Asset Management

Schwäbische Anlagen für Kerntechnik und Pensionen

Energie Baden-Württemberg finanziert Rückstellungen aus - Volumen soll von 5,3 Mrd. auf 10 Mrd. Euro steigen

Schwäbische Anlagen für Kerntechnik und Pensionen

Von Christina Rathmann, Frankfurt Rückstellungen von 8,2 Mrd. Euro in der Bilanz zu haben mag keine Besonderheit sein. Doch wenn dieser Betrag für deutlich mehr als 30 % der gesamten Bilanzsumme steht, ist das ein außerordentlich hoher Anteil. Dies ist der Fall bei der Energie Baden-Württemberg (EnBW). Neben den üblichen Pensionsrückstellungen (3,7 Mrd. Euro per Ultimo 2005) finden sich kerntechnische Rückstellungen in der Bilanz. Diese belaufen sich auf 4,5 Mrd. Euro.Mit ihren kerntechnischen Rückstellungen sorgen Kernkraftwerksbetreiber für die Kosten vor, die anfallen, sobald sie ihre Kernkraftwerke stilllegen. Die Höhe der kerntechnischen Rückstellungen wird für jeden Betreiber von Experten ermittelt, die die öffentliche Hand bestellt. EnBW ist mit ihren beiden Atomkraftwerken einer von drei Energieversorgern in Deutschland, die eigene Kernkraftwerke betreiben. Bei Eon belaufen sich die kerntechnischen Rückstellungen für rund ein Dutzend Meiler auf 13,3 Mrd. Euro, RWE hat für sieben Kernkraftwerke 8,7 Mrd. Euro in der Bilanz. Zielrendite von 5,5 ProzentVon den 8,2 Mrd. Euro Rückstellungen in der EnBW-Bilanz sind 5,3 Mrd. Euro durch speziell dafür bereitgestellte Vermögenswerte abgedeckt. Ziel des Unternehmens sei es, einen noch größeren Teil der Rückstellungen auszufinanzieren, sagt Ingo Peter Voigt, der als Head of Finance und Investor Relations der EnBW auch die Kapitalanlagen verantwortet. Zwei Dinge sollen dazu beitragen: zum einen die Rendite von 5,5 % per annum, die die Assets langfristig im Durchschnitt erzielen sollen, und zum anderen jährliche Dotierungen von 250 Mill. Euro, die das Unternehmen aus dem laufenden Geschäft abzweigen will. Ihren höchsten Stand dürften die Kapitalanlagen aus heutiger Sicht mit rund 10 Mrd. Euro etwa im Jahr 2025 erreichen. Danach, so Voigt, sei mit Nettoabflüssen zu rechnen.Die Pensions- und die kerntechnischen Rückstellungen weisen zwar unterschiedliche Merkmale auf: So haben die Pensionsverpflichtungen eine durchschnittliche Laufzeit von zwölf bis 15 Jahren, beim Abbau der Kernkraftwerke ist das Unternehmen mit durchschnittlich 25 bis 30 Jahren in der Pflicht. Dennoch erfolgt die Kapitalanlage gebündelt. Die 5,3 Mrd. Euro bisher zur Verfügung stehender finanzieller Vermögenswerte sind in 30 Mandaten angelegt, die sich auf vier Master-KAGs verteilen. Ein Viertel des Vermögens verwaltet das Unternehmen selbst in erstklassigen Staatsanleihen, die bis zur Fälligkeit gehalten werden.Diese Struktur mag sich im Vergleich zu anderen institutionellen Investoren relativ kleinteilig ausnehmen. Für die EnBW, die aus der Fusion von vier regionalen Energieversorgern hervorgegangen ist, ist sie ein großer Schritt nach vorn. “Als 2003 mit der Vollintegration der Neckarwerke Stuttgart und der Technischen Werke Stuttgart die letzte Fusion abgeschlossen wurde, hatten wir im Asset Management einen 4,3 Mrd. Euro schweren Flickenteppich: Das Vermögen verteilte sich auf 46 Fonds bei 16 Kapitalanlagegesellschaften, die alle das Gleiche gemacht haben: gemischte Mandate, die in Anleihen hoher Bonität sowie Standardaktien investierten”, erinnert sich Voigt. Seitdem arbeitete er mit dem Consultant Complementa an einer neuen Struktur, die ein größeres Anlageuniversum umfassen und die Diversifikation in neue Assetklassen ermöglichen sollte. Mitte 2005 stand fest, wie der neue Anlage-Mix aussehen sollte, und Voigt kündigte sämtlichen alten Managern. Im November war das Vermögen auf die neuen Mandate übergeleitet. Dass sich diese auf vier Master-KAGs verteilen, orientiert sich an den Teilkonzernen der EnBW. “Mit ihrem Rundschreiben hat die Finanzaufsicht zwar die Fusion von Spezialfonds erlaubt, aber nicht die Fusion von Fonds zwischen Teilkonzernen abschließend geregelt”, begründet Voigt die Vierteilung. Inzwischen ist die Not zur Tugend geworden. “Die Konkurrenz zwischen den vier Master-KAGs hat sich als sehr gut erwiesen”, sagt Voigt. Dies beziehe sich sowohl auf Leistungsspektrum als auch Konditionen. Das Reporting erfolgt allerdings einheitlich über JPMorgan, die als Global Custodian ausgewählt wurde, um die Daten zu vereinheitlichen, die jede Master-KAG in unterschiedlicher Form bereitstellt. Vier Master-KAGsInnerhalb der vier Master-KAGs – mandatiert sind Metzler, Helaba Invest, die Internationale Kapitalanlagegesellschaft (Inka) sowie die Allianz-Spezialfondstochter DBI – erfolgt die Kapitalanlage nach dem gleichen Muster (siehe Tabelle).Den Anteil an Aktien- und Rentenanlagen, die die strategische Assetallokation mindestens vorschreibt, hat die EnBW passiv investiert, das heißt, dass die mandatierten Manager (für beide Assetklassen Universal und Bayern Invest) die Mittel entsprechend gängiger Indizes anlegen. “Wird eine Assetklasse stärker als dieses Minimum gewichtet, kommt für diese Satelliten-Mandate ein aktiver Manager zum Zuge. Diese sogenannte taktische Assetallokation wird zeitnah über Investments in Publikumsfonds gesteuert.”Dies ist derzeit der Fall bei asiatischen Aktien . Auch Wandelanleihen sind derzeit übergewichtet .An der aktuellen Assetallokation soll sich in nächster Zeit einiges ändern. Besonders stark sollen Long/Short-Positionen aufgebaut werden (siehe Artikel auf dieser Seite). Der Anteil von Rohstoff-Investments soll von bisher 3,2 % auf 5 % hochgefahren werden, was trotz der Hausse, die diese Assetklasse gerade erlebt, gar nicht so einfach ist, wie Voigt berichtet. “Wir suchen händeringend Produkte, über die wir in Rohstoffe investieren können.” Private Equity gesuchtNeu sollen Private-Equity-Anlagen ins Portfolio genommen werden. Denkbar ist Voigt zufolge ein Anteil von 3 bis 5 %; wie hoch die strategische Quote genau sein soll, werde noch in diesem Jahr festgelegt. Durch diese Assetklasse könne das Risiko im Gesamtportfolio breiter diversifiziert werden. Später könnten auch Währungen als eigenständige Assetklasse hinzukommen. Dabei denkt Voigt allerdings nicht an ein Overlay-Management, sondern will eigene Mandate bereitstellen. Dagegen sollen osteuropäische Aktien aus dem Portfolio herausgenommen werden. “Das Konvergenzthema ist durch, und unserer Ansicht nach lastet auf den osteuropäischen Währungen schon jetzt ein hoher Abwertungsdruck”, sagt Voigt. Bisher weisen die Kapitalanlagen der EnBW in diesem Jahr eine Wertentwicklung von rund 1 % auf, womit Voigt “noch nicht abschließend zufrieden” ist. Von der jährlichen Zielrendite von 5,5 %, die über einen langfristigen Zeitraum im Durchschnitt erzielt werden soll, ist das aber noch weit entfernt. Umso besser ist es im vergangenen Jahr gelaufen. Allein im letzten Quartal, nachdem die neue Struktur umgesetzt worden war, wurde eine Performance von 2,8 % erzielt.