PORTFOLIO

Russland ist das größte Förderland

2010 werden Diamanten für 128 Mill. Karat gefunden - Langfristige Rückgänge

Russland ist das größte Förderland

Von Kai Johannsen, Frankfurt Dem internationalen Diamantenmarkt wird in fundamentaler Hinsicht von vielen Beobachtern eine solide Perspektive bescheinigt. Abgestellt wird dabei zum einen auf die gute Nachfragesituation, insbesondere seitens der neu entstehenden Mittel- und Oberschichten in aufstrebenden Volkswirtschaften, die traditionell als sehr schmuckaffin gelten. Das wird – so die Einschätzung – der Schmuckindustrie anhaltend gute Absatzperspektiven eröffnen. Zum anderen wird aber auch die Angebotsseite als preistreibend bzw. zumindest preisstützend eingestuft. Viele Minengesellschaften arbeiten bereits an Kapazitätsgrenzen, diverse Diamantminen werden in den kommenden Jahren nicht mehr die Fördermengen von heute liefern können und zudem besteht nicht die Aussicht, dass große Minen mit besonders ergiebigen Vorkommen an Diamanten entdeckt werden. Diese Gemengelage wird laut Experten zu einem langanhaltenden Aufwärtstrend am Diamantenmarkt führen. Zenith überschrittenDiese Tendenz auf der Angebotsseite ist bereits in den vergangenen Jahren dieses Jahrzehnts abzulesen gewesen. Laut Daten des Kimberley Process Certification Scheme – der Kimberly Process stellt das weltweite Abkommen der Diamantenförderer und Diamantenhändler gegen die Vermarktung von Konfliktdiamanten dar – wurden in den Jahren 2005 und 2006 Rohdiamanten im Umfang von 176,7 bzw. 176 Mill. Karat (1 Karat = 0,2 Gramm) zutage gefördert. Diese Fördermenge entsprach wertmäßig 11,6 (2005) bzw. 12,1 Mrd. Dollar (2006). Dies waren in der jüngeren Vergangenheit die höchsten jährlichen Fördermengen. An diese Hochpunkte konnte der internationale Markt in den Folgejahren nicht mehr anschließen, und es wird derzeit auch nicht davon ausgegangen, dass diese Mengen in den nächsten Jahren wieder erreicht werden können.2007 und 2008 ging die Fördermenge an Rohdiamanten bereits zurück. 2007 wurden mengenmäßig noch 168,2 Mill. Karat an Rohdiamanten gefördert. Wertmäßig blieb diese Menge mit 12,1 Mrd. Euro aber stabil im Vergleich zum Niveau des Vorjahres. 2008 sank die Fördermenge weiter und erreichte mit 162,9 Mill. Karat fast das Niveau von 2004 (159,1 Mill. Karat, Wert: 10,2 Mrd. Dollar). Die Fördermenge des Jahres 2008 hatte einen Wert von 12,7 Mrd. Euro. Wertmäßig lag die Fördermenge demzufolge rund 25 % über dem Niveau von 2004. Die Produktionsmenge übertraf die Werte von 2004 aber nur um 2,4 %.Die Banken- und Finanzmarktkrise, die Ende 2008 ihren Höhepunkt erreichte, färbte 2009 negativ auf den Markt der wertvollsten Steine ab. Es gab Sorgen über deutliche Nachfragerückgänge der US-Schmuckindustrie. Dem Diamantenhandel machten zudem Kreditlinienkürzungen der Banken zu schaffen. Händler mussten gekaufte und auf Kredit finanzierte Steine abstoßen. Die Preise am Diamantenmarkt kamen in allen Kategorien spürbar zurück. Es gab Preisrückgänge von 20 bis 30 %, je nach Kategorie der Steine. Die Produktionsmenge an Rohdiamanten ging auf 120,2 Mill. Karat zurück und unterschritt damit sogar das Niveau des Jahres 2004. Der Preisrückgang der Diamanten hinterließ deutliche Spuren, denn wertmäßig lag die Fördermenge noch bei rund 8,3 Mrd. Dollar.Die jüngst vorgelegten Zahlen zur Förderung des Jahres 2010 deuten eine leichte Erholung nach dem Krisenjahr 2009 an, das von deutlicher Zurückhaltung und Produktionsdrosselungen gekennzeichnet war. 2010 wurden weltweit Rohdiamanten im Umfang von 128,3 Mill. Karat gefördert. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2009 einem Anstieg von knapp 7 %. Der 2010 einsetzende Aufwärtstrend am Diamantenmarkt ist unverkennbar. Denn wertmäßig lag die produzierte Rohdiamantenmenge bei rund 11,4 Mrd. Dollar. Einem Fördermengenanstieg von 7 % steht demzufolge ein wertmäßiges Plus von guten 37 % gegenüber.Diamanten werden heutzutage in vielen Teilen der Welt gefunden und gefördert. Unterschieden wird bei den Vorkommen nach primären Lagerstätten, womit Minen und Gesteine gemeint sind, und sekundären bzw. alluvialen Stätten. Hinter Letzteren verbergen sich Ablagerungen auf der Erdoberfläche. Eine immer größer werdende Bedeutung bei der Förderung von Gold und Diamanten hat das sogenannte Marine Mining. Dieses wird beispielsweise in Namibia angewandt. Beim Marine Mining wird der Meeresboden systematisch nach Vorkommen untersucht bzw. Funde werden abgebaut.Wer an die Förderländer von Diamanten denkt, der denkt in erster Linie an Südafrika. Dieses Land hatte in der Historie eine Vormachtstellung in der Diamantenförderung und war damit traditionell das größte Förderland der edelsten Steine. Neue Funde von Rohdiamanten und eine Ausweitung der existenten Förderungen in anderen Teilen der Welt haben Südafrika aber in den vergangenen Jahrzehnten zurückgedrängt. Es hat seine Vormachtstellung abgeben müssen. Hinsichtlich des geförderten Volumens hatte 2010 die Russische Föderation mit 27 % den größten Anteil am internationalen Rohdiamantenmarkt (2009: mit 29 % ebenfalls Rang 1). Zweitgrößer Diamantenförderer war 2010 Botsuana mit 17 % (2009: 15 %, Platz 3). Auf dem dritten Rang landete 2010 die Republik Kongo mit 16 % (2009: 18 %, Rang 2). Auf dem vierten Rang der Förderländer mit den größten Mengen lag 2010 Kanada (9 %), gefolgt von Australien (8 %). Mit einem Anteil von knapp unter 7 % liegt Südafrika 2010 nur an sechster Stelle der größten Förderländer (nach geförderter Menge). Südafrika ist in etwa gleichauf mit den Ländern Simbabwe und Angola. Verändertes BildHinsichtlich der wertmäßigen Verteilung der geförderten Rohdiamantenmengen ergibt sich allerdings ein leicht verändertes Bild. Der Grund liegt darin, dass das Volumen der geförderten Menge nicht zwangsläufig auch die größten Werte haben muss. Eine Rolle spielt dabei auch die Verteilung der Diamanten auf Industriediamanten und Steine, die für die Schmuckverarbeitung genutzt werden können. In der wertmäßigen Verteilung der gefundenen Rohdiamanten liegt Botsuana mit einem Anteil von 23 % im Jahr 2010 an erster Stelle der internationalen Förderländer. Auf dem zweiten Platz folgt die Russische Förderation (21 %) und auf dem dritten Rang Kanada (20 %). Südafrika kommt bei der wertmäßigen Verteilung mit einem Anteil von 10 % auf den vierten Rang. Angola erreicht mit 9 % den fünften Platz.Im Vergleich zum Jahr 2009 ergibt sich eine Verschiebung der Plätze. Seinerzeit sah die wertmäßige Verteilung wie folgt aus: Russische Föderation (28 %), Kanada (18 %), Botsuana (17 %), Südafrika (11 %) und Angola (10 %).