Versicherungsaufsicht

Mehr Druck auf Pensionskassen

Das Zinstief fordert seinen Tribut: Die Zahl der Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht der BaFin ist leicht gestiegen. 30 Kassen haben im vergangenen Jahr Unterstützung ihrer Träger erhalten. Die Solvenzquoten der Lebensversicherer stehen unter Druck und könnten durch die Reform von Solvency II weiter sinken.

Mehr Druck auf Pensionskassen

ak Köln

Corona hat die schwierige Lage der Anbieter von Altersvorsorge nach Ansicht der BaFin noch verschärft. Das Tiefzinsumfeld als größte Herausforderung für Lebensversicherer und Pensionskassen habe sich durch die Pandemie verfestigt, sagte Frank Grund, oberster Versicherungsaufseher, bei der Jahreskonferenz der BaFin zur Assekuranz am Mittwoch.

Grund zeigte sich nicht alarmistisch, jedoch besorgt. So hätten im vergangenen Jahr rund 30 Pensionskassen finanzielle Unterstützung von ihren Trägerunternehmen oder Aktionären erhalten, wobei die Hilfen in der Regel auf mehrere Jahre gestreckt würden. „Es bleibt aber abzuwarten, wie leistungsfähig die Trägerunternehmen selbst in der Coronakrise bleiben.“ Rund 60 Pensionskassen sind nach Angaben der BaFin mittlerweile für das Neugeschäft geschlossen. Damit hat knapp die Hälfte der deutschen Pensionskassen für Neuzugang dichtgemacht. Laut Grund hat ein großer Teil dieser Anbieter jedoch schon vor längerer Zeit den Verkauf neuer Policen eingestellt. Etwa 40 Pensionskassen stehen unter intensivierter Aufsicht.

Den rund 80 Lebensversicherern am deutschen Markt attestierte Grund, sich vor allem mit neuen Produkten etwas besser auf die Zinslage einstellen zu können. Allerdings verschärfen die Pandemie-Effekte das generelle Problem für die Branche: Denn im vergangenen Jahr sei auch eine leichte Zunahme schwächerer Bonitäten in den Unternehmensbond-Portfolien der Lebensversicherer zu beobachten gewesen, sagte Grund. Etwas mehr als 10% der Corporate Bonds im Bestand der deutschen Versicherer mit Rating seien herabgestuft worden, führte er aus. Einzelne Lebensversicherer könnten von solchen Herabstufungen wesentlich betroffen sein. Die BaFin habe darauf ein Auge und sei mit solchen Unternehmen im Gespräch.

Solvenzquoten sinken

Die Solvenzquoten der deutschen Lebensversicherer waren im vergangenen Jahr im Durchschnitt um etwa ein Zehntel gesunken. Ohne Nutzung der Übergangsmaßnahmen, die noch elf Jahre gelten, hätten 15 Unternehmen die erforderlichen 100% nicht geschafft. Dazu zählen nach einer Auflistung von Assekurata unter anderem die Debeka Leben, Ergo Leben, Signal Iduna Leben, die beiden Lebensversicherer der DEVK sowie die beiden Run-off-Spezialisten Athora und Frankfurter Leben. Fällt auch noch der Puffer der Volatilitätsanpassung weg, wären 17 Le­bens­versicherer laut Assekurata Ende 2020 unter 100% Solvenzquote gewesen.

Grund schloss erneut nicht aus, dass einzelne Gesellschaften aus der Branche bis 2032 die Solvenzanforderungen ohne Übergangsmaßnahme nicht erreichen könnten.

Die Lage der Lebensversicherer könnte sich durch den geplanten Review von Solvency II weiter verschärfen. Denn die Kapitalanforderungen an die Branche würden durch die derzeit auf dem Tisch liegenden Reformvorschläge von EIOPA erheblich anziehen, im Umkehrschluss die Solvenzquoten ohne zusätzliche Eigenmittel weiter sinken. Grund ist die geplante Änderung bei der Modellierung der Zinsstrukturkurve an deren langem Ende.

Nicht nur die Branche, auch die deutsche Aufsicht wünscht sich hier eine Nachjustierung. „Ich halte den Entwurf nicht für balanciert genug“, sagte Frank Grund zu den EIOPA-Vorschlägen. Didier Millerot von der EU-Kommission sagte auf der BaFin-Konferenz, die Wünsche aus Deutschland seien wohl angekommen. Zusagen machte er allerdings nicht. Die Kommission will ihre Vorschläge für die Solvency-II-Reform Ende Juli präsentieren.

Auf nationaler Ebene beschäftigt Branche und Politik das Thema Provisionsdeckel. Finanzstaatssekretär Jörg Kukies sprach sich deutlich für eine Deckelung der Provisionen in der Lebensversicherung aus: „Es ist das Ziel, überhöhte Provisionen für den Versicherungsschutz zu vermeiden.“ Es sei bedauerlich, dass von manchen das Interesse an hohen nominalen Provisionssätzen über das Interesse der Altersvorsorge gestellt wird. Kukies bezeichnete es als wichtigen Schritt, dass die Deckelung der Provisionen für Restschuldversicherungen jetzt auf den Weg gekommen und im parlamentarischen Prozess sei. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass weitere Schritte folgen werden.“