ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Systematische Volatilitätsbegrenzung schützt vor Crash-Risiken

Börsen-Zeitung, 9.7.2013 Wer sein Portfolio vor Volatilität schützen wollte, hatte bisher zwei Ansätze zur Auswahl: Volatilitätskappung (Volatility Cap) oder Zielvolatilität (Volatility Target). Doch diese beiden etablierten Methoden haben ihre...

Systematische Volatilitätsbegrenzung schützt vor Crash-Risiken

Wer sein Portfolio vor Volatilität schützen wollte, hatte bisher zwei Ansätze zur Auswahl: Volatilitätskappung (Volatility Cap) oder Zielvolatilität (Volatility Target). Doch diese beiden etablierten Methoden haben ihre Schwächen. Aus diesem Grund müssen beide Methoden weiterentwickelt und verfeinert werden. Das Ergebnis ist die Volatilitätsbandbreite (Volatility Collar). Steigende KorrelationFrüher wurde die Faustregel 60 % Aktien und 40 % Anleihen zur Risikobegrenzung genutzt. Doch schnell wurde klar: Insbesondere in Krisenjahren stieg die Korrelation der beiden Assetklassen an, die eigentlich der Diversifikation dienen sollten. Daraufhin setzte sich der Portfolioaufbau durch die Risikobrille durch.Das war zwar ein Fortschritt, doch die strategische Gewichtung nach Risikoparitäten kann Aufwärtspotenzial kosten. Als Konsequenz kamen anschließend taktische Absicherungen wie die Volatilitätskappung oder die Zielvolatilität zum Einsatz. Allerdings weisen beide Methoden in einigen Marktphasen Schwächen auf. Starre ObergrenzeBei einer Volatilitätskappung bei 15 % p. a. hätten die Verluste in 12 der 13 großen Krisen am US-Aktienmarkt während der vergangenen 90 Jahre verringert werden können, in acht Fällen sogar deutlich. Die einfachste Variante der systematischen Volatilitätsbegrenzung ist, eine starre Obergrenze für die jährliche Portfoliovolatilität festzulegen.Wird diese Grenze überschritten, werden risikobehaftete Anlagen verkauft, bis die Schwankungsstärke wieder den Grenzwert erreicht. Sinkt die Volatilität von Risikoanlagen, können sie wieder ins Portfolio genommen werden – allerdings nur, wenn dadurch die Volatilitätsgrenze nicht gefährdet wird. Wie eine NotbremseDie Volatilitätskappung ist mit einem aktiven Portfoliomanagement gut kombinierbar, weil sie wie eine Notbremse funktioniert. Denn oft kündigen sich Korrekturen durch einen kurzfristigen Anstieg der Volatilität an. Dennoch ist die Methode nicht der Stein der Weisen. Das Ausmaß des Schutzes lässt sich nicht präzise vorhersagen, und nicht jedem Crash geht eine steigende Volatilität voraus. Schlägt der Blitz aus heiterem Himmel ein, nutzt die Volatilitätskappung wenig. Der größte Nachteil dürfte aber sein, dass das Aufwärtspotenzial im Portfolio beeinträchtigt wird. Wenn in Phasen hoher Volatilität das Risiko aus dem Portfolio genommen ist, kann der Investor nicht mehr voll an Kursanstiegen teilnehmen. Besonders Bärenmarkt-Rallys werden so verpasst. Die Frage ist also, ob man die einfache Volatilitätskappung in einer Weise verbessern kann, die zwar vor Krisen schützt, aber gleichzeitig eine volle Partizipation in Erholungsphasen gewährleistet. Bei Bärenmarkt-Rally dabeiAls Antwort auf diese Frage entstand das Konzept der Zielvolatilität. Ähnlich wie bei der Kappung wird die Risikoexposition verringert, wenn die Portfoliovolatilität den Zielwert überschreitet. Symmetrisch dazu wird die Risikoexposition aber auch erhöht, wenn die Volatilität unter den Zielwert fällt. Auf diese Weise entgeht Anlegern zwar keine Bärenmarkt-Rally mehr, dennoch ist diese Methode kein Allheilmittel.Kündigt sich etwa ein Crash nicht durch einen Volatilitätsanstieg an, sondern fällt überraschend in eine ruhige Marktphase, so kann eine hohe Zielvolatilität die Verluste sogar verschlimmern. Weitere Nachteile sind, dass die Absicherung über Zielvolatilität gehebelte Positionen und hohe Transaktionskosten nach sich zieht. Vor allem aber lässt die Methode wenig Raum für aktives Management, weil sie sowohl in ruhigen als auch in hektischen Märkten die Konstruktion des Portfolios beeinflusst. Die Herausforderung besteht also darin, eine symmetrische Risikokontrolle zu finden, die aktiven Managern genug Luft zum Atmen lässt.Das Konzept der Volatilitätsbandbreite (Volatility Collar) vereint die Vorzüge der beiden vorgenannten Ansätze. Dabei wird eine Volatilitätsobergrenze, bei deren Erreichen Risikoanlagen verkauft werden, mit einer Volatilitätsuntergrenze kombiniert. Bei Letzterer zieht das Unterschreiten den Risikoaufbau im Portfolio nach sich. Erträge vermehrtDer Performancevergleich zwischen 60-zu-40-Portfolios aus Aktien und Renten, die mit Volatilitätskappung, Zielvolatilität und Volatilitätsbandbreite risikogeschützt werden, liefert folgende Ergebnisse: Zwischen 2000 und 2012 war die Bandbreitenlösung als Schutz genauso wirksam wie die Kappungs- und Zielvolatilitätsmethode, wenn einem Markteinbruch eine erhöhte Volatilität vorausging.Ähnlich wie bei der Zielvolatilitätsmethode vermehrt der Bandbreitenmechanismus zudem die Erträge bei Marktrallys, die von niedriger Volatilität begleitet werden, und mindert die Gefahr einer zu hohen Risikoexposition in diesem Umfeld. Gleichzeitig bleibt Managern aber noch genug Spielraum, um das Portfoliorisiko durch aktives Management zu kontrollieren. Seltener gehebeltIm Vergleich zum Zielvolatilitätskonzept muss außerdem seltener gehebelt werden, die Anpassungshäufigkeit und somit auch die Transaktionskosten sind also niedriger.Alle bisher vorgestellten Methoden der Volatilitätssteuerung können Investoren keine Verlustbegrenzung auf einen Maximalwert garantieren. Zu diesem Zweck wurden bisher meistens optionsbasierte oder dynamische Absicherungsstrategien wie CPPI (Constant Proportion Portfolio Insurance) eingesetzt. Diese allerdings sind in der Regel kostenintensiv oder sehr unflexibel. Kappungsgrenze reduzierenEine flexibilisierte Volatilitätskappung löst dieses Problem, indem die Volatilitätsobergrenze vom Nettovermögenswert (NAV) des Portfolios abhängig gemacht wird. Sinkt der NAV in Richtung Maximalverlust, wird die Kappungsgrenze für die Volatilität linear reduziert, bis die Risikoexposition völlig aus dem Portfolio entfernt ist.Steigt der NAV wieder, wird auch die Grenze für die Volatilität linear angehoben. Ein 60-zu-40-Portfolio mit Aktien und Renten hätte mit dieser Absicherung zwischen 1999 und 2012 einen vorgegebenen Maximalverlust niemals überschritten – nicht einmal während der Dotcom-Blase oder der Kreditklemme. Selbst in schwierigsten Phasen blieb die Aktienquote zudem hoch genug, um von einer Erholung zu profitieren. Für jeden etwasWelche der vorgestellten Methoden für einen Investor am besten geeignet ist, hängt von seinen Prioritäten ab. Wer in begrenztem Umfang einen Hebel akzeptiert und vorwiegend auf aktives Management setzt, um unter normalen Marktbedingungen das Risiko zu kontrollieren, sollte die bandbreitenbasierte Volatilitätssteuerung wählen.Wer keine Hebel wünscht, ist mit der Volatilitätskappung besser bedient. Passive Investoren finden in der Zielvolatilitätssteuerung eine Lösung, die höheres Beta ermöglicht. Anleger, die einen fixen Maximalverlust niemals unterschreiten wollen, sollten hingegen die variablen Volatilitätskappung nutzen.—-Achim Küssner, Geschäftsführer Schroder Investment Management