Branche diskutiert Nachhaltigeitsbewertungen

„Preise von ESG-Ratings werden sich stabilisieren“

Die Finanzaufsicht BaFin hatte ESG-Ratings kritisiert. Ein Experte der Unternehmensberatung Mazars hält das für übertrieben und verweist auf die schwierige Datenlage. Eine Alternative könnte die geplante europäische Datenbank ESAP sein.

„Preise von ESG-Ratings werden sich stabilisieren“

„Preise von ESG-Ratings werden sich stabilisieren“

Nachhaltigkeitsexperten äußern sich nach BaFin-Untersuchung – Geplante EU-Datenbank ESAP bietet Perspektive

wbr Frankfurt

Die BaFin hat kürzlich untersucht, wie Fondsgesellschaften ESG-Ratings zur Nachhaltigkeit bewerten. Das Ergebnis der Umfrage lautete, dass diese teuer seien und die Datenqualität verbesserungswürdig sei. Die Einschätzung wird nicht von Fachleuten geteilt. „ESG-Ratings als schlecht zu bezeichnen, ist übertrieben“, sagt Elma Sefer Periškić vom Prüfungs- und Beratungsunternehmen Mazars. Gerade beim ESG-Rating gebe es unterschiedliche Methoden. Die Ergebnisse fielen daher oft unterschiedlich aus und seien nicht vergleichbar – anders als beim Kreditrating.

Daten nicht 100 Prozent korrekt

Die schlechte Vergleichbarkeit ergebe sich auch aus einem Datenmangel, so die Expertin. „Man kann nicht immer sagen, dass die Daten, auf denen die Ratings basieren, 100% korrekt sind.“ Die Daten basieren demnach häufig auf Schätzungen. 

Aus Sicht der Mazars-Experten befinden sich die ESG-Ratings noch in einer Entwicklungsphase. Anders als bei einem etablierten Ratingmarkt sei es nicht verwunderlich, dass ESG-Ratings teurer geworden sind. „Die Preise für ESG-Ratings sind auch eine Sache von Angebot und Nachfrage. Da gibt es ganz unterschiedliche Modelle, beispielsweise das erste Jahr umsonst und dann entsprechend höhere Kosten. Die Situation bei ESG-Ratings wird sich auch von der Preisseite stabilisieren“, so Sefer Periškić.

Überforderung für Unternehmen

„Aufsichtsrechtlich gesehen besteht für die Institute aber keine Notwendigkeit, externe Ratings einzukaufen“, sagt die Beraterin. Die externen Nachhaltigkeitsratings seien aber insbesondere für die neuen Kunden relevant. „Die ESG-Ratings sind aber begrenzt in ihrer Anwendbarkeit, da zurzeit nur ganz große Unternehmen geratet werden.“ Die wichtige Frage sei, wie viel von dem Portfolio eines Instituts überhaupt mit externen ESG-Ratings abgedeckt werden könne.

Nicht nur Kunden wie Assetmanager und Banken haben ihre Last mit ESG-Ratings – auch die bewerteten Firmen. „Exponierte Unternehmen müssen oft fünf bis sechs Ratingagenturen mit Daten bedienen. Gerade bei der Erstbewertung sind viele überfordert. Schwierig wird es oft auch, weil sich die Methodik von Jahr zu Jahr ändern kann“, sagt der Mazars-Berater Kai Wuttke. Generell sei es für die Unternehmen eine aufwendige Aufgabe, die ESG-Ratingagenturen zu bedienen. Da die Daten selten an einer Stelle liegen, brauche man oft zusätzlichen Input aus anderen fachlichen Bereichen.

Regulierung zieht an

Angesicht der Entwicklung ist es nicht verwunderlich, dass die Regulierung anzieht. „Es sollte aber nicht darauf hinauslaufen, dass alle Ratings gleichgemacht werden, weil es unterschiedliche Profile braucht im Bereich von Nachhaltigkeitsratings. Damit ist es ein schmaler Grat, den man in der Regulierung der ESG-Ratingagenturen geht“, so Wuttke. Klar ist aus Sicht der Berater, dass die Qualitätssicherung bei ESG-Ratings verbessert werden müsse. Wuttke: „Wir brauchen einheitlichere Standards und müssen trotzdem differenzierte und unterschiedliche Ratings zulassen.“

Eine Alternative zu den privaten ESG-Ratingagenturen von MSCI über ISS bis Sustainalytics könnte die geplante europäische Datenbank ESAP bieten. Zwar sei das noch Zukunftsmusik, doch könnte ESAP als ein Konkurrenzmodell „die Perspektive bieten, aufbereitete Daten aggregiert zur Verfügung zu stellen“.

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