GASTBEITRAG

Von betrieblicher Vorsorge zurück zum Kerngeschäft

Börsen-Zeitung, 9.10.2020 Angesichts von Corona, anhaltenden Niedrigzinsen und der demografischen Entwicklung sehen sich viele Unternehmen mit Herausforderungen für ihre betriebliche Altersversorgung konfrontiert. Da kann es sich auszahlen,...

Von betrieblicher Vorsorge zurück zum Kerngeschäft

Angesichts von Corona, anhaltenden Niedrigzinsen und der demografischen Entwicklung sehen sich viele Unternehmen mit Herausforderungen für ihre betriebliche Altersversorgung konfrontiert. Da kann es sich auszahlen, rechtzeitig Alternativen zur Deckung der Versorgungszusagen auf den Weg zu bringen. In Deutschland entfällt aktuell bereits fast die Hälfte der Deckungsmittel auf Direktzusagen. Hierzu zählt auch das Contractual Trust Arrangement (CTA), auch als “Treuhandmodell” bekannt. Welche Vorteile ergeben sich durch die Auslagerung von Pensionsrückstellungen per Treuhandvertrag? Wie genau funktioniert ein CTA, was gilt es zu beachten? Sicherheit hat Priorität Pensionspläne müssen gut durchdacht und risikooptimiert gestaltet werden. Priorität hat stets die Absicherung der erworbenen Rentenansprüche. Das ist nicht neu. Die Coronakrise unterstreicht diese Notwendigkeit. Auch wenn die sich stetig wandelnden gesetzlichen und regulatorischen Veränderungen die Unternehmen dazu zwingt, der eigenen betrieblichen Altersvorsorge (bAV) eine gewisse Aufmerksamkeit zu schenken: Die strategische Bedeutung zur Bindung der Mitarbeiter und Gewinnung neuer Beschäftigter wird oftmals unterschätzt sowie Chancen, die in der Ausfinanzierung der Versorgungszusagen liegen, werden ungenutzt gelassen. Wie kann das geändert werden?Das Contractual Trust Arrangement überzeugt mit dem Treuhand-Prinzip: Der Treuhänder gewährleistet, dass das bereit gestellte Kapital ausschließlich für die Abdeckung der Pensionsverpflichtungen verwendet wird. So sind die Rentenansprüche des Versorgungsberechtigten geschützt, falls sein Arbeitgeber insolvent werden sollte. Die späteren Betriebsrenten sind diesbezüglich also sicher. Bei der Fachkräftegewinnung kann dies ein schlagkräftiges Argument zur Mitarbeiterbindung sein. Für die Unternehmen selbst besteht bei einem CTA keine Nachschusspflicht bei Unterdeckung, auch wenn die Beiträge zum Pensions-Sicherungs-Verein sowie etwaige Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern aus Direktzusagen unverändert bestehen bleiben. Alleine oder im Verbund Es gibt zwei CTA-Modelle: Einzel- und Gruppen-CTAs. Jedes Unternehmen hat unabhängig von seiner Größe und auch bei geringen Kapitalvolumina die freie Wahl. Oftmals setzen eher größere Konzerne Einzel-CTAs mit unternehmensspezifischem Zuschnitt um, während kleinere Unternehmen häufiger auf ein Gruppen-CTA zurückgreifen. Wobei sich auch in einem Gruppen-CTA-Mandat eigene Anforderungen definieren lassen, wenn auch meist mit höherem Aufwand und Kosten.Dafür können bei einem Gruppen-CTA bereits vorhandene Strukturen und Angebote genutzt werden. Das wiederum bedeutet, dass alle damit verbundenen Prozesse und Aufgaben aus dem Unternehmen ausgelagert und vom Anbieter erledigt werden. Letztlich liegen der Entscheidung – ob Einzel- oder Gruppen-CTA -, eine individuelle Ausgangssituation, eine überschlägige Kosten-Nutzen-Abwägung sowie die mit der Auslagerung verknüpften Ziele zugrunde.Wenn sich ein Unternehmen für ein CTA entscheidet – unabhängig ob Einzel- oder Gruppen-CTA -, werden die Pensionsrückstellungen per Treuhandvertrag an einen Dritten ausgelagert. Die Rückstellungen werden somit nicht mehr in der eigenen Handelsbilanz ausgewiesen. Über diese gezielte Bilanzverkürzung können verschiedene betriebswirtschaftliche Kennzahlen im eigenen Betrieb optimiert werden: Erstens verbessert das Unternehmen die Bilanzkennzahlen, zweitens erhöht es die Eigenkapitalquote und damit indirekt auch das Kreditrating, und drittens sinken die Kosten für eine mögliche Refinanzierung. Neben diesen kalkulatorischen Vorteilen bietet ein CTA weitere Vorteile für das Unternehmen und deren Mitarbeiter, um effizientes Sparen für das Alter zu ermöglichen. Denn auch bei der Betriebsrente greifen – spätestens in der Auszahlungsphase – zwei wesentliche Faktoren ineinander: Einerseits die Zinsen bzw. die zu erwirtschaftende Rendite sowie andererseits die gestiegene Lebenserwartung.Der größere Gestaltungsspielraum, den ein CTA beispielsweise durch eine freiere Auswahl der Kapitalanlage bietet, kann sich in der Kapitalanlage auszahlen. Zumal bei diesem Modell auch die Versicherungsaufsicht entfällt und CTAs somit weniger Beschränkungen als andere Konstrukte zur Alterssicherung unterliegen. Dadurch lassen sich anlagestrategische Entscheidungen in einem größeren Rahmen treffen – dazu zählen unter bestimmten Umständen auch Investitionen in das eigene Unternehmen.Oftmals haben sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber die Vorteile erkannt, die sich aus einer Anlage an den Kapitalmärkten ergeben. Ein Großteil wird nicht vom Unternehmen selbst erbracht, sondern von professionellen Assetmanagern. So ermöglicht das Konstrukt CTA den Ausgleich zwischen verschiedenen Anlageklassen und einer kontinuierlichen Justierung im Hinblick auf Marktszenarien oder Sicherheitsbedürfnisse der Versorgungsberechtigten. Nachhaltige AlternativeEs entstehen Anlagemöglichkeiten mit besseren Renditechancen für das gebildete Deckungskapital: globaler, diversifizierter und mit aussichtsreichen Ertragschancen. In Zeiten anhaltender Niedrigzinsen ein echter Mehrwert. Auch die Nachhaltigkeit in der Anlage wird seitens der Versorgungsberechtigten immer mehr nachgefragt und eingefordert. Dies können die Assetmanager über ESG-Faktoren in der Anlage zielgerichtet und passgenau steuern.Während in der Vergangenheit oft eine Vielzahl unterschiedlicher Publikumsfonds in Betracht gezogen wurde, fließen immer häufiger auch Spezial-Sondervermögen – etwa ein Spezial-AIF nach deutschem oder vergleichbare Vehikel nach Luxemburger Recht – in die Überlegungen ein. Die Motive für diese Verschiebung reichen von einer höheren Flexibilität sowie Kosteneinsparpotenzial bis hin zu der Möglichkeit, individuelle Wünsche wie beispielsweise die Implementierung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen zu können. Fokus aufs Kerngeschäft Mit der Auslagerung der Pensionsrückstellungen per CTA können sich Unternehmer auf ihre Kernkompetenzen besinnen und sich auf die Entwicklung von Produkten, Lösungen oder Dienstleistungen sowie deren Vertrieb an ihre Bestands- und Neukunden konzentrieren. Über die verbesserten Bilanzkennzahlen und der damit einhergehenden, höheren Eigenkapitalquote kann auch indirekt das Kreditrating des Unternehmens verbessert werden.Zudem lässt sich das Treuhandprinzip der CTAs auch beim Employer Branding nutzen, um sich als attraktiver Arbeitgeber im Markt von Wettbewerbern positiv abzuheben und Mitarbeitern langfristige Perspektiven zu bieten. Darüber hinaus ist der ESG-Bezug nicht zu unterschätzen: Insbesondere gegenüber den Mitarbeitern ist der Nachhaltigkeitsbezug in der bAV ein wichtiger Aspekt, nicht zuletzt bestärkt durch die Coronakrise. Daniel Schepp, Deputy Head Business Development & Sales Germany/Austria der Caceis Bank