Marktprognose

Neugeschäft der Immobilien­kredite kühlt deutlich ab

Steigende Zinsen sorgen zwar vorerst für keinen Preisrutsch der Immobilien, allerdings lässt die Kreditnachfrage spürbar nach. Die Pfandbriefbanken sehen den Markt für Wohnkredite erstmals seit 2009 vor einem Rückgang.

Neugeschäft der Immobilien­kredite kühlt deutlich ab

jsc Frankfurt

Das Neugeschäft mit Baukrediten wird laut Prognose der Pfandbriefbanken in der zweiten Jahreshälfte spürbar nachgeben: Denn obwohl das Zusagevolumen im wichtigen Segment der Wohnimmobilienkredite im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3% auf 140 Mrd. Euro zulegte, dürfte das Neugeschäft auf Gesamtjahressicht „leicht“ sinken, wie der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) am Mittwoch berichtete – für die zweite Jahreshälfte ergibt sich im Vorjahresvergleich somit rechnerisch ein stärkerer Rückgang.

279 Milliarden Euro vergeben

Im vergangenen Jahr hatten die deutsche Kreditwirtschaft und Assekuranz insgesamt 279 Mrd. Euro für Wohnkredite ausgereicht. Seit 2009 sind die Neuzusagen auf Jahressicht nicht mehr gefallen. Vor allem die Zinswende bremst nun das Neugeschäft, wie die Analysten Hildegard Höhlich und Thomas Hofer im „Spotlight“-Bericht ausführen.

Durch eine steigende Zinslast fielen demnach sogenannte Schwellenhaushalte, die schon bei niedrigen Zinsen eine bestimmte Immobilie nur mit Mühe finanzieren können, als Käufer aus. Lagen die Zinsen für typische Darlehen mit zehnjähriger Bindung nach Angaben des Kreditvermittlers Interhyp zu Jahresbeginn bei etwa 1,0%, so erreicht das Niveau mittlerweile etwa 3,2%. Für die Haushalte stieg die Zinslast damit um mehr als das Doppelte. Die Zinswende fällt bei einer typischen Finanzierung mit mehreren Hundert Euro im Monat ins Gewicht, wie der VDP vorrechnet.

Preise dämpfen Nachfrage

Zwar steigt mit den hohen Preisen auch der Finanzierungsbedarf für jedes einzelne Objekt – trotzdem trägt das Preisniveau offenbar nicht wesentlich zur Kreditnachfrage bei. Privatleute verhandelten vermutlich stärker über die Preise der Objekte, schreibt der Verband. Das ziehe auch den Verkaufsprozess „spürbar“ in die Länge. Insgesamt sind die Preise für selbst genutztes Wohneigentum allein auf Sicht von sechs Monaten zuletzt um 5% gestiegen. Der Verband erwartet in naher Zukunft allerdings geringere Preissteigerungen.

Ein rückläufiges Neugeschäft sehen die Analysten auch für Kredite an Gewerbeimmobilien. Hier belastet vor allem die Konjunktur. Büro­objekte leiden demnach unter einer Zurückhaltung neuer Mieter, während der Einzelhandel wegen der Inflation mit einer schleppenden Konsumnachfrage konfrontiert ist. In der Pandemie sind die Preise für Einzelhandelsimmobilien bereits tief gefallen, während die Werte von Büroobjekten zeitweilig stagnierten. Im ersten Halbjahr kamen mit 24 Mrd. Euro ähnlich viele Mittel für Neuzusagen zusammen wie im Vorjahr. Insgesamt ist der Kreditmarkt für Gewerbeimmobilien deutlich kleiner. Im Wohnsegment spielen Kredite auch anteilig eine viel größere Rolle.

Für die Zusagestatistik werten die VDP-Analysten Daten von Bundesbank und Branchenverbänden aus. Auch Kredite für Bau, Instandhaltung und Modernisierung fließen ein, Kreditablösungen werden jedoch nicht mitgezählt.

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