EDITORIAL

Leidensfähigkeit gefragt

Von Silke Stoltenberg Wer investiert eigentlich noch in Geldmarktfonds? Die Renditen liegen kaum über der Nulllinie. Nach Abzug der Kosten wird es damit nicht selten ein Verlustgeschäft. Schuld daran ist in erster Linie die EZB, die die Zinsen fast...

Leidensfähigkeit gefragt

Von Silke StoltenbergWer investiert eigentlich noch in Geldmarktfonds? Die Renditen liegen kaum über der Nulllinie. Nach Abzug der Kosten wird es damit nicht selten ein Verlustgeschäft. Schuld daran ist in erster Linie die EZB, die die Zinsen fast bis auf den Boden gedrückt hat. Dementsprechend werfen auch die Assets, in die die Money Markets Funds investieren dürfen, nur noch kümmerliche Bröckchen ab. Wer sich ein solches Investment als Privatanleger aussucht, muss da schon ein besonderes Maß an Langmut, Tapferkeit und Leidensfähigkeit mitbringen. Vor allem, wenn man den Aktienhöhenflug der vergangenen Monate vor Augen hat. Kein Wunder also, dass den Geldmarktfonds in Europa nun schon seit Jahren die Gelder flöten gehen. Es ist nicht übertrieben, von einem Aderlass zu sprechen. Treu bleiben den Produkten fast nur noch Institutionelle wie Unternehmens-Treasurer und auch vermögende Privatkunden, die ihre Parkplätze für Geld diversifizieren wollen, also ihre Liquidität nicht nur den Banken anvertrauen wollen. Ein besonderes Maß an Leidensfähigkeit ist Christian Reiter zu attestieren, Fondsmanager des Geldmarktfonds “DWS Rendite Optima Four Seasons”. Von EZB-Chef Mario Draghi mit einer Quasi-Nullzinspolitik in die Zange genommen, findet Reiter es superspannend, irgendwie noch ein kleines Quäntchen an Rendite für den Anleger herauszukitzeln. Schon seit 2005 lotst er den Fonds durch alle Jahreszeiten und Wetterlagen (Seite 6).Sascha Specketer, Deutschland-Vertriebschef von Source, rät den Anlegern dagegen, sich Alternativen für die kurzfristige Geldanlage anzuschauen. Investoren müssten aber sehr genau auf Anlageziele und Risikotragfähigkeit achten, warnt er (Seite 4).Am Horizont ziehen unterdessen für Geldmarktfonds dunkle Wolken auf. Von einer drohenden Finanztransaktionssteuer wären sie in besonderem Maße betroffen, da sie etwa fünfmal im Jahr das gesamte Portfolio umdrehen. Die sich abzeichnende EU-Verordnung für Geldmarktfonds kommt als weitere Belastung hinzu. Beides würde die Kosten der Produkte hochtreiben und deren Renditen weiter schmälern – und nicht wenigen Fonds den Todesstoß versetzen.