Digitalbanken stehen am Scheideweg

Forrester erwartet Marktbereinigung wegen Corona

Digitalbanken stehen am Scheideweg

lee Frankfurt – Kontaktverbote und Ausgangssperren verstärken die Digitalisierung im Bankwesen zwar, doch längst nicht jeder Anbieter wird die Corona-Pandemie überdauern. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie von Forrester Research. Studienautorin Aurelie L’Hostis weist darauf hin, dass einige der als Herausforderer angetretenen Digitalbanken schon vor dem Ausbruch der Pandemie ihre Probleme hatten. “Der darauf folgende wirtschaftliche Abschwung wird viele dazu zwingen, ihr Geschäft einzustellen”, so die Analystin.Nur wenige Anbieter werden es ihrer Meinung nach schaffen, ihre digitale DNA für Innovationen zu nutzen, die ihren Kunden etwas bringen. So bemühe sich nur eine Hand voll Digitalbanken überhaupt darum, ein Bewusstsein für die negativen Folgen der Pandemie für ihre Kunden zu entwickeln. Um die aktuelle Krise überstehen zu können, müssten die Digitalbanken jedoch Widerstandskraft und Nachhaltigkeit beweisen, so die Analystin.Als Grundprobleme der sogenannten Challengerbanken nennt sie den von Wettbewerbern überlaufenen Markt und eine Austauschbarkeit der Angebote. Nur sehr wenige hätten es bislang geschafft, ihr Geschäft profitabel zu betreiben. “Die britischen Institute Aldermore und Oak North Bank sowie die russische Tinkoff Bank ragen als Ausnahmen heraus”, heißt es in der Studie. Der Ausbruch der Pandemie habe den Markt innerhalb weniger Wochen radikal verändert, so dass sich die Aussichten für Digitalbanken weiter eingetrübt hätten.Um die andauernde Phase wirtschaftlicher Instabilität überleben zu können, müssen die Digitalbanken nach Einschätzung der Analystin härter um Kunden und Einlagen kämpfen, da die von einigen Notenbanken zur Krisenbekämpfung beschlossenen Zinssenkungen es noch schwerer machen, die kritische Größe zu erreichen, mit der sich in dem margenarmen Geschäft Gewinne erzielen lassen. Überforderter KundenserviceZugleich werden die negativen Folgen des Wirtschaftseinbruchs auf das operative Geschäft nicht ausbleiben, warnt L’Hostis. Zwar hätten die meisten digitalen Anbieter gegenüber den herkömmlichen Banken den Vorteil, dass sie in der Regel die Voraussetzungen für mobiles Arbeiten mitbringen. Wegen der Krise werde sich die Zahl der Anrufe und Kundenanfragen jedoch drastisch erhöhen – und manche Anbieter an ihre Grenzen bringen. In diesem Zusammenhang verweist die Analystin auf den schon vor der Krise bisweilen überforderten Kundenservice von N26 oder der britischen Wettbewerber Revolut und Monzo.Zu diesen operativen Problemen werden sich der Studie zufolge bald auch Probleme bei der Suche nach Geldgebern gesellen. Während Revolut noch kurz vor dem Ausbruch der Pandemie in Europa eine Finanzierungsrunde in Höhe von 500 Mill. Dollar glückte, dürfte die Zeit der tiefen Taschen bei den Investoren vorbei sein, glaubt die Analystin: “Das wird das Überleben vieler Challengerbanken gefährden.” Im Falle einer längeren Rezession würden auch die Milliardenbewertungen sogenannter Einhörner Schaden nehmen, da diese auf optimistischen Annahmen hinsichtlich zukünftiger Wachstums- und Gewinnchancen sowie der Perspektive eines lukrativen Exits etwa im Rahmen eines Börsengangs basierten.