Assetmanagement

„Position beziehen“

In seinem diesjährigen Schreiben an die Chefs der großen Unternehmen der Welt fordert BlackRock-Gründer Larry Fink von ihnen, mehr Position zu beziehen in Zeiten von zunehmender Polarisierung der Gesellschaft.

„Position beziehen“

sto Frankfurt

BlackRock-Gründer Larry Fink hat in seinem jährlichen Brief an die Chefs der weltweit größten Konzerne, bei denen der Fonds­gigant investiert ist, eine verantwortungsvollere Form von Kapitalismus und Unternehmensführung mit Blick auf Mitarbeiter und Gesellschaft angemahnt. „Beschäftigte sehen ihr Unternehmen zunehmend als die vertrauenswürdigste, kompetenteste und ethischste Informationsquelle an, der sie mehr vertrauen als Regierungen, Medien und Nichtregierungsorganisationen“, schreibt der BlackRock-Chef. „Nie war es für CEOs von größerer Relevanz, Position zu beziehen und einen klar definierten Unternehmenszweck, eine kohärente Geschäftsstrategie sowie eine langfristige Perspektive zu haben.“ Angesichts einer zunehmenden Fluktuation müssten die Bedürfnisse der Mitarbeiter wie Kinderbetreuung und psychische Gesundheit viel stärker als bislang in den Blick genommen werden.

Wegen der pandemiebedingten Umwälzungen sowie der Polarisierung der Gesellschaft ist es nach Worten Finks für Unternehmenslenker umso dringlicher, zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen Stellung zu beziehen. Allerdings erteilt er überzogenen Erwartungen an den Stakeholder-Kapitalismus eine Absage, die politische oder ideologische Motive von Firmen fordern. „Beim Stakeholder-Kapitalismus geht es nicht um Politik. Auch nicht um eine soziale oder ideologische Agenda. Er ist auch nicht ‚woke‘. Er ist Kapitalismus, angetrieben von Beziehungen von gegenseitigem Nutzen zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern, Kunden, Zulieferern und Gemeinschaften, ohne die Ihr Unternehmen nicht erfolgreich sein und gedeihen kann. Das ist die Kraft des Kapitalismus.“

Zehn Jahre alte Tradition

Die 1988 gegründete weltgrößte Fondsgesellschaft verwaltet Kundengelder in Höhe von zuletzt 10 Bill. Dollar und gehört zu den größten Anteilseignern vieler großer Unternehmen auf der Welt. Dies ist auch dadurch bedingt, dass BlackRock größter Anbieter von Indexfonds ist, weswegen die Anteile von BlackRock an den Unternehmen damit automatisch je nach Indexgewichtung vorgegeben und weniger Folge einer aktiven Entscheidung von Fondsmanagern sind. Vor zehn Jahren etablierte Fink die Tradition, zu Jahresbeginn einen Brief an die Unternehmensführungen zu schreiben, um den Dialog zwischen dem Assetmanager und den Firmen zu intensivieren – auch als Vorbereitung direkter Gespräche und von Hauptversammlungen.

Fink zeigt sich als glühender Anhänger des Kapitalismus: „Ich bin überzeugt, dass der Kapitalismus jedem Einzelnen zu einer besseren Zukunft verhelfen, Innovationen fördern­, Volkswirtschaften widerstandsfähig machen und einige unserer schwierigsten Herausforderungen lösen kann.“ Dies gelte auch mit Blick auf die notwendige Dekarbonisierung der Wirtschaft, wobei Fink hier den Marktkräften nicht alles allein überlassen will, sondern die Politik in der Verantwortung sieht und für öffentlich-private Partnerschaften bei Investitionen plädiert.

Alle Menschen müssten während einer Transformation aber weiterhin Zugang zu einer verlässlichen und erschwinglichen Energieversorgung haben, so Fink, eine grüne Wirtschaft dürfe niemanden zurücklassen und damit sozialen Unfrieden stiften. Für bezahlbare Energie seien als Übergang auch fossile Brennstoffe wie Erdgas nötig. Regierungen müssten den Weg weisen, eine einheitliche Taxonomie schaffen, Gruppen unterstützen, die vom Übergang besonders betroffen sind, sowie Kapital für Schwellenländer mobilisieren.

BlackRock habe die Nachhaltigkeit als „Kapitalist und Treuhänder“ ins Zentrum gerückt, weil die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft „die größte Anlagechance unserer Zeit“ sei. Der Wandel berge enorme Chance für innovationsfreudige Unternehmen wie auch für Neulinge. „Die nächsten 1 000 ‚Einhörner‘ werden weder Suchmaschinen noch Social-Media-Unternehmen sein, sondern nachhaltige, anpassungsfähige Innovatoren: Start-ups, die Lösungen für den Verzicht auf fossile Brennstoffe entwickeln und die Energiewende für alle erschwinglich machen.“ CO2-intensive Branchen wie Öl und Gas dagegen bräuchten Kapital für den Wandel, dafür wolle BlackRock mit ihren Investments weiter sorgen.