Negativzinsen

Endspiel für das Entgelt

Auch wenn Banken und Sparkassen gute Gründe für die Berechnung von Negativzinsen hatten, drohen ihnen vor Gericht viele Niederlagen. Juristisch lassen sich „Verwahrentgelte“ nur schwer begründen. Am Ende hat Karlsruhe das Wort.

Endspiel für das Entgelt

Ein „Verwahrentgelt“ ist ein merkwürdiges Konstrukt: Es will den Preis für eine Gegenleistung abbilden, nämlich eine Verwahrung, wie ein Anwalt der Commerzbank mit Blick auf das Preis- und Leistungsverzeichnis des Instituts am Montag vor dem Landgericht Frankfurt ausführte. Der Obolus hat nach dieser Lesart nichts mit dem aktuellen EZB-Einlagenzinssatz zu tun, der in diesem Jahr bereits von minus 0,5% auf plus 0,75% anstieg. Die Bank erhebe das Entgelt aus „Kulanz“ aktuell nicht. Skurril!

Der Streit um die Negativzinsen auf Einlagen – um nichts anderes geht es hier – ist für die Kreditwirtschaft heikel. Juristisch sind die Minussätze schwer zu fassen, die Verbraucherzentralen klagten bereits in mehreren Fällen. Die Landgerichte Berlin und Düsseldorf haben die „Verwahrentgelte“ der Sparda-Bank Berlin und der Volksbank Rhein-Lippe in erster Instanz verworfen. Das Landgericht Frankfurt wird sein Urteil im November sprechen, doch schimmerte am Montag zum Teil bereits Kritik an der Position der Commerzbank durch. Auch wenn das Landgericht Leipzig­ im Fall der Sparkasse Vogtland einen Negativzins für zulässig hielt, wird es für die Kreditwirtschaft allmählich eng. Am Ende wird wohl der Bundesgerichtshof den vielfach als „Entgelt“ bemäntelten Negativzins bewerten. Das Endspiel rückt näher.

Dabei ist der wirtschaftliche Zweck von Negativzinsen eindeutig: Die Kreditwirtschaft gab damit Kosten an die Kundschaft weiter – und das ist legitim! Der über Jahre negative Einlagenzins der EZB einerseits und der verbreitete Einlagenüberhang andererseits führte dazu, dass viele Banken und Sparkassen reale Kosten für die überschüssigen Einlagen tragen mussten. Sobald eine bestimmte Schwelle an Einlagen erreicht war, blieb den Geldhäusern oft nichts anderes übrig, als das ungewollte Geld bei der EZB strafverzinst zu parken. Unter diesen Umständen ist ein Negativzins für Einlagenkunden nachvollziehbar und das Preissignal richtig. Jetzt, wo das Zinsniveau im gesamten Markt steigt, nehmen fast alle Institute von Negativzinsen wieder Abstand. Der Markt ist also nicht aus den Fugen geraten, so verrückt der Negativzins auch vielen bis heute erscheint.

Dumm für die Kreditwirtschaft, dass die ju­­ristische Bewertung knifflig ist, wie auch die verkorkste Kategorie des „Verwahrentgelts“ zeigt. Die Debatte dreht sich jetzt auch um das Wesen einer Verwahrung, also ob das Geld in einem Schließfach lagerte. Relevant ist zudem die Frage, ob Banken tatsächlich eine individuelle Vereinbarung mit Bestandskunden trafen. Genau hier zeigt sich das Gericht in Frankfurt skeptisch. Die Branche sieht bisher nicht gut aus in dem Streit. Ein Jammer!

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