ASSET MANAGEMENT - IM GESPRÄCH: HELMUT PAULUS UND ULRICH KOALL

Quoniam will international durchstarten

Weltweiter Vertrieb wird in London gebündelt - Suche nach Anomalien im Zentrum des Fondsmanagements - Gegen die Trends

Quoniam will international durchstarten

Größtmögliche Streuung und damit Risikodiversifizierung ist bei Quoniam Asset Management das A und O bei den Fonds. Im Vertrieb setzt die Tochter der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment jetzt auf das genaue Gegenteil: die Konzentration der internationalen Aktivitäten in London.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtWer nach London geht, sitzt am Nabel der Welt für das Asset-Management-Geschäft, weil alle internationalen Kunden dort präsent sind. Dieser Überzeugung ist Helmut Paulus, geschäftsführender Partner bei Quoniam Asset Management. “Die halbe Welt ist in London versammelt, die Consultants, die Staatsfonds, alle international agierenden Investoren – es macht Sinn, als Asset Manager dort vor Ort zu sein”, sagt der Chief Executive und Chief Investment Officer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Daher will die Gesellschaft, die auf quantitative Investmentstrategien spezialisiert ist, im Sommer 2014 ein Büro in London eröffnen und dort die internationalen Vertriebsaktivitäten bündeln (vgl. BZ vom 17. September).Großbritannien sei mit Abstand der größte Markt in Europa, wo sich mit 3,5 Bill. Dollar die meisten extern gemanagten Assets konzentrierten. Am zweitgrößten ist der deutsche Markt, der naturgemäß der geschäftliche Schwerpunkt der Tochter der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment ist. Nummer 3, Frankreich, ist nach Ansicht von Paulus ein zu geschlossener Vermögensverwaltungsmarkt, der sich unter lokalen Anbietern aufteilt, als dass sich dort zusätzliche Vertriebsaktivitäten auszahlen würden. Japan und Nordamerika seien zwar mit Abstand die international größten Märkte, doch die Markteintrittshürden seien dort zu hoch.Somit Großbritannien. Dort hat Quoniam zwar schon einige Kunden, wie übrigens auch in vielen anderen Ländern dieser Welt. Damit ist das internationale Geschäft – 20 von insgesamt 102 Kunden – weit verstreut, “überall ein wenig, aber mit klarem Schwerpunkt in UK, Benelux und Skandinavien”, wie der geschäftsführende Partner Ulrich Koall berichtet. Doch mit dieser breiten Streuung soll bald Schluss sein, kündigt der 46-Jährige an. Die 1999 gegründete Gesellschaft, deren Kern im Portfoliomanagement die größtmögliche Streuung von Assets und somit der Risiken ist, setzt im Vertrieb nun auf den gegenteiligen Ansatz: Konzentration der internationalen Aktivitäten in London.Auch der andere Kern des Investmentprozesses – an den Märkten nach Anomalien zu suchen und von den Ineffizienzen zu profitieren – wird damit in der Vertriebsstrategie nicht verfolgt, ist doch London für viele Asset-Management-Gesellschaften der gesuchte Standort im internationalen Geschäft. “Wir stehen bei Hypes sehr oft – aber selektiv – auf der Gegenseite”, sagt Paulus und meint damit aber allein den Anlageprozess. Massive MehrperformanceAls Beispiel hierfür nennt der Mitbegründer des Investmentmanagers die Finanzkrise, als alle Investoren Finanztitel ohne Unterschied aus den Portfolien rauswarfen. In solchen Momenten stehe Quoniam auf der Gegenseite und habe weiter selektiv in die als gesund geltenden Banken investiert. “Aufgrund ausgeprägter Fehlbewertungen haben wir besonders in den Jahren 2007 bis 2009 eine massive Mehrperformance erreicht.”Quantitative Anlagestrategie bedeutet bei Quoniam indes nicht, auf statistische Trendfolgemodelle zu setzen. Vielmehr werden nach dem klassischen fundamentalen Ansatz Wirtschafts- und Unternehmensdaten ausgewertet und darauf basierend Prognosen für einen Vier-Wochen-Zeitraum aufgestellt. Dabei steht die Frage im Raum, wo eine empirische Wirkung von Daten zu erwarten ist. Angesichts der heute überbordenden Fülle an Daten übernehmen Computer die fundamentale Analyse, “da der Portfoliomanager allein damit überfordert wäre”, meint Paulus. Doch am Ende der IT-gestützten Datenanalyse sorgt auch bei Quoniam weiterhin der Mensch für die Verfeinerung der Prognose. Hohe DiversifikationIn den Fonds wird auf eine hohe Diversifikation mit deutlich mehr als 200 Titeln je Produkt gesetzt, um die Risiken so klein wie möglich zu halten. Gerade im jetzigen Umfeld der niedrigen Zinsen sei die hohe Granularität ein sicherer Ansatz für die Investoren, so Paulus.18,7 Mrd. Euro verwaltet das Haus aktuell, das zu 75 % der Union und zu 25 % dem Management, also dem fünfköpfigen Partnerkreis und Führungskräften, gehört. Das 80-köpfige Team investiert vor allem in Renten und Aktien (siehe Grafik), vorrangig über Spezialfonds, der Rest verteilt sich auf rund zehn Publikumsfonds und freie Mandate. Insgesamt sind es 125 Mandate. 30 % davon stammen von Unternehmen, es folgen Banken (16 %), staatliche Institutionen (15 %) und Verbände (10 %).Den Assetklassen Equities und Bonds bleibt Quoniam auch weiterhin treu, obwohl andere Asset Manager mit Aktivitäten im Bereich der alternativen Investments wie Infrastruktur, Immobilien oder Kreditfonds von sich reden machen. “Das macht geschäftspolitisch keinen Sinn”, sagt Koall kurz und bündig.Für die zunehmende Regulierung, die immer mehr Daten von den Fondsgesellschaften abverlangt etwa über Derivate oder Risikomodelle, fühlt sich Quoniam gut gewappnet. “Durch unsere IT-basierten, systematischen Investmentprozesse haben wir das angeforderte Datenmaterial ohnehin immer präsent”, betont Paulus. Geheime ZieleWelche Ziele künftig im internationalen Geschäft erreicht werden sollen, will Paulus derweil nicht verraten. “Wir wollen weiterhin behutsam und stetig wie in den Vorjahren wachsen”, sagt der 45-Jährige dazu lediglich. Das Londoner Team soll zunächst sechs bis acht, später zehn Mitarbeiter umfassen.