Coronakrise pusht Kreditfonds

Unsicherheit am Immobilienmarkt erhöht die Chancen - Größere Flexibilität bei der Darlehensvergabe im Vergleich zu Kreditinstituten

Coronakrise pusht Kreditfonds

Immobilienkreditfonds finanzieren Immobilien in Situationen, die für die klassischen Banken aus verschiedenen Gründen nicht in Frage kommen. Ihren Investoren bieten die Fonds höhere Renditen. Die Coronakrise und die dadurch entstandene Unsicherheit am Immobilienmarkt führen dazu, dass die Chancen der Kreditfonds zunehmen. Banken sind wählerisch”Von vorn betrachtet sieht ein Haus meist besser als von hinten aus.”, stellte der berühmte humoristische Dichter Wilhelm Busch einmal in seiner unnachahmlich sarkastischen Art fest. Will man als Eigentümer oder Investor diesen Missstand beheben und das Haus auch auf der Hinterseite aufhübschen – oder komplett umbauen oder gar ganz abreißen und neu bauen – bleibt in aller Regel nur der Weg zur Bank. Doch die Kreditinstitute sind – nicht erst seit der Coronakrise – wählerisch. Sie finanzieren am liebsten Standardimmobilien in Standardsituationen – das bedeutet Bestandsimmobilien bis zu einem Loan-to-Value zwischen 60 und 70 % oder Projektentwicklungen, die einen großen Vorvermietungs- beziehungsweise Vorverkaufsstand aufweisen.Daneben gibt es aber viele andere Situationen außerhalb des Standards, die ebenfalls finanziert werden müssen. Beispiele sind der Ankauf von Grundstücken, für die es noch kein Baurecht gibt, oder die Umnutzung einer bestehenden Büroimmobilie, die noch für einen kurzen Restzeitraum vermietet ist. Ein anderes Exempel ist, wenn der Entwickler mehr Kapital benötigt, als die Bank geben will – etwa wenn er 85 % des Verkehrswertes als Darlehen benötigt, das Geldhaus aber nur 70 % bereitstellen möchte. In allen diesen Fällen sind alternative Lösungen gefragt. In der Praxis heißt diese Lösung oft Kreditfonds.Die Kreditfonds haben generell eine deutlich größere Flexibilität beim Loan-to-Value, bei der Laufzeit und bei der Besicherung. Sie können mit sogenannten Whole-Loan-Strukturen bis zu 80 % des Marktwerts gehen. Für dieses vergleichsweise größere Risiko, das in der Spitze in den Mezzanine-Bereich hineinreicht, erhält der Fonds eine höhere Verzinsung. Diese kann häufig zwischen 4 und 6 % p.a. liegen und stellt gegenüber einer klassischen Finanzierungsstruktur mit Senior- und Mezzanine-Tranche einen Mischsatz dar. Höhere RenditenWenn es eine Erstrangfinanzierung von einer Bank gibt, kann ein Kreditfonds auch nur die Mezzanine-Tranche – von 70 bis 85 % des Beleihungsauslaufs – ausreichen. Für den Darlehensnehmer ist dieses Kapital erst einmal teurer. Daher wird er es nur für einen kurzen Zeitraum von ein bis zwei Jahren in Anspruch nehmen. Danach – etwa wenn die Bauphase abgeschlossen oder für ein Grundstück das Baurecht vorhanden ist – wird das Darlehen des Fonds durch eine klassische Bankfinanzierung mit langer Laufzeit abgelöst. Woher kommt das Geld, das die Kreditfonds vergeben? In der Regel wird es bei institutionellen Investoren eingesammelt. Wie sehen die Motive dieser Investoren aus? Ein wichtiges Argument für Kreditfonds sind die höheren Renditen im Vergleich zu Direktinvestments. Dennoch profitiert der Fonds von der Besicherung durch die Immobilie und ist im Vergleich relativ risikoarm. Ein anderes großes Plus für eine Beteiligung an einem Kreditfonds ist die Risikostreuung, die über die Portfoliozusammensetzung erreicht wird. Denn der Mix aus mehreren Einzeldarlehen, die sowohl Bestandsimmobilien als auch Projektentwicklungen finanzieren, schafft eine hohe Diversifikation. Anders ausgedrückt: Der Fonds vermeidet Klumpenrisiken. Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Vorteil: Die Anlageklasse wird – abhängig von der Ausgestaltung des Fondsvehikels und der einzelnen Finanzierungstransaktionen – nicht der Immobilienquote zugeordnet. Bei vielen Institutionellen ist diese Quote zunehmend ausgereizt und die Zuordenbarkeit zu anderen Quoten von großer Bedeutung. Gut entwickeltInsgesamt haben sich Immobilienkreditfonds in den vergangenen Boom-Jahren gut entwickelt. Dann kam die Corona-Pandemie und stellte – auch in der Immobilienfinanzierung – viele Gewissheiten auf den Kopf. Wie sehen die Krisenauswirkungen auf Kreditfonds aus?Zunächst einmal sind die Banken insgesamt deutlich vorsichtiger geworden. Sie prüfen viele Objekte und Projekte noch genauer als vor der Krise. Vor allem Immobilien der Nutzungsarten, die zu den Krisenverlierern gerechnet werden – Hotels und Non-Food-Einzelhandel – erhalten schwieriger Finanzierungen. Bei vielen anderen Immobilien – beispielsweise im Bürosegment – verlangen die Banken mehr Eigenkapital und fordern aufgrund der gestiegenen Risiken auch höhere Margen. Diese eingeschränktere Finanzierungsbereitschaft der Banken führt dazu, dass Kreditfonds deutlich mehr Anfragen erhalten als vor Ausbruch der Krise. Für die Darlehensfonds ergeben sich hier viele neue Chancen – insbesondere dann, wenn es sich um Objekte handelt, die zwar den Krisenverlierern zugeordnet werden, bei denen aber alle wichtigen Parameter stimmig sind. Ein Beispiel ist ein Hotelprojekt in sehr guter Lage mit einem exzellenten Pächter und einem 25 Jahre laufenden Pachtvertrag, das nicht realisiert werden kann, weil es keine Bankfinanzierung bekommt. Ein anderes Beispiel ist eine fertige Projektentwicklung, bei der der Exit ansteht. Aktuell kommt es häufig vor, dass die eingehenden Gebote große Preisabschläge enthalten, da die derzeitige Marktunsicherheit viele Schnäppchenjäger anlockt, die ihr Glück versuchen. Die verlangten Abschläge sind in aller Regel nicht gerechtfertigt und für den Verkäufer auch nicht akzeptabel. Möglicher AuswegHier können sogenannte Bridge-Finanzierungen einen möglichen Ausweg darstellen. Bridge-Finanzierungen werden zur Überbrückung eines eher kurzen Zeitraums von Kreditfonds ausgereicht. Auf diese Weise kann der Eigentümer ein Jahr oder 18 Monate überbrücken. Das ist zwar kurzfristig teurer, aber dafür kann das Objekt dann in einem – voraussichtlich – unbelasteten Marktumfeld angeboten werden.Unterm Strich zeichnen sich Kreditfonds im Vergleich zu Banken durch ihre größere Flexibilität bei der Darlehensvergabe aus. Sie können bei der Immobilienfinanzierung moderat höhere Risiken eingehen. Dadurch ergeben sich – gerade auch in der aktuellen Marktphase mit ihrer großen Marktunsicherheit – Chancen. Manuel Köppel, Geschäftsführer des Real Estate Debt Managers BF.capital GmbH und Jan von Graffen, Geschäftsführer des Real Estate Debt Managers BF.capital GmbH