Kreditinstitute

Bankensterben der besonderen Art

In Bayern sind 2022 gleich drei Banken vom Markt verschwunden. Das Scheitern der Augsburger Aktienbank, der Fidor Bank und der Deutschen Handelsbank hat mehrere Gründe.

Bankensterben der besonderen Art

Von Stefan Kroneck, München

In Deutschland schrumpft die Zahl der Kreditinstitute kontinuierlich. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank waren es Ende 2021 nur noch bundesweit 1519 Banken – rund 200 oder 12 % weniger als zwei Jahre zuvor, also kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Im bald zu Ende gehenden Jahr 2022 dürfte sich dieser Trend fortgesetzt haben. Die Notenbank wird die Branchendaten Anfang 2023 veröffentlichen. Zu den Adressen, die vom hart umkämpften deutschen Markt jüngst verschwunden sind oder im Begriff sind, dies zu tun, gehören auch drei im flächenmäßig größten Bundesland Bayern.

Drei Abwicklungsfälle

Die nahezu gleichzeitige Abwicklung der Augsburger Aktienbank mit ihrer Online-Marke Netbank, der Deutschen Handelsbank (DHB) und der Fidor Bank gleicht einem Einschnitt im Kreditgewerbe des Freistaats. Es handelt sich um ein Bankensterben der besonderen Art. Denn drei Geldhäuser haben aufgegeben, die ursprünglich mit dem Anspruch angetreten waren, den traditionsreichen, alteingesessenen Wirtschaftszweig mit Produkten einer digitalisierten Welt aufzubrechen. Doch zwischen ihren ambitionierten Zielen und der Realität klafften zu große Lücken. Eine überzeugende Profitabilität verzeichnete das Trio nie. Dazu fehlte ihnen eine kritische Masse, die es ihnen erlaubt hätte, sich auf Dauer zu behaupten. Deren Geschäftsmodelle erwiesen sich als nicht tragfähig. Die Eigentümer versagten bei dem Bemühen, die Adressen neu aufzustellen.

Die im Jahr 1963 gegründete Augsburger Aktienbank scheiterte mit ihrem Konzept einer überwiegend auf Privatkunden ausgerichteten Direktbank. Mehrere Versuche, das filiallose Institut ins Lot zu bringen, brachten nicht die erwarteten Erfolge. Die Augsburger Aktienbank gehörte zuletzt dem Erstversicherer LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein. Die Kombination von Assekuranz und Bank unter einem Dach – Stichwort Bankassurance – erwies sich als nicht lukrativ. Nach dem gescheiterten Versuch, die Einheit komplett zu veräußern, entschied sich die Eigentümerin aus Münster, die Banktochter nach dem Verkauf von Teilbereichen einzustellen. Im Frühsommer 2022 machte die zum Schluss 130 Mitarbeiter zählende Augsburger Aktienbank dicht. Gemäß ihrem im Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftsbericht verbuchten die Bayerisch-Schwaben zuletzt einen Jahresverlust (netto) von 25 Mill. Euro.

Das gleiche Schicksal erlitt die hochdefizitäre Fidor Bank. 13 Jahre nach ihrer Gründung verschwindet sie vom Markt. Im November verlautete der Mutterkonzern der Münchner Internetbank, die französische Großbank BPCE, Fidor einzustellen. Die Abwicklung wird voraussichtlich 2024 abgeschlossen. Zuletzt unternahm die Führung von BPCE den Versuch, die deutsche Tochtergesellschaft zu veräußern. Verhandlungen mit dem amerikanischen Finanzinvestor Ripplewood scheiterten aber. Mit der Liquidation endet eine kurze Firmengeschichte, die von strategischen Fehlentscheidungen, operativen Rückschlägen und hohen Verlusten geprägt war. Fidor zählte zuletzt geschätzt rund 300 Mitarbeiter. Das von Matthias Kröner 2009 gegründete Fintech erwies sich als Millionengrab. BPCE war gezwungen, Fidor zu stützen. In den Jahren 2016 bis 2020 häufte die Bank einen Betriebsverlust von aufaddiert mehr als 370 Mill. Euro an. Ein Abschluss für 2021 wird wohl Anfang 2023 publiziert.

Probleme mit Geldwäsche

Nach der mehrheitlichen Übernahme von Fidor vor sieben Jahren durch die BPCE stellte sich der Neuerwerb für die Franzosen schnell als teurer Fehlgriff heraus. Einschließlich einer Kaufsumme von geschätzt rund 100 Mill. Euro versenkte das Zentralinstitut der französischen Sparkassen und Volksbanken nach bisherigem Stand rund eine halbe Milliarde Euro in dem Fintech. Vor Weihnachten sorgte Fidor für weitere negative Schlagzeilen. Die Finanzaufsicht BaFin brummte dem Institut eine Geldbuße von 3,8 Mill. Euro auf wegen Verstößen gegen das Geldwäschegesetz.

Die gleichen strukturellen Mängel wies die ebenfalls 2009 an den Start gegangene DHB auf. Das auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte kleine Münchner Institut, hinter dem der Unternehmer Günter Reimann-Dubbers steht, rechnete zuletzt mit einer hohen Geldstrafe auch wegen erheblicher Schwächen in der Geldwäscheprävention (vgl. BZ vom 23. November). Die Eigentümerfamilie stützte die defizitäre Bank bereits mit mehreren Millionen. Darunter fielen Stabilisierungsmaßnahmen nach einem teuren Fehl­engagement im britischen Gebrauchtwagenkreditgeschäft. Dieses Investment hatte seinerzeit Fidor im Risikomanagement gesteuert. Die rund 70 Mitarbeiter zählende Bank selbst kam nicht mehr ins Lot. In ihrem Geschäftsbericht schrieb die DHB zuletzt selbstkritisch von „einem zu schnellen und unkoordinierten Aufbau von Geschäftsfeldern“. Das Resultat der Sanierung: Abwicklung. Das Geldhaus stellte ihre Aktivitäten ein und gab Anfang Dezember ihre Vollbanklizenz zurück. Seitdem firmiert die Einheit als DKAM Capital AG. „Unternehmenszweck ist seither die Verwaltung des eigenen Vermögens“, teilte DKAM auf ihrer Internetseite mit.

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