"Wir haben ein ,Rundum-sorglos-Paket` für Sammler"
– Für immer mehr Investoren wird Kunst eine interessante Anlageklasse, die allerdings viel Spezialwissen erfordert. Darauf hat sich die Berenberg Art Advice der Berenberg Bank spezialisiert. Im Interview mit der Börsen-Zeitung beschreiben Stefan A. Horsthemke, Geschäftsführender Gesellschafter der Berenberg Art Advice, und Raymund Scheffler, Leiter der Niederlassung der Berenberg Bank in Düsseldorf, wie sie Sammlern und Investoren zur Seite stehen können. – Herr Horsthemke, welcher Anleger sollte sich für physische Kunst und welcher für einen Kunstfonds entscheiden?Horsthemke: Es sind zwei unterschiedliche Bereiche. Kunstfonds sind ein Investment in den Kunstmarkt und bieten dem Anleger die Möglichkeit, strategisch in den Markt zu investieren. Wenn ich hingegen als Sammler agiere und Kunstwerke kaufe, dann steht das Investment nicht im Fokus. Es ist mehr Emotionalität im Spiel. Für professionelle Sammler ist es eine Möglichkeit, beides miteinander zu verbinden: Emotionales für zu Hause in Form eines Kunstwerkes, gleichzeitig aber strategische Investition in den Markt. Jemand, der sich für das iPad interessiert, ist vielleicht auch von der Marke Apple überzeugt und investiert zusätzlich auch in Aktien des Unternehmens. Gleichzeitig bieten wir aber auch für Investoren die Möglichkeit, Kunstwerke aus dem Fonds zu entleihen. – Wieso haben Sie sich entschlossen, diese Kunstberatung anzubieten? Viele institutionelle Berater mussten schließen.Horsthemke: Der Ansatz, eine unabhängige Kunstberatung aufzubauen und anzubieten, hat den Hintergrund, dass sowohl unser Partner Helge Achenbach – er gilt mit gut 30 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet als Gründer der Kunstberatung in Deutschland – als auch ich mit 20-jähriger Beratungstätigkeit im Umfeld von Sammlern und Sammlungen festgestellt haben, dass es keine neutrale Instanz in diesem Markt gibt, an die sich ein Sammler oder kunstinteressierter Käufer wenden kann. Es war also nur folgerichtig, eine solche unabhängige Kunstberatungsgesellschaft aufzubauen. Wir haben mit der Berenberg Bank einen Partner gefunden, der die Kunstberatung ganz bewusst nicht als Abteilung in die Bank integriert haben wollte, sondern sich an einer eigenständigen Gesellschaft beteiligte. Wir haben also eine eigene Bilanz und sind ein eigenständiges Unternehmen mit fünf Geschäftsbereichen, die sich selbst tragen müssen: Kunstberatung, Sammlungsanalyse /-aufbau, Sammlungsverwaltung, Kunstinvestment und Kunsttransaktion. Die anderen inzwischen vom Markt verschwundenen Modelle waren eher abhängige, institutionelle Marketingplattformen.- Liegt es an der Intransparenz des Marktes, dass eine Unterstützung von Experten notwendig geworden ist?Horsthemke: Es ist nicht nur die Intransparenz des Kunstmarktes, auch wenn es seit den 70er Jahren immer mehr Daten gibt, die man zugrunde legen kann. Man braucht aber auf jeden Fall Beratung, um sich abzusichern, vor allem bei den teureren Objekten. Sogar viele erfahrene Sammler kennen sich zu wenig aus und nutzen unseren Service, beispielsweise in Fragen der Bewertung, Sammlungsanalyse und Vernetzung der Sammlung auf hohem internationalen Niveau. Wir haben ein “Rundum-sorglos-Paket” für Sammler und solche, die es werden wollen, entwickelt, das sehr stark nachgefragt wird. Hier kümmern wir uns rund um die Uhr um alle Belange unserer Kunden, von der qualitativen Beurteilung eines Kunstwerkes über die Recherche nach bestimmten Objekten, die Organisation exklusiver Kunstdinner bis zur Abwicklung von Ankäufen und der richtigen Kunstversicherung.- Wie viele Sammler betreuen Sie?Horsthemke: Dies ist schwer zu sagen; wir haben zahlreiche feste Mandate, bei anderen arbeiten wir auf Transaktionsbasis. Weltweit arbeiten wir mit ca. 300 Sammlern zusammen.- Ist Kunst eine gute Kapitalanlage in Zeiten der Rezession bzw. Inflation?Horsthemke: Es ist eine hervorragende Kapitalanlage. Es ist eine Sachwertanlage, die eine steigende Nachfrage verzeichnet, da es weltweit immer mehr Sammler gibt und die Entwicklung der Kunstmärkte sich seit vielen Jahrzehnten kontinuierlich nach oben entwickelt. Kunst eignet sich perfekt als eine alternative Sachwertanlage sowohl für einen institutionellen Investor als auch einen Privatanleger als Beimischung seines Portfolios, da auch die Korrelation zum Aktienmarkt sehr gering ist. – Herr Scheffler, wie groß sollte Ihrer Meinung nach der Anteil an Kunst für eine gute Diversifizierung des Portfolios sein?Scheffler: Man muss den Gesamtmarkt sehen. Dieser ist mit einem Volumen von rund 50 Mrd. Dollar relativ klein im Vergleich zum Beispiel zum Aktienmarkt. Für viele ist es Neuland, in Kunst zu investieren. Vermögende Familien haben schon immer Kunst gekauft, das lässt sich teilweise bis in das 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Viele sehen es noch als eine Modeerscheinung, sind skeptisch und fragen, ob es eine nachhaltige Entwicklung ist. Dazu kann man nur sagen, dass die Kunstwerke im Gegensatz zu vielen anderen Investments Jahrhunderte überdauert haben. Aus Gründen der Portfoliooptimierung investieren daher aber tatsächlich auch immer mehr Menschen in Kunst. Wir haben wissenschaftliche Studien zum Thema Kunst als Anlageklasse ausgewertet, um damit den Kunstmarkt messbar zu machen. Wir haben versucht, eine Benchmark zu finden. Im Aktienmarkt hat man täglich eine Bewertung, im Kunstmarkt gibt es das nicht. Bei unserem Kunstfonds bewerten wir zweimal im Jahr, um sie möglichst transparent und sicher zu machen. Die Höhe der Investition ergibt sich aus der Vermögenssituation, die Diversifizierung sollte aber zwischen 5 und 10 % liegen.- Wie groß muss eine Sammlung sein, damit Sie diese beraten?Horsthemke: Das hängt davon ab, wie die Aufgabenstellung ist. Wir haben Kunden, die gerade erst anfangen zu sammeln und längerfristig eine Sammlung aufbauen möchten. Andere möchten eine bereits bestehende Sammlung neu ausrichten. Beim Sammlungsaufbau sollte man mindestens 100 000 Euro pro Jahr aufwenden, besser sind allerdings 500 000 Euro. Tendenziell richtet sich unser Angebot mehr an private als an institutionelle Kunden, wenngleich wir auch einige Institutionen beraten. Unsere Kunden sitzen vor allem in Deutschland, viele in Europa, einige in Asien, weniger in den USA. Dort gibt es einen eigenen Markt und viele etablierte Beratungen.- Wie entwickelt sich der Markt?Horsthemke: Der Kunstmarkt unterliegt Moden, und die zyklische Entwicklung dauert hier länger als in anderen Bereichen. Die Stilrichtung und das Geschmacksempfinden kann sich ändern, dies sind aber sehr langfristige Zyklen, die man gut voraussehen kann. Nachfrage nach alten Meistern ist verstärkt da, doch es wird, wie in jedem anderen Bereich auch, von der oberen Spitze das oberste Sahnehäubchen gekauft. Es gibt diesen Modewechsel und mehr Crossover-Sammler, die Zeitgenossen neben alte Meister hängen. Die Hauptfrage ist, ob der Trend wieder kommt oder eben nicht.- Sie werden von einem renommierten Beirat unterstützt. Welche Aufgabe hat er?Horsthemke: Er hilft uns dabei, strategische Entscheidungen zu unterstützen, die Trends im Kunstmarkt zu erkennen und zu diskutieren. Wir haben Einzelmandate, bei denen wir die Unterstützung von erfahrenen Museumsdirektoren und Kuratoren gezielt einsetzen.- Wer bestimmt, welche Künstler Potenzial haben? Gibt es eine Blase auf dem Markt?Horsthemke: Generell ist es ein Thema von Angebot und Nachfrage. Die Entwicklung der einzelnen Künstler hängt davon ab, welche Ausstellungen stattfinden, welche Museen ausstellen, welche Kuratoren eine Ausstellung konzipieren. Wir würden nicht von einer Blase im Kunstmarkt sprechen, wenngleich es Teilbereiche gibt, die überhitzt sind, wie zum Beispiel für chinesische Künstler. Es ist dann aber wirklich nur ein Teilmarkt, teils Altmeister, 19. Jahrhundert oder Impressionisten.- Ist bei sehr teuren Kunstwerken ein Wertzuwachs überhaupt noch möglich?Horsthemke: Das hängt vom Segment ab. Bei den Werken, die die höchsten Zuschläge bekommen, wie Munch oder van Gogh – da spielt das Thema Investment keine Rolle. Aber zwischen 500 000 und 5 Mill. Euro lassen sich gute Renditen erzielen.- Sie haben vor kurzem den Berenberg Art Capital Fund aufgelegt. Ist Ihr Fonds nur etwas für reiche Anleger?Scheffler: Da wir beim Fonds eine Mindestbeteiligung von 100 000 Euro haben, handelt es sich sicherlich um ein Investment für vermögende Menschen. Er ist aber bewusst mit einer großen Bandbreite nach oben angelegt.- In welche Kunst investieren Sie?Horsthemke: Es gibt klar festgelegte Portfoliokriterien, die epochenübergreifend sind. 65 bis 75 % investieren wir in weltweit arrivierte Blue-Chip-Künstler, also die, die in den wichtigsten Museen und Privatsammlungen der Welt vertreten sind und ein hohes Transaktionsvolumen bei internationalen Auktionshäusern und im Kunsthandel vorweisen. Der kleinere Teil wird in Global Emerging Artists investiert, also Künstler mit hohem Potenzial, die an der Schwelle zu ihrem internationalen Durchbruch stehen und von namhaften Galerien vertreten werden, aber noch nicht so bekannt sind.- Sie stellen eine hohe einstellige Rendite in Aussicht. Andere Fonds versprechen sogar ca. 10 bis 12 % p. a. Ist dies realistisch?Horsthemke: Es gibt Vor- und Nachkosten. Das ist ein konservativer Ansatz. Die Volatilität muss zum Gesamtziel passen. Es soll ja ein Baustein in einer konservativen Gesamtanlagestrategie sein. Die Renditegesamterwartung und die Volatilität müssen zum Gesamtkonzept passen. Es geht hier nicht um die extreme Maximierung, denn dann müssten wir 75 % in Emerging Artists investieren und auf eine steile Entwicklung hoffen. Die ausgewiesene Rendite unseres Joint-Venture-Partners mit langjährigem Track Record liegt deutlich darüber. Der Track Record unseres Gesellschafters Helge Achenbach ist ebenfalls nachweisbar deutlich höher. Wir haben so versucht, die besten Erfahrungen miteinander zu verbinden. Insgesamt haben wir aber einen konservativen Ansatz. Aber natürlich ist man vor Marktschwankungen nicht gefeit. Mit dieser Partnerschaft haben wir das Know-how der Berenberg Art Advice mit der im Bereich Kunstinvestment tätigen The Fine Art Fund Group aus London ergänzt, um den Due-Diligence-Prozess im Rahmen des Erwerbs der Kunstwerke zu begleiten. Sie unterstützt als Co-Advisor im Investmentkomitee die Geschäftsleitung der Gesellschaft und koordiniert administrative Rahmendienstleistungen, wie Versicherung, Transport, Lagerung oder Restaurierung. Wir ziehen Synergien aus dieser Kooperation und erhöhen den Know-how-Austausch. Gleichzeitig sind wir so in der Lage, die Kosten für alle relevanten Bereiche und Transaktionen deutlich zu senken.- Die Verwaltungskosten und die erfolgsabhängige Vergütung sind nicht ganz günstig. Wird der Anleger nicht von den hohen Kosten abgeschreckt?Horsthemke: Die laufende Management-Vergütung beträgt 1,75 % p. a., die Fonds-Administration 0,25 %. Das ist im Vergleich zu anderen Kunstfonds, aber beispielsweise auch im Vergleich zu Lebensversicherungen für einen Sachwertefond extrem günstig. Das Management wird erst am Ende der Gesamtlaufzeit mit 20 % am Erfolg beteiligt. Damit ist eine hohe Interessengleichheit zwischen Investor und Management gegeben. Das Management muss über Erfahrung verfügen, nicht nur wie man kauft, sondern auch wie man verkauft. Es muss eine Erfolgsstory geben, was die Platzierung der Werke angeht. Wir haben ein Ankaufskomitee und der Anleger kann völlig transparent sehen, wer sich für oder gegen ein Kunstwerk entschieden hat.- Jedes Objekt, das dem Berenberg Art Capital Fund zum Ankauf vorgeschlagen wird, durchläuft den von der Berenberg Art Advice entwickelten Art Evaluation Process. Was ist das?Scheffler: Ein Prozess, den wir aufgesetzt haben, um den Wert eines Kunstwerkes feststellen zu können. Wir fertigen Expertisen, Materialanalysen, wir durchleuchten Werke, Zustand, begleiten Restaurierung, Qualität, Provenienz.- Wie ist die Resonanz auf den neuen Fonds?Scheffler: Wir haben den Fonds Ende letzten Jahres vorgestellt. Die Gespräche laufen seit Anfang des Jahres. Wir haben schon zahlreiche Investoren, das Interesse ist sehr hoch. Die Anleger möchten erfreulicherweise zum Teil weit mehr als das Minimum von 100 000 Euro zeichnen.—-Das Interview führte Anna Perucki.