Bundesgerichtshof

Schlappe für Sparkassen im Prämiensparstreit

Im Streit über Zinsen in uralten Prämiensparverträgen zeichnet sich für die Kreditwirtschaft, vor allem Sparkassen, eine Forderungswelle ab. Der Bundesgerichtshof hat die gängige Zinsberechnung verworfen.

Schlappe für Sparkassen im Prämiensparstreit

jsc Karlsruhe

Im Streit über die Zinsen für uralte Prämiensparverträge muss sich die Kreditwirtschaft, allen voran die Gruppe der Sparkassen, auf hohe Nachzahlungen gefasst machen: Die verbreitete Methode der Zinsberechnung für die mittlerweile oft schon gekündigten Verträge ist nicht zulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in einem Musterfeststellungsverfahren gegen die Sparkasse Leipzig deutlich gemacht hat (XI ZR 234/20).

Das Gericht weist den Fall zurück an das Oberlandesgericht Dresden, formuliert dazu aber einige Grundsätze: Der Zinsabstand zum Referenzwert, auf den sich ein Kreditinstitut bezieht, darf demnach nicht „absolut“, also eins zu eins, sondern nur „relativ“, also anteilig nachgezeichnet werden – nach Jahren sinkender Zinsen läuft dieses Prinzip auf hohe Nachforderungen hinaus. „Ein absolut gleichbleibender Abstand zum Referenzzinssatz kann bei sinkenden Zinsen nicht nur zu einer im Verhältnis zum Vertragszins überzogenen Marge führen, sondern birgt die Gefahr einer negativen Verzinsung des angesparten Kapitals“, sagte der vorsitzende Richter Jürgen­ Ellenberger. Eine Bank dürfe das Grundgefüge nicht zu ihren Gunsten verändern. Die Sparkasse Leipzig und der Sparkassenverband DSGV hatten argumentiert, dass ein absoluter Zinsabstand, der Banken eine stetige Marge erlaubt, angemessen sei. Das Oberlandesgericht muss nun verhandeln, wie der zugrundeliegende Referenzwert berechnet wird.

Auf die Institute kommen im äußersten Fall Forderungen in Milliardenhöhe zu. Die Verbraucherzentralen zählen bundesweit etwa eine Million betroffene Verträge und haben für Sachsens Sparkassen einen Nachzahlungsanspruch von durchschnittlich 3600 Euro errechnet. Der Streit dreht sich um Verträge, die vielfach bereits vor der Jahrtausendwende abgeschlossen wurden und für die es keine ausdrückliche Zinsvereinbarung gibt. Der BGH hatte 2004 entschieden, dass Banken die Zinsen nachvollziehbar an Referenzwerte koppeln müssen. Wegen zusätzlicher Prämien auf eingezahlte Beiträge waren die Sparpläne für Kunden zuletzt sehr attraktiv. Institute haben die Verträge inzwischen im großen Stil gekündigt.

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