Wirecard-Prozess

Richter widerspricht Ex-Wirecard-Chef Braun

Die frühere Ad-hoc-Mitteilung von Wirecard, eine Sonderuntersuchung von KPMG habe keine Belege für Bilanzmanipulation gefunden, bringt den damaligen Konzernchef Markus Braun in Erklärungsnot. Im Münchener Betrugsprozess zeigt sich Richter Markus Födisch skeptisch.

Richter widerspricht Ex-Wirecard-Chef Braun

Reuters München

Im Münchner Betrugsprozess um die milliardenschwere Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard widerspricht das Gericht Äußerungen des angeklagten Ex-Konzernchefs Markus Braun. Der 53-Jährige und sein Verteidiger Alfred Dierlamm bekräftigten am Donnerstag, Braun habe für seine Darstellung der Konzernlage in einer Börsenmitteilung zwei Monate vor dem Zusammenbruch keine Vorgaben des Aufsichtsrats erhalten. „Es geht doch nicht um eine Empfehlung oder Vorgabe, sondern um die Frage, ob das richtig oder falsch ist“, sagte der Vorsitzende Richter Markus Födisch. Der frühere Wirecard-Chef konnte damit zunehmende Zweifel des Richters an seinen Angaben nicht ausräumen.

Braun hatte in der Ad-hoc-Mitteilung am 22. April 2020 erklärt, eine Sonderuntersuchung bei dem Dax-Konzern habe keine Belege für eine Bilanzmanipulation gefunden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft lag das jedoch daran, dass die Prüfgesellschaft KPMG keinen umfassenden Einblick bekommen habe. Später musste Braun einräumen, dass auf Treuhandkonten 1,9 Mrd. Euro fehlten. Laut Staatsanwaltschaft sollen Braun und zwei weitere Angeklagte die Summe erfunden haben und deswegen der Bilanzfälschung, der Marktmanipulation und des Bandenbetrugs schuldig sein. Braun erklärt, das Geld habe existiert und sei hinter seinem Rücken veruntreut worden.

Staatsanwalt Matthias Bühring präsentierte in der Verhandlung vor dem Landgericht München am Donnerstag Dokumente der Prüfer und des Aufsichtsrats, die sich damals entsetzt über Brauns Ad-hoc-Mitteilung äußerten. „Diese Darstellung entspricht nicht unserer Wahrnehmung“, schrieb ein KPMG-Prüfer in einer E-Mail an Braun, die Bühring auf eine Leinwand projizierte. Dem Protokoll einer Aufsichtsratssitzung zufolge war das gesamte Gremium „überrascht darüber, dass die Empfehlungen des Aufsichtsrats vom Vorstand bei der Formulierung der Mitteilung nicht berücksichtigt wurden“. Richter und Staatsanwaltschaft sehen darin einen Widerspruch zu Brauns Angaben, dass ihm Prüfer und Aufsichtsrat freie Hand gelassen hätten und die Formulierung seiner Mitteilung gerechtfertigt gewesen sei.

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