Wertpapierberatung

Gute Zeiten für unabhängige Vermögens­verwalter

Die Zahl der wohlhabenden Menschen wächst und Banken ziehen sich aus der professionellen Begleitung zurück: Unabhängige Vermögensverwalter stehen daher vor guten Zeiten.

Gute Zeiten für unabhängige Vermögens­verwalter

Die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland dürfte ihre Assets under Management bis zum Jahr 2030 mindestens verdoppeln. Ihr Marktanteil wird in diesem Zuge ebenfalls deutlich ansteigen. Und sie werden dabei zunehmend zu den Fackelträgern des aktiven Managements in der Finanzbranche, aus dem sich derzeit viele andere Akteure, etwa Banken­, verabschieden. Dieses Zukunftsbild ergibt sich aus den Ergebnissen der wissenschaftlichen Untersuchungen, mit der das Institut für Vermögensverwaltung (InVV) an der Technischen Hochschule Aschaffenburg die Branche seit fast einem Jahrzehnt begleitet.

 Das InVV führt jedes Jahr eine Umfrage unter allen von der BaFin nach Paragraf 32 Kreditwesengesetz registrierten Vermögensverwaltungen in Deutschland durch. Damit erheben wir seit nunmehr acht Jahren relevante Daten über die Entwicklung der Branche: von der Struktur und Entwicklung bei Kunden und Mitarbeitern über die wirtschaftliche Lage und den Zeitaufwand für regulatorische Anforderungen bis hin zu den Renditen der Anlagestrategien und zur aktuellen Asset Allocation. Inzwischen nehmen jährlich 40% der bankenunabhängigen Vermögensverwaltungen an der Umfrage teil.

Unsere Panel-Gruppe erlaubt uns mittlerweile wissenschaftliche Aussagen auch über die langfristige Entwicklung der Branche. Seit dem Start der Studie 2014 haben wir erstmals die Antworten der unabhängigen Vermögensverwalter ausgewertet, die an mindestens sieben der bislang acht Umfragen teilgenommen haben. Die Gruppe umfasst im Durchschnitt 43 Unternehmen, also ein gutes Viertel der jährlich antwortenden Häuser. Die Assets under Management verteilen sich bei diesen Vermögensverwaltungen ziemlich repräsentativ auf die Kategorien „50 bis 150 Mill. Euro“ (12 Häuser), „150 bis 500 Mill. Euro“ (17) und „über 500 Mill. Euro“ (11). Drei Firmen hatten keine Angaben gemacht.

Branche wächst rasant

Ins Auge sticht der starke Anstieg des verwalteten Vermögens: Die Mitglieder der Panel-Gruppe begannen 2014 mit einem Vermögen von je 110 Mill. Euro (Median-Wert). Sieben Jahre später erreichten sie die Marke von 232 Mill. Euro. Das ist ein Zuwachs von 111%. Dagegen verblasst der im Grunde beachtliche Anstieg des Geldvermögens in Deutschland um 36% in dieser Zeit, den die Deutsche Bundesbank ermittelt hat. Die Gründe? Einerseits wussten die Finanzprofis den Anstieg vor allem der Aktienmärkte zu nutzen. Andererseits legten immer mehr Kunden bei Vermögensverwaltern an. Altkunden stockten ihre Bestände auf. Wenn wir den Trend bis 2030 extrapolieren, können wir mindestens mit einer Verdopplung der Assets under Management rechnen.

Diese Erwartung wird durch ein weiteres Studienergebnis gestützt: Mit Ausnahme eines Jahres legten die Assets jedes Jahr zu. Von zyklischem Auf und Ab kann also keine Rede sein. Zunächst in der Finanzkrise, später in der Eurokrise, zuletzt bei Corona: Stets zeigte sich, dass solche Phasen für die Branche ein Wachstumsmotor sind. In Krisen suchen die Menschen kompetente Gesprächspartner für Geldthemen – und die finden sie bei unabhängigen Vermögensverwaltern eher als im provisionsgetriebenen Bankgeschäft. Themen wie die Altersvorsorge oder die Angst vor dem Verwahrentgelt auf Bankguthaben sorgen für zusätzlichen Beratungsbedarf.

Hinzu kommt ein Megatrend: Wir leben in einer zunehmend vermögenden Gesellschaft. Gemäß dem jüngsten Global Wealth Report der Credit Suisse gibt es weltweit inzwischen 56 Millionen Millionäre. Das entspricht nach Angaben der Bank erstmals mehr als 1% aller Erwachsenen weltweit. Und da in unseren zinslosen Zeiten das Bonmot „Wer Geld hat, der hat auch Sorgen“ erst recht gilt, benötigen immer mehr dieser Menschen kompetente, unparteiische Begleitung – eine Goldgrube für unabhängige Vermögensverwaltungen.

Mehr als nur Standard

Viele anspruchsvolle Kunden sind händeringend auf der Suche nach einem aktiven Management ihrer Geldanlage, werden in der übrigen Finanzbranche aber immer seltener fündig. Während sich Banken und Sparkassen nicht zuletzt Mifid-getrieben aus der aktiven Beratung mit Einzeltiteln herausziehen und Standard-Ansätze den individuellen Lösungen vorziehen, können die Vermögensverwaltungen mit ihren maßgeschneiderten und kosteneffizienten Leistungen punkten. Sie sind die erste Adresse für Kunden, die – sei es aus Gründen der Transparenz oder weil sie wirklich nachhaltig anlegen wollen ­– keine passiven ETF-Investments oder vergleichbare Investmentlösungen wünschen.  Entsprechend hoch ist der Aktienanteil in den Depots: In den vergangenen Jahren bewegte er sich zwischen 40 und gut 50%, wobei der Spitzenwert im vergangenen Jahr erreicht wurde.

Das Wachstum der Branche basiert daher auch auf der Zuwanderung von Kunden aus dem Banksektor. Vor allem Großbanken „liefern“ seit Jahren die meisten Kunden, die sich offenbar vom dort praktizierten Konzept abwenden. In den vergangenen beiden Jahren haben Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken ihre „Lieferquoten“ deutlich erhöht. Dies dürfte mit steigenden Gebühren sowie der Ausweitung der Strafzinsen für Bankguthaben auf Summen ab 50000 Euro zu tun haben. Im Gegenzug wandern von den Vermögensverwaltern nur wenige Kunden zu anderen Institutionen ab. Oft verlieren Vermögensverwalter keine Kunden.

Konkurrenz deklassiert

Diese strukturellen Vorteile spiegeln sich inzwischen klar in den Unternehmenszahlen, etwa in der Eigenkapitalrendite vor Steuern. Wies 2014 noch keine einzige Vermögensverwaltung eine Eigenkapitalrendite von über 30% aus, gelang dies seit 2018 Jahr für Jahr mindestens einem Drittel der 43 Panel-Unternehmen. In der jüngsten Studie überwanden sogar 45% die Schwelle von 30%. Weitere 14% erwirtschafteten zuletzt eine Rendite zwischen 20 und 30 %. Und 18% der Unternehmen kamen immerhin auf 10 bis 20%. Insgesamt haben wir es mit Eigenkapitalrenditen zu tun, von denen andere Marktteilnehmer derzeit nur träumen können.

In den vergangenen acht Jahren haben die Panel-Unternehmen personell klar zugelegt – und zwar im Median von 7,4 auf nun fast 10 Mitarbeiter pro Vermögensverwaltung. Dieser Trend wird sich vermutlich fortsetzen. Denn 80% der Unternehmen mit mindestens 500 Mill. Euro an Assets planen einen weiteren Personalaufbau oder setzen diesen bereits um. Bei den Häusern mit 50 bis 500 Mill. Euro wollen sechs von zehn Firmen neue Mitarbeiter einstellen. Für Interessierte bietet die Branche also jetzt und wohl auch künftig sehr gute Karrierechancen. Bank- oder IHK-Kaufleute machen dabei den Löwenanteil aus. Doch Bachelor, Diplom, Master oder gar Promotion werden für die Firmen immer wichtiger. Dabei gilt: Je größer das Unternehmen, desto eher finden sich dort alle genannten Abschlüsse. Gern gesehen sind Zusatzqualifikationen, etwa zum Certified Financial Planner. 

Fazit: Um die Zukunft der unabhängigen Vermögensverwaltung muss uns im Gegensatz zu anderen Sektoren der Finanzbranche nicht bange sein.