Deutsche Bank

Karlsruhe lässt Deutsche Bank im Postbank-Streit zappeln

Die Deutsche Bank kann den Streit mit Altaktionären der Postbank über den damaligen Preis je Aktie noch immer nicht ad acta legen. Der Bundesgerichtshof verweist den Fall zurück an das Oberlandesgericht Köln.

Karlsruhe lässt Deutsche Bank im Postbank-Streit zappeln

jsc Frankfurt

Zwölf Jahre nach dem Übernahmeangebot der Deutschen Bank für die damals börsennotierte Postbank findet der Streit über den damaligen Preis je Aktie kein Ende. Der Bundesgerichtshof verwies am Dienstag zwei Verfahren an das Oberlandesgericht Köln zurück (Az. II ZR 9/21 und II ZR 14/21). Das Gericht habe zum Teil „rechtsfehlerhafte“ Annahmen getroffen, führten die Karlsruher Richter aus.

Während die Deutsche Bank den Aktionären im Oktober 2010 jeweils 25 Euro je Aktie bot, hatte sie in einer ursprünglichen Vereinbarung mit der Deutschen Post im September 2008 noch 57,25 Euro je Aktie in Aussicht gestellt, und zwar für ein Aktienpaket von 29,75%. Die Klägerinnen und Kläger vertreten die Ansicht, die Bank habe schon 2008 ein Pflichtangebot an alle Eigner unterbreiten müssen. Die Höhe der Nachforderungen beziffert die Deutsche Bank in ihrem jüngsten Geschäftsbericht auf annähernd 700 Mill. Euro zuzüglich Zinsen. Der Konzern hält dazu eine Eventualverbindlichkeit in nicht genannter Höhe fest.

Die Deutsche Bank hatte die Postbank ab 2008 schrittweise übernommen und 2015 von der Börse genommen. Insgesamt wurde der Übernahmepreis von 25 Euro für 48,2 Millionen Aktien angenommen. Damals war der Kurs der Postbank im Zuge der Finanzkrise bereits deutlich gefallen.

Zentrale Frage ungeklärt

Der Streit dreht sich um die Frage, ob die Deutsche Bank bereits 2008 faktisch die Kontrolle über die Postbank erlangte, was ein Pflichtangebot hätte nach sich ziehen müssen. Zwar blieb die Bank damals unter der relevanten Schwelle von 30%. Allerdings sah die Vereinbarung zusätzliche Erwerbs- und Verkaufsoptionen für beide Partner vor. In dem Streit kommt es also auf die Zurechnung von Stimmrechtsanteilen an. Maßgeblich sei, ob die Vereinbarungen auf eine „tatsächliche und konkrete Einflussnahme bei der Zielgesellschaft gerichtet waren“, schreibt der Bundesgerichtshof. Die Frage sei „in einer Gesamtschau der vorgelegten Verträge“ nicht final entschieden.

Eine Anrechnung von Stimmrechten über die Schwelle von 30% hinaus hatte das Oberlandesgericht Köln auch deshalb verneint, weil die Dividendenchance demnach aus den betreffenden Aktien bei der Deutschen Post verblieben war. Diese Beurteilung sei „rechtsfehlerhaft“, erklärt nun der Bundesgerichtshof. „Die gebotene Gesamtbetrachtung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten spricht unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen nicht gegen, sondern für den Übergang der Dividendenchance auf die Beklagte.“

Komplex ist der Rechtsstreit auch deshalb, weil Deutsche Bank und Deutsche Post ihre Vereinbarung im Zuge der Finanzkrise verschoben hatten. Im Januar 2009 verständigten sie sich auf eine „Nachtrags­vereinbarung“, die eine Übernahme größerer Anteile der Postbank in drei Schritten zu jeweils unterschiedlichen Preisen vorsah. So verweist ein Teil der Kläger auf die Nachtragsvereinbarung und leitet aus den dort genannten Summen unter anderem eine Verkaufsoption von 49,42 Euro je Aktie ab.

Das Urteil am Dienstag hatte sich bereits abgezeichnet, nachdem die Richter in einer Verhandlung im September Zweifel an den Urteilen des Oberlandesgerichts Köln geäußert hatten. Die Deutsche Bank zeigte sich nach dem Urteil zuversichtlich. Der Bundesgerichtshof habe die Rechtsauffassung der Bank in wesentlichen Punkten bestätigt, erklärte das Institut ohne Angaben von Details.

Insgesamt befasst sich der Bundesgerichtshof bereits zum zweiten Mal mit dem Streit. Schon im Jahr 2014 hatte Karlsruhe ein Urteil an die Vorinstanz zurückverwiesen, nachdem das Oberlandesgericht Köln eine Klage der Düsseldorfer Verlagsgesellschaft Effecten-Spiegel abgewiesen hatte. Damals reichten weitere Aktionäre Klage ein. Nach dem neuen Urteil muss sich das Oberlandesgericht bereits zum dritten Mal mit dem Streit auseinandersetzen.

Wertberichtigt Seite 2

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