Prämiensparverträge

Urteil ohne Sieger

Das Prämiensparurteil des Bundesgerichtshofs ist für Banken und Sparkassen schmerzhaft. Doch auch die vielen Sparer, die sich hinter den Verbraucherzentralen scharen, können nicht zufrieden sein.

Urteil ohne Sieger

Wenn Worte schmerzen könnten, hätten sich Sparkassenvertreter am Mittwoch im Sitzungssaal E 101 des Bundesgerichtshofs um 11:22 Uhr sichtbar gewunden: „Die Zinsänderung muss das Äquivalenzverhältnis beachten“, sprach Jürgen Ellenberger, Vizepräsident des Gerichtshofs und Vorsitzender des zuständigen elften Zivilsenats – und traf damit einen Nerv. Für die uralten Prämiensparverträge muss die beklagte Sparkasse Leipzig nämlich voraussichtlich Zinsen nachbezahlen. Denn Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus hätte sie nicht „absolut“, also eins zu eins auf den Vertragszins übertragen dürfen, sondern nur anteilig, also „relativ“ nach dem Äquivalenzprinzip. Bei allgemein fallenden Zinsen wirkt sich das zulasten von Sparkassen und Banken aus. Und weil vergleichbare Verträge um die Jahrtausendwende landauf, landab verkauft worden sind – vor allem von Sparkassen, aber auch von einigen Kreditgenossenschaften –, drohen der Branche schmerzhafte Nachforderungen, die sich auf einen Milliardenbetrag summieren könnten. Autsch!

Vorteilhaft ist das Urteil also für die vielen Prämiensparer, von denen sich Tausende hinter den Musterfeststellungsklagen der Verbraucherzentralen versammelt haben oder künftig mithilfe spezialisierter Anwälte auf die Geldhäuser zugehen werden. Doch eindeutig gesiegt haben auch sie nicht: Denn der Bundesgerichtshof weist den Fall zurück an das Oberlandesgericht Dresden, wo nun weiterverhandelt wird. Der Referenzzins steht dabei noch nicht endgültig fest. Es sollte ein langfristiger, öffentlich zugänglicher Wert sein, wie Ellenberger bekräftigte, doch die genaue Entscheidung steht aus. Schnelle Klärung? Nicht aus Karlsruhe!

Ewig lange Verfahren sind ein Nachteil: In einem Nullsummenspiel wie der Zinsberechnung wird immer die eine Partei zulasten der anderen profitieren, ob nun die Sparkasse oder ihre Kunden, aber anhaltende Unklarheit ist unter dem Strich immer ein Nachteil. Es ist eben nicht der größtmögliche Nutzen eines Urteils, sondern eine möglichst hohe Konsistenz juristischer Prinzipien, die im Gerichtssaal ausschlaggebend ist. Ein Pauschalurteil fällt der elfte Zivilsenat nicht, einzelne Aspekte der Verjährung und Verwirklichung etwa sind demnach nicht verallgemeinerungsfähig. Das Urteil lässt einige Unschärfen.

Somit geht der Streit in die nächste Runde. Ein Krieg der Experten vor dem Oberlandesgericht Dresden ist programmiert. Trotz eines Urteils ohne Sieger steht damit schon fest, wer profitieren wird: die Gutachter.