Kämmerer reagieren auf Greensill-Pleite

Kommunen ziehen Gelder von Privatbanken ab

Die Pleite der Greensill Bank hat Städten und Gemeinden schmerzlich bewusst gemacht, dass ihr Erspartes bei privaten Geldhäusern nicht mehr durch die Einlagensicherung abgedeckt ist.

Kommunen ziehen Gelder von Privatbanken ab

Reuters Frankfurt

Die Pleite der Greensill Bank hat Städten und Gemeinden schmerzlich bewusst gemacht, dass ihr Erspartes bei privaten Geldhäusern nicht mehr durch die Einlagensicherung abgedeckt ist. Nun ziehen sie Konsequenzen, schichten ihr Geld um und nehmen Strafzinsen in Kauf. Neun Gemeinden, mit denen die Nachrichtenagentur Reuters gesprochen hat, wollen ihr Erspartes künftig bei Sparkassen oder Volksbanken parken – die schon jetzt nicht mehr wissen, wohin mit der Flut an Spareinlagen. Weitere Kommunen denken über einen solchen Schritt nach.

„Wir haben uns entschieden, kein Geld mehr bei Privatbanken zu hinterlegen“, sagt Rainer Schnitzler, Bürgermeister der 5 500-Seelen-Gemeinde Pöcking am Starnberger See, einer der reichsten Kommunen Bayerns, die bei der Greensill Bank 5 Mill. Euro angelegt hat.

Zugriff auf ihre Spareinlagen haben Pöcking und viele andere Kommunen nicht mehr, seit die Finanzaufsicht BaFin die Greensill Bank Anfang März wegen drohender Überschuldung dichtmachte und das Management anzeigte. Das Institut ist zwar Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Geldhäuser, womit es auch auf der Website geworben hatte. Doch der Fonds deckt nur die Spareinlagen von Privatleuten, Unternehmen und Stiftungen ab. Gelder von Kommunen, Bund und Ländern sind seit Oktober 2017 nicht mehr geschützt. Ihnen bleibt nur die Hoffnung, dass der Insolvenzverwalter möglichst viel Vermögenswerte sicherstellen kann. Insidern zufolge haben Kommunen und andere Anleger, die keinen Erstattungsanspruch haben, der Greensill Bank rund eine halbe Mrd. Euro an­vertraut.

Der Bürgermeister der schwäbischen Gemeinde Weissach, Daniel Töpfer, kündigte nach der Greensill-Pleite alle Spareinlagen bei der russischen Bank VTB und der niederländischen NIBC. „Für uns Kommunen ist das fatal“, klagt er. „Wir können keine Goldbarren kaufen, wir können keinen Tresor bauen.“ Die Strafzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) machten es „unglaublich schwer“ für die Kommunen, ihr Geld anzulegen. Auch das Bundesland Thüringen, das bei Greensill 50 Mill. Euro im Feuer hat, strich Privatbanken von der Liste für Spareinlagen.

Der Bürgermeister von Vaterstetten bei München, Leonhard Spitzauer, fühlte sich an die Finanzkrise erinnert: „Am Anfang dachte ich, uhoh, das ist wie Lehman.“ Vorsichtshalber zog er sämtliche Einlagen von der Volkswagen Bank ab. Bei Greensill hatte die bayerische Kommune 5,5 Mill. Euro geparkt. Bei der VW Bank hieß es, man erkenne keine Veränderung im Anlageverhalten der Kunden und genieße nach wie vor deren Vertrauen. Von VTB und NIBC war keine Stellungnahme zu erhalten.