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Effizient für den Ruhestand vorsorgen

Wer im Alter seinen Lebensstandard halten will, kann nicht mehr allein auf die gesetzliche Rente bauen. Betriebliche und vor allem private Vorsorge werden immer wichtiger. Aktien sind dabei am lukrativsten. Von Werner Rüppel Im Briefkasten findet...

Effizient für den Ruhestand vorsorgen

Wer im Alter seinen Lebensstandard halten will, kann nicht mehr allein auf die gesetzliche Rente bauen. Betriebliche und vor allem private Vorsorge werden immer wichtiger. Aktien sind dabei am lukrativsten.Von Werner RüppelIm Briefkasten findet sich jedes Jahr ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung. Dort wird unter dem Titel “Ihre Renteninformation” sehr transparent aufgeführt, welche Rentenanwartschaften gesetzlich Versicherte bereits erreicht haben und mit welcher monatlichen “Regelaltersrente”, ein gleich bleibendes Einkommen vorausgesetzt, der Einzelne zum Eintritt in den Ruhestand rechnen kann. Manch einer fällt, wenn er den Brief liest, fast vom Stuhl. Denn die Rente fällt in der Regel deutlich niedriger aus als das aktuelle Einkommen. “Die gesetzliche Rente allein dürfte künftig nicht mehr ausreichen, den im Arbeitsleben erreichten erreichten Lebensstandard des Einzelnen zu halten”, erläutert Rentenexperte Bernd Raffelhüschen (siehe Interview, Seite 16). Denn aufgrund der demografischen Entwicklung wird das Niveau der gesetzlichen Rente in den kommenden Jahren sinken und ab 2040 nur mehr rund 40 % des Durchschnittsverdienstes betragen. Die Folge der schwächer werdenden ersten Säule der Altersvorsorge ist klar: Betriebliche und vor allem private Vorsorge werden immer wichtiger. Wer sich im Alter nicht finanziell deutlich einschränken oder gar in Richtung Sozialhilfeniveau abrutschen will, der muss frühzeitig vorsorgen. Dies sollte jedoch möglichst effizient geschehen, die Rendite muss stimmen! Aktienfonds dürfen als langfristig lukrative Anlage dabei nicht außen vor bleiben.Altersvorsorge ist zunächst ein äußerst komplexes Thema, zumal viele gesetzliche Bestimmungen zu berücksichtigen sind, die auch mitunter von Jahr zu Jahr geändert werden. Bei genaueM Hinsehen lässt sich der Kuddelmuddel aber auf zehn Punkte vereinfachen, die es zu berücksichtigen gilt. Erstens gilt es, sich überhaupt einen Überblick zu verschaffen und sich um das Thema zu kümmern. Qualifizierte Berater können dabei hilfreich sein. Jeder sollte darüber informiert sein, was er im Alter an Einkünften zu erwarten hat sowie ob und inwieweit noch eine Versorgungslücke besteht, die es zu schließen gilt. Starker PfeilerViele, insbesondere junge Menschen trauen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr. Das ist falsch. Selbst zwei Weltkriege haben dieses System nicht zum Einsturz gebracht. Diesen starken Pfeiler gilt es, zweitens, nicht zu vernachlässigen. Langjährige, hohe Einzahlungen sorgen für eine ansprechende Rente. Auch wenn diese für ein finanziell sorgenfreies Leben im Alter nicht ausreicht, so bildet sie doch dafür den wichtigen Grundstock. Aktuell liegt die durchschnittliche gesetzliche Rente bei 909 Euro im Monat (vgl. Grafik, Seite 18). Dabei kommen die Männer auf 1 034 Euro und die Frauen nur auf 815 Euro, Witwen- und Witwerrenten bereits berücksichtigt. Bei den Einzelrenten erreichen Frauen im Durchschnitt gar nur 636 Euro im Monat. Dies liegt auch mit daran, dass Frauen häufig der Kinder wegen beruflich pausiert und dann später oft steuerlich günstige 400- oder 450-Euro-Jobs ausgeübt haben, die nichts oder wenig zur Rente beitragen. Ein “richtiger” Halbtags- oder Ganztagsjob ist, wenn es um eine möglichst hohe gesetzliche Rente geht, besser. Lebensversicherungen meidenDrittens gilt es insbesondere bei langfristigen Prozessen wie der privaten Altersvorsorge, möglichst effizient anzusparen. Konkret heißt das, dass sich aufgrund der Niedrigzinsphase der Abschluss von klassischen Lebens- und Rentenversicherungen derzeit kaum mehr lohnt. So liegt der Garantiezins seit Anfang 2017 bei äußerst mageren 0,7 %. Hingegen weisen bestehende Verträge oft noch eine ansprechende Verzinsung auf und sollten daher natürlich fortgeführt werden. Effizient ansparen bedeutet aber auch, die Aktie als langfristig mit die lukrativste Anlage zu nutzen. Dazu sind Sparpläne auf Aktienfonds sehr gut geeignet. Das kurzfristg hohe Risiko von Aktien lässt sich durch die entsprechende Ausgestaltung der Sparpläne senken. Eine höhere Rendite hebt besonders bei langfristigen Sparprozessen deutlich das am Ende zur Verfügung stehende Kapital (vergleiche hierzu die Analyse der Sparpläne ab Seite 20). Eine wichtige Säule der Altersvorsorge stellt die betriebliche, die sogenannte bAV, dar. “Doch verfügen nur 28 % der Beschäftigen in Kleinunternehmen mit bis zu neun Beschäftigten über Anwartschaften auf eine Betriebsrente”, erklärt Dieter Bräuninger von Deutsche Bank Research. Bei Großbetrieben sind es hingegen 83 %. Betriebliche Vorsorge nutzenDie bAV erweist sich meist als besonders kostengünstig. Zudem unterstützen Arbeitgeber in der Regel die betriebliche Altersvorsorge finanziell, so dass der Arbeitgeber hier noch ein finanzielles Zubrot erhält. Natürlich gilt es stets auch jede bAV-Lösung zu prüfen. In den meisten Fällen ist es aber vorteilhaft, zusätzlich betrieblich vorzusorgen. Wer die Chance hat, sollte, viertens, daher die baV möglichst auch nutzen.”Die Riester-Rente wird in der Öffentlichkeit oft pauschal schlechtgeredet,” stellt Bernd Raffelhüschen fest. Dabei bietet die staatlich geförderte private Altersvorsorge einige Vorteile. So erhält, wer 4 % seines Vorjahreseinkommens in einem zertifizierten Riester-Vertrag spart, vom Staat eine Grundzulage von 154 Euro. Hinzu kommen Zulagen für kindergeldberechtigte Kinder in Höhe von 185 Euro je Kind, und bei nach 2008 geborenen Kinder sogar von 300 Euro je Sprößling. Auch Ehepartnern, die einen eigenen Riester-Vertrag haben, winkt ein staatlicher Zuschuss. Zudem können bis zu 2 100 Euro im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Altersvorsorgeaufwendungen steuermindernd geltend gemacht werden, falls sich das als günstiger erweist als die Zulagen.Darüber hinaus werden bei Riester die Einzahlungen und die erhaltenen Zulagen zu Beginn der Auszahlphase garantiert. Hinzu kommt, dass die angesparten Riester-Renten im Gegensatz zu privatem Vermögen Hartz-IV-sicher sind. Dies kann zum Beispiel bei einer längeren Arbeits­losigkeit relevant werden.Doch Riester ist nicht gleich Riester. Es gibt Rentenversicherungsverträge, Banksparpläne, Fondssparpläne und den Wohn-Riester. Dabei lohnen aufgrund des deutlich gesunkenen Garantiezinses die Versicherungsverträge kaum mehr. Auch Banksparpläne sind vom Zinsumfeld getroffen; das geht so weit, dass nur noch sehr wenige Kreditinstitute diese Lösung überhaupt anbieten.Eine auch im aktuellen Umfeld noch interessante Riester-Variante stellen die Fondssparpläne dar, die von den großen Gesellschaften Union Investment, Deka und DWS angeboten werden (Tabelle). Zu begrüßen sind dabei die jüngsten Modifikationen von Union Investment, um auch im Niedrigzinsumfeld einen gewissen Anteil von auf Dauer ertragbringenden Aktien­fonds zu ermöglichen. Übringens haben auch DWS und Deka Varianten entwickelt, um einen gewissen Aktienanteil zu gewährleisten und gleichzeitig die ­Kapitalgarantie am Ende der Einzahlungsphase aufrechtzuerhalten. Riester ist attraktivNicht zuletzt aufgrund der üppigen staatlichen Zuschüsse stellt die Riester-Rente in Form von Fondssparplänen für Familien mit Kindern eine attraktive Möglichkeit zur zusätzlichen Altersvorsorge dar. Diese sollten, fünftens, Riester nutzen.Herrscht einmal eine finanzielle Notlage, so lässt sich eine Riester-Rente sogar versilbern. Das stellt dann zwar eine sogenante schädliche Verwendung dar, bei der staatliche Zulagen und gewährte Steuervorteile wieder verloren gehen. Aber es besteht immerhin diese Möglichkeit. Selbstgenutztes Wohneigentum zu erwerben führt in der Regel zu einer langjährigen hohen monatlichen Belastung. Ist aber das Haus oder die Eigentumswohnung zumindest weitgehend abbezahlt, winkt die Einsparung der Miete als Lohn. Altersvorsorge EigenheimDie Altersvorsorge wird, das ist der sechste Punkt, durch eigenes Wohneigentum wesentlich gestärkt. Doch verfügt natürlich nicht jeder über die finanziellen Mittel, um dies zu realisieren. Im Grunde stellt der Bau oder Erwerb des eigenen Häuschens fast eine Form des Zwangssparens dar. Auf Dauer, das zeigen alle relevanten Untersuchungen, lohnt sich dies aber. Für die Besitzer eines schuldenfreien Eigenheims ist Altersarmut meist ein Fremdwort. Siebtens, achtens und neuntens sind Grundkenntnisse der langfristigen Geldanlage, die vielen geläufig sein dürften. Trotzdem sind die Punkte “früh beginnen”, “stetig ratierlich ansparen” und “breit streuen” eminent wichtig, damit die Vorsorge fürs Alter ein Erfolg wird. Es ist eben sehr viel einfacher, schon in jungen Jahren zu starten und monatlich einen eher niedrigen Betrag zurückzulegen, als dann mit über 50 oder 55 hohe Summen aufbringen zu müssen. Vor allem wenn bei der Altersvorsorge nicht breit diversifiziert wird, kann dies böse enden, so wie bei den Enron-Mitarbeitern, die ihre gesamte, allein in Aktien ihres Unternehmens angelegte betriebliche Altersvorsorge verloren, als Enron Ende 2001 pleiteging. Die Beschäftigten sparten damals übrigens über in den Vereinigten Staaten staatlich geförderte 401-k-Pläne. Lieber mit Puffer Warum sind echte Schwaben im Alter oft wohlhabend? Weil sie gerne sparen und lieber zu viel zurücklegen als zu wenig. Weil sie sich keine Konzertkarten für 100 oder 200 Euro das Stück leisten. Weil sie nicht ständig teure Luxuskreuzfahrten unternehmen. Wer sich sorgt und mit einem entsprechenden Risikopuffer fürs Alter vorsorgt, der kann einen finanziell entspannten Lebensabend genießen. Das ist der letzte Punkt: Zehntens.—– 16,5 Millionen Riester-VerträgeIn den vergangenen Jahren hat die Zahl der abgeschlossenen Riester-Verträge stagniert. Waren es Ende 2010 bereits 14,5 Millionen, so wurden Ende 2016 gut 16,5 Millionen Verträge gezählt. Dabei war die Zahl der Versicherungsverträge zuletzt sogar leicht rückläufig und lag Ende 2016 bei 10,9 Millionen. Hingegen wurden in den vergangenen Jahren mehr Riester-Fondssparpläne und Wohn-Riester-Verträge abgeschlossen, die Ende 2016 einen Stand von 3,2 bzw. 1,7 Millionen erreichten. Im Gegensatz dazu stagniert die Zahl der Riester-Banksparpläne bei 0,8 Millionen. Der Anteil der ruhend gestellten Riester-Verträge wird auf gut ein Fünftel geschätzt.