zumeist nicht so intensiv beobachtet werden, können Fondsmanager durch geschicktes Stockpicking noch wirkliche Perlen entdecken. Meistens reichen dann nur einige wenige solcher erfolgreicher Wetten, um die Performance des Fonds kräftig steigern zu können.Denn im Nebenwertebereich kommt der Titelauswahl eine entscheidende Bedeutung zu. Anders als die meisten Fonds, die in große Werte investieren, richten sich viele Manager der Nebenwertefonds nicht oder nur kaum an einem Vergleichsindex aus. Das hat den Vorteil, dass Unternehmen nur nach dem Potenzial ausgesucht werden und nicht etwa nach Branchenzugehörigkeit, um nah an der Benchmark zu sein. Oft schon mit im BootAllerdings holten sich auch viele Fonds, die vermeintlich in Standardwerte investieren, in den vergangenen Jahren einen erheblichen Anteil Small und Mid Caps ins Boot, um die Renditen zu beflügeln. Deshalb empfiehlt die Ratingagentur Morningstar: Wer über ein Investment in Nebenwertefonds nachdenkt, sollte überprüfen, inwieweit das Segment bereits durch einen im Depot vorhandenen Aktienfonds abgedeckt ist, um Überschneidungen zu vermeiden. Einer der erfolgreichsten Nebenwertefonds im Segment Europa der vergangenen Jahre ist der DekaLux. Fondsmanager Matthias Bussemer sucht entsprechend dem Konjunkturzyklus nach Unternehmen, die ihre Umsätze und Gewinne stärker als die Konkurrenz steigern können. Das Portfolio beinhaltet 70 bis 150 Aktien, mehr als 90 % sind Mid und Small Caps, die durchschnittliche Marktkapitalisierung beträgt 1,2 Mrd. Euro. Interessant ist, dass die Analysten regional und nicht nach Branchen aufgeteilt sind. Zu den besten seiner Klasse gehört seit Jahren auch der Axa WF European Small Cap Equities A. Der Fonds investiert in Titel, deren Marktkapitalisierung zwischen 50 Mill. Euro und 2,5 Mrd. Euro liegt. Aufgrund seiner höheren Volatilität eignet sich dieses Produkt aber eher für risikofreudige Anleger.Beliebt ist auch der DWS Provesta. Der Nebenwertefonds des deutschen Marktführers ist bereits über 1 Mrd. Euro schwer. Der Fondsmanager ist vorwiegend in mittleren Werten und Spezialwerten in Deutschland und Europa investiert. Das Stockpicking attraktiver Einzelwerte steht dabei im Vordergrund – unabhängig von Größe oder Branche. Asien als Alternative Investoren, die nicht an eine Fortsetzung der Kursgewinne europäischer Nebenwerte glauben, könnten asiatische oder vielleicht auch osteuropäische Small und Mid Caps interessant finden. Der Berenberg Eastern European Small Cap Fonds beispielsweise investiert nicht nur in den EU-Ländern, sondern auch in der Ukraine oder auf dem Balkan.