Oppenhoff & Partner gelingt der Neustart mit Tradition
Von Walther Becker, Frankfurt “Wir glauben, dass es auch in Deutschland Bedarf an erstklassiger, unabhängiger Rechtsberatung gibt”, sagt Stephan König. Er ist einer der Partner, mit denen Michael Oppenhoff Anfang 2008 den Weg zurück in die Zukunft gewagt hat. Die Wurzeln der Sozietät, die sich von der internationalen Kanzlei Linklaters abgespalten hat, reichen zurück bis ins Jahr 1908. Damals formierte sich eine Kölner Sozietät, die sich insbesondere zu Zeiten von Walter Oppenhoff zu einer der führenden überregional und international tätigen Wirtschaftssozietäten in Deutschland entwickelte. Schlagzeilen mit der TelekomAktuell macht Oppenhoff & Partner im Zusammenhang mit der Bespitzelungsaffäre der Telekom Schlagzeilen. “Wir sind am 8. Mai 2008 von Aufsichtsrat und Vorstand der Deutschen Telekom mit einer unabhängigen, nicht weisungsgebundenen Untersuchung bestimmter Vorgänge und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der Nutzung von Verbindungsdaten beauftragt worden und arbeiten intensiv an diesem Auftrag”, sagt Oppenhoff dazu lediglich.2001 fusionierte die Kanzlei nach zahlreichen nationalen Schulterschlüssen mit der englischen Wirtschaftskanzlei Linklaters – Oppenhoff selbst hatte diesen Schritt forciert. 2007 entschied Linklaters, das traditionsreiche Büro in der Domstadt zu schließen und in Düsseldorf neu zu beginnen. Breites Spektrum”Wir verfolgen auch jetzt einen Full-Service-Ansatz”, betont Michael Oppenhoff. Im Gegensatz zu mancher Großkanzlei halte man ein breiteres Spektrum vor – etwa auch Arbeits-, Steuer, Kartell- oder Umweltrecht. “Wir sind etwas breiter angelegt und auch weniger abhängig von Transaktionen”, sagt Oppenhoff, der betont, wie wichtig auch Vorgänge seien, die nicht stark im Scheinwerferlicht stehen, wie etwa Transfer Pricing. Der gewerbliche Rechtsschutz, traditionell eine Stärke des Büros, wurde von Linklaters ausgegründet; es könne erforderlich werden, auf diesem Gebiet wieder stärker aktiv zu werden. “Unser Anspruch ist es, in der ersten Liga zu spielen”, betont Oppenhoff, der mit 70 Jahren den Neubeginn gewagt hat und nach eigenem Bekunden schon nahezu alles, was der Anwaltsmarkt in den vergangenen Dekaden geboten hat, mitgemacht hat: unabhängig-lokal, überörtlich-national, Allianz und straff geführte internationale Sozietät. Unabhängige, erstklassige Beratung in Deutschland heiße nicht, das erfolgreiche Modell Hengeler Mueller zu duplizieren – was auch nicht möglich sei; und man sei auch nicht Pöllath + Partner. Aber man könne anders als internationale Sozietäten sich um Mandate kümmern, ohne womöglich an einer anderen Ecke der Welt in irgendeiner Form in Konflikte zu geraten, also ohne Reibungs- und Effizienzverluste wie in den globalen Häusern. Und der Kreis der Mandatschaft sei keineswegs auf die Region Köln begrenzt, vielmehr sei Oppenhoff & Partner auch grenzüberschreitend intensiv tätig. Das ist beste Tradition des Kölner Büros. Linklaters habe versucht, internationales Geschäft im eigenen Netzwerk abzugeben, so dass sich die einzelnen Büros stärker auf Mandate vor Ort zu konzentrieren hatten, berichtet Oppenhoff. Für seine neue Kanzlei bildeten Großindustrie und bedeutende Mittelständler die wesentliche Klientel. “Wichtig ist es, an einem Platz zu sitzen, heute ist es weniger relevant, wo das ist.”An die Anbindung an ein Netzwerk oder das “Best-Friends”-Konzept denkt Oppenhoff nicht. “Es gibt Spitzenkanzleien in den einzelnen Ländern, die in ihrem Territorium sehr erfolgreich sind und darüber hinaus mit ihren Mandanten globalisieren – sie brauchen unabhängige Ansprechpartner in Deutschland, und mit ihnen arbeiten wir von Fall zu Fall zusammen”, sagt Oppenhoff. Schließlich habe man auch mit Linklaters “keinerlei Berührungsängste”. Es gebe weder Trennungsschmerz, noch seien alte Rechnungen offen. In einigen Mandaten wie dem Schiedsgerichtsverfahren Toll Collect arbeite man mit Linklaters auch weiter zusammen. Hier vertritt der Schiedsrichter Klaus Günther das Verkehrsministerium. Die Trennung geht durch die Familie: Oppenhoffs Sohn Stefan blieb bei Linklaters – in Frankfurt. Für Neuzugänge sei weniger entscheidend, wo sie herkämen, sondern was sie können. Und auch weitere Partner gingen von Linklaters später hinüber. Elf Partner und weitere 30 Anwälte hatten sich zu Jahresbeginn verselbständigt zu Oppenhoff & Partner. Sie waren schon länger mit dem Globalisierungstrend der internationalen Sozietät unzufrieden, ohne dass sie dies im Gespräch in den Vordergrund stellen. Dieser nutze den Mandaten vor Ort kaum, belaste sie aber mit hohen Gebühren. Das Fass zum Überlaufen brachte die Entscheidung von Linklaters, ihr Geschäft in Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf aufzubauen. Moderates WachstumOppenhoff selbst hat maßgeblich die Entwicklung des deutschen Anwaltsmarktes beeinflusst: Der Kölner Teil der Kanzlei erstritt vor dem Bundesgerichtshof die Möglichkeit, überörtliche Sozietäten zu gründen – was bis dahin verboten und Hauptursache für die vergleichsweise kleinen deutschen Kanzleien war, von denen die Kölner seinerzeit die größten waren. Dieses Ergebnis gilt als Initialzündung für Wachstum und Internationalisierung der Wirtschaftssozietäten hierzulande. Heute sind es 45 Anwälte, insgesamt eine Mannschaft von 100 Personen; Ziel seien in zwei bis drei Jahren 60 bis 70 Anwälte. “Wir sind heute voll durchorganisiert”, sagt König, der Umzug in ein neues Gebäude am Rhein steht an. Die Mandatsaufteilung sei problemlos verlaufen, nachdem alle Kunden angeschrieben und auf die Trennung von Linklaters vorbereitet worden seien. “Die Arbeit ging über den Jahrwechsel nahtlos weiter, nur unter einem anderen Hut.” Niemand wolle in laufenden Prozessen wechseln; die Bewährungsprobe bei neuen Aufträgen und Folgemandaten habe Oppenhoff glänzend bestanden. Es seien einige Mandate gekommen, mit denen man nicht gerechnet hatte. Die Kanzlei schließe jedenfalls das erste Jahr – zugleich das 100. des Kölner Büros – profitabel ab. Oppenhoff & Partner berät etwa die englische G4S bei der Veräußerung von Bewachungssparte und Sicherheitstechnik an Securitas; IVG bei der Veräußerung eines Immobilienportfolios an CIT Europe; Labelux (die Familie Benckiser) beim Erwerb von Bally und die Hamburger Sparkasse in der Finanzierung des MPC-Übernahmeangebots an HCI über 294 Mill. Euro. “Unser Anspruch ist es, in der ersten Liga zu spielen, dann müssen wir Top-Leute auch spitzenmäßig bezahlen”, sagt Oppenhoff. Heute komme Oppenhoff & Partner auf ein Verhältnis von Partners zu Associates von 1 zu 1,3, Ziel sei eine Relation von 1 zu 2, womit die Kanzlei ihre Partner deutlich intensiver einsetzt als die internationalen Wettbewerber, die teilweise einen “Leverage” von 1 zu 5 haben. In der Vergütung setze man auf einen modifizierten Lock-step: alle wirtschaften in einen Topf, in der Honorierung gibt es aber individualisierte Komponenten, um jungen Leuten etwas zu bieten. Es gibt Equity-Partner und angestellte Partner. “Es ist wichtig, dass wir eine Partnerschaft haben, die nicht allein von finanziellen Überlegungen getrieben wird”, sagt er. Ist der Zeitpunkt für den Neustart – mitten in der Finanzkrise – richtig? Oppenhoffs Antwort lautet ja. Die Transaktionen seien heute überschaubarer als vor einem Jahr, strategische Investoren dominieren das Geschehen, insofern sei die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem Deal, an dem man sitze, auch etwas werde, heute größer. Bei Investment-Banking-Themen wie Börsengängen, die sich ebenfalls rar machen, waren die Kölner nie stark vertreten. Auch grundsätzlich komme das deutsche Anwaltsgeschäft besser weg als dasjenige in London, da die Berater hierzulande nie so von Finanzinstituten abhängig seien wie in Großbritannien. “Ich bin zuversichtlich, dass sich die Krise in Deutschland nicht so wesentlich auswirken wird”, sagt Oppenhoff.