ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: CHRISTIAN SCHÖN

Osteuropa als PIIGS-Ersatz

Erste Asset Management sieht Polen als Alternative zu Anleihen der Euro-Peripherie

Osteuropa als PIIGS-Ersatz

Die österreichische Erste Asset Management will sich im deutschen Markt fester etablieren. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläutert Vorstandsmitglied Christian Schön seine Pläne und verweist auf die Kompetenzen seiner Gesellschaft in Osteuropa.Von Julia Roebke, FrankfurtDer Zusammenbruch Griechenlands und die stark ausgeweiteten Spreads in Spanien oder auch Italien haben das Fixed-Income-Konzept vieler institutioneller Investoren auf den Kopf gestellt. Die PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien) galten vor der Krise noch als sicheres Investment, das jedoch im Vergleich zu Deutschland eine attraktivere Rendite versprach. Inzwischen nehmen viele Großanlegern allerdings Abstand von den Investments in diesen Ländern. “Gerade bei großen Pensionskassen und Versicherern rücken nun vermehrt die osteuropäischen Länder als Alternative in den Blick”, berichtet Christian Schön, Vorstandsmitglied bei der Erste Asset Management (EAM), im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Die EAM ist 2008 als Tochter der Erste Group Bank gegründet worden, um alle Asset-Management-Aktivitäten der Gruppe zu bündeln. Mit 300 Mitarbeitern kommt die Gesellschaft inzwischen auf 45 Mrd. Euro an Assets under Management, wobei 60 % von Retail- und 40 % von institutionellen Kunden stammen. Neben nachhaltigen Investments (Socially Responsible Investing, SRI) sieht Schön die Kernkompetenzen des Asset Managers vor allem im Fixed-Income-Bereich und insbesondere in Osteuropa. Etwa 10 % der Assets der Österreicher sind in Anleihen oder Aktien der CEE-Länder (Zentral- und Osteuropa) investiert.”Das ist eine Region, wo sie für das eingegangene Risiko auch die entsprechende Prämie bekommen”, betont Schön, der allerdings auch klar benennt, dass sich nicht alle Länder Osteuropas über einen Kamm scheren lassen. “Im Vergleich zu den PIIGS-Staaten zeichnen sich diese Länder aber durch deutlich bessere makroökonomische Daten aus, und die Liquidität ist gewährleistet”, berichtet Schön. Im europäischen Vergleich zeigten die Länder Osteuropas großteils niedrige Verschuldungs- und Neuverschuldungskennzahlen. Auch starkes Wachstum und zum Teil eingeleitete Strukturreformen hätten die Budgetzahlen zuletzt verbessert. Maßgeschneiderte LösungenGerade in Deutschland, wo die EAM erst auf etwas mehr als 1 Mrd. Euro an Assets kommt, sieht Schön sein Osteuropa-Angebot als interessante Alternative insbesondere für Pensionskassen, Unternehmen und Versicherungen. “Wir wollen nun verstärkt maßgeschneiderte Investmentlösungen für diese Klientel anbieten”, so Schön.Als Musterland im Osten bezeichnet der Vorstand dabei Polen, das mit einem Budgetdefizit von unter 60 % und einem prognostizierten Wachstum von 3 bis 3,5 % derzeit eine Rendite von 6 % bei 10-jährigen Anleihen biete. “Ein ähnliches Renditeniveau liefert Italien, das allerdings eine Staatsverschuldung von 120 % aufweist.” Viele Staaten in Osteuropa würden zudem auf Euro denominierte Anleihen begeben, oder das Währungsrisiko lasse sich parallel absichern.Gerade in Osteuropa sei es jedoch von besonderer Bedeutung, dass der Asset Manager die Spreu vom Weizen trennen könne. Ungarn müsse man z.B. derzeit außen vor lassen. Asset Manager und Finanzinstitute, die dort Geschäfte machen, haben zuletzt stark bluten müssen. Denn neben dem Tausch von Fremdwährungskrediten, für den zum Teil die dort ansässigen Banken geradestehen mussten, hat Ungarn en passant die zweite Säule der Altersvorsorge aufgelöst. Negativbeispiel Ungarn”Die ungarische Regierung hat die Mittel aus der betrieblichen Altersvorsorge im Sommer 2011 komplett verstaatlicht”, berichtet Schön. Der Transfer von rund 10 Mrd. Euro sei dazu genutzt worden, einmalig die Staatskasse aufzubessern, die Ansprüche sollen künftig aus der umlagefinanzierten gesetzlichen Altersvorsorge mitgetragen werden. “Die gesamte Branche hat dort ihre Assets verkauft”, berichtet Schön, die EAM habe dadurch vor Ort bis zu 500 Mill. Euro an verwaltetem Vermögen verloren. Das Beispiel Ungarn zeige denn auch, dass man als Vermögensverwalter für Investments in Osteuropa eine lokale Expertise und Vorsicht brauche, erläutert der 41-Jährige.