Hilfspakete

Der Wind bei der Bankenbesteuerung dreht sich

Noch sind die Staaten in Europa großzügig mit ihren Hilfen, wenn es darum geht, die Folgen von Inflation, Pandemie und Krieg abzufedern. Aber schon bald könnte die Frage aufkommen, wer die Hilfen bezahlt.

Der Wind bei der Bankenbesteuerung dreht sich

Noch schütten Europas Staaten das Geld über den Bürgern mit dem Füllhorn aus, um die Härten der Krise abzufedern. Aber auch ohne eigene Wetterstation lässt sich schon jetzt registrieren, wie der Wind sich allmählich dreht. Es naht der Tag, an dem es nicht mehr darum geht, wer noch Finanzhilfen benötigt, sondern wie man diese, besser: wer diese bezahlt.

Dass der Finanzsektor zur Kasse gebeten werden muss, diese Auffassung ist erfahrungsge­mäß rasch parteienunabhängig mehrheitsfähig: In Polen hat die na­tionalistisch-rechtspopulistische Re­gierung es Hypothekenschuldnern er­mög­licht, Ratenzahlungen auf Immobilienkredite auszusetzen, was die dort mit ihrer Tochter MBank engagierte Commerzbank jetzt prompt dazu veranlasst hat, fürs dritte Quartal eine Ergebnisbelastung von 210 Mill. bis 290 Mill. Euro anzukündigen. In Spanien hat derweil der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez eine fünfprozentige Steuer auf Bankprovisionen und Zinsen ins Gespräch ge­bracht. Sein Argument: Wir müssen die Last dieser Krise gerecht verteilen.

Nun mag Gerechtigkeit ein recht schillernder Begriff sein, der nicht immer Leitschnur ist, sondern eher bemüht oder eingemottet wird, wie es beliebt. Auch müssen Worten nicht immer Taten folgen: Der EU-Vorschlag für eine europaweite Finanztransaktionssteuer hat seit geschlagenen elf Jahren rein gar keine Konsequenzen. Auch Kanzler Olaf Scholz hat seine Richtlinienkompetenz noch nicht darauf verwendet, auf nationaler Ebene eine solche Steuer auf den Weg zu bringen, für die er sich als Finanzminister noch starkgemacht hatte.

Im Falle eines Falles aber wird es allein darauf ankommen, ob die Politik glaubt, dass sich die Bürger eher hinter der eigenen Definition von Gerechtigkeit als hinter jener der Banken versammeln werden. Und sie hat zwei Argumente auf ihrer Seite:  In der Finanzkrise hat die öffentliche Hand Banken mit horrenden Summen unter die Arme gegriffen und kann nun eine Gegenleistung einfordern. Und zum anderen haben die beispiellosen Anstrengungen in der Pandemie Unheil vom Sektor ferngehalten und mittelbar wie eine Subvention gewirkt: Vielerorts polsterte zu Pandemiebeginn gebildete Vorsorge nach ihrer Auflösung 2021 die Ergebnisse und auch manche Bonuszahlung auf.

Verantwortliche im Finanzsektor sollten sich nicht wundern, wenn sie mit ihrem Mantra in der Pandemie, diesmal seien Banken Teil der Lösung und nicht des Problems, von der Politik bald beim Wort genommen werden – wenn es um die Verteilung der Lasten geht.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.