Krankenversicherern macht Niedrigzins zu schaffen

Wenig negative Effekte durch Pandemie - Assekurata: Beiträge werden weiter steigen

Krankenversicherern macht Niedrigzins zu schaffen

ak Köln – Die aktuelle Stimmungslage unter den privaten Krankenversicherern ist gar nicht so schlecht. Die Branche sieht Wachstumschancen vor allem bei bestimmten Zusatzversicherungen und in der betrieblichen Krankenversicherung. Das geht aus einer aktuellen Erhebung hervor, bei der die Ratingagentur Assekurata im März und April elf Anbieter, die zusammen auf einen Marktanteil von knapp 50 % kommen, befragt hat. Zahnzusatzversicherungen liegen anhaltend im Trend und sind mit einem Bestand von rund 8 Millionen Verträgen das mit Abstand gefragteste Produkt. Das Interesse an stationären Zusatzversicherungen nimmt nach den Daten der Umfrage wieder zu.Die Geschäftslage in der Krankenvollversicherung wird allerdings von fast allen befragten Anbietern bis auf eine Ausnahme als negativ bewertet. Die Branche verzeichnet schon seit Jahren per saldo sinkende Kundenzahlen. Es wandern mehr Versicherte in die gesetzliche Krankenversicherung ab oder sterben, als neue Kunden hinzukommen. Seit 2012 haben die Unternehmen rund 430 000 Vollversicherte verloren. Ihre Zahl beträgt jetzt noch rund 4,3 Millionen. Die Beamten mit Beihilfetarifen sind hierin nicht enthalten. Ihre Zahl ist im gleichen Zeitraum um 210 000 auf 4,5 Millionen gestiegen.Obwohl sich die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie für die Krankenversicherer in Grenzen halten, rechnet Assekurata ausgerechnet für die ohnehin rückläufige Vollversicherung mit einem negativen Effekt. Denn eine höhere Arbeitslosigkeit und Existenznöte von Selbständigen könnten zu höheren Abwanderungen in die gesetzliche Krankenversicherung führen und damit den Schwund bei den Kundenzahlen verstärken.Akut spürt die Branche die Coronakrise aber noch nicht. “Bislang war kein gravierender Anstieg von Anträgen auf Beitragsstundung oder von Nichtzahlern festzustellen”, sagte Assekurata-Chef Reiner Will. Je länger die Krise dauert, sei aber mit einer solchen Entwicklung zu rechnen. Kostenquote stagniertDeutlich stärker macht den Krankenversicherern die Niedrigzinsphase zu schaffen. Noch bis vor wenigen Jahren machten die Kapitalanlageerträge einen signifikanten Teil des Rohergebnisses der Unternehmen aus. Mittlerweile spielt das Risikoergebnis eine größere Rolle. Wenig beitragen kann nach wie vor die Kostenseite. Die Kostenquote der Branche stagniert seit Jahren. Im vergangenen Jahr erhöhte sie sich sogar von 12,5 auf 12,8 %. Reiner Will führt das auf Investitionen in die Digitalisierung zurück. Den wichtigsten Part des Rohergebnisses der Krankenversicherer macht laut Assekurata der sogenannte Sicherheitszuschlag aus – ein Faktor, den die Krankenversicherer in ihre Tarifkalkulation einrechnen und der für neue Tarife laut Will 7,5 bis 10 % beträgt.Nachdem sich die Kapitalanlageergebnisse der Branche 2019 im Vorjahresvergleich auf niedrigem Niveau etwas erholt hatten – die Nettoverzinsung stieg von 3,0 auf 3,3 % -, rechnet Assekurata für das laufende Jahr mit rückläufigen Kapitalanlageergebnissen. Mit den sinkenden Renditen müssen die Krankenversicherer auch den Rechnungszins in ihren Tarifen immer weiter senken. Das führt zu steigenden Beiträgen. Will rechnet mit Druck von dieser Seite auch in den kommenden Jahren. Laut Assekurata liegen die durchschnittlichen Beitragserhöhungen pro Jahr in der privaten Vollversicherung bei 4 bis 5 %, wobei der medizinische Fortschritt und die damit verbundenen steigenden Kosten den größeren Ausschlag als die Zinslage geben. Die privaten Krankenversicherer sammelten 2019 Bruttobeiträge von 40,7 Mrd. Euro ein, 2,3 % mehr als ein Jahr zuvor.