Leasing

Wechsel an Grenke-Spitze überrascht

An der Spitze der wegen ihrer Bilanzierung in die Kritik geratenen Grenke AG in Baden-Baden kommt es zu einem überraschenden Wechsel. Nachdem Antje Leminsky um die Aufhebung ihres Dienstvertrages, der noch bis 2023 gelaufen wäre, gebeten hatte, übernimmt mit Michael Bücker ein ehemaliger Landesbanker den Vorstandsvorsitz.

Wechsel an Grenke-Spitze überrascht

spe Stuttgart

Die 50-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin Antje Leminsky habe „aus persönlichen Gründen“ entschieden, die Grenke AG zum 30. Juni 2021 zu verlassen, teilt der Aufsichtsrat des Leasingspezialisten mit. Leminsky gehörte dem Vorstand acht Jahre an, davon drei an seiner Spitze. Zum 1. August übernimmt nun Michael Bücker, der per Ende März als Firmenkundenvorstand bei der BayernLB ausgeschieden war, den Vorstandsvorsitz bei Grenke. Aus seiner Tätigkeit im Leasing und Corporate Finance kenne er die Grenke AG schon seit vielen Jahren sehr gut, sagte der 59-Jährige laut Mitteilung. Und: Die Historie und der starke Kern des Geschäftsmodells seien für ihn absolut überzeugend.

Wie in Baden-Baden versichert wurde, hat Leminskys Demission nichts mit den seit Monaten laufenden Sonderprüfungen wegen Vorwürfen der Bilanzfälschung zu tun. Vielmehr bedankte sich der Aufsichtsratsvorsitzende Ernst-Moritz Lipp sehr für Leminskys engagierten Einsatz bei der Abwehr des Shortseller-Angriffs unter Führung des Briten Fraser Perring. In einem Mitarbeiter-Brief, der der Börsen-Zeitung vorliegt, bezeichnete Leminsky selbst die Aufarbeitung der Vorwürfe, die seit September 2020 andauert, als den bislang schwersten Kampf ihres Lebens. Es sei für sie selbstverständlich gewesen, auf der „Brücke“ zu stehen, Verantwortung zu übernehmen und Grenke gemeinsam mit ihren Kollegen im Vorstand durch die stürmische See zu navigieren, schreibt Leminsky weiter.

Ungeachtet dessen, ob der Schritt der Vorstandschefin auf eigenen Wunsch erfolgt ist, gab es gestern unter Kapitalmarktexperten auch Stimmen, die den Rücktritt der Chefin als „überfällig“ kennzeichneten. Die hinter vorgehaltener Hand geäußerte Kritik entzündet sich insbesondere daran, dass an vielen Stellen noch genau jene Funktionsträger tätig sind, mit denen der Aufbau eines verwirrenden, intransparenten Franchisesystems von Grenke möglich geworden ist. Gleichzeitig wurde der Umstand, dass mit Bücker endlich geballte externe Expertise in den Vorstand einzieht, ausdrücklich begrüßt. Nach der bevorstehenden Rochade an der Führungsspitze zeigten sich die Anleger an der Börse allerdings eher skeptisch. So verlor der Kurs der Grenke-Aktie am Dienstag rund 2,5% auf ein Niveau von 36,50 Euro. Damit notiert die Aktie mit rund 48% weit unter dem Level von vor der Shortseller-Attacke.

Bisher hat die Krise bei der wegen ihrer Bilanzierung in die Kritik geratenen Grenke AG zu mehreren personellen Wechseln geführt. Zunächst ließ Unternehmensgründer Wolfgang Grenke bereits im September seine Funktion als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ruhen, um später zu verkünden, dass er auf der Hauptversammlung am 6. August das Mandat künftig zugunsten seines ältesten Sohnes Moritz Grenke (Jahrgang 1985) aufgeben werde. Damit bleibt das Mandat aber im „family club“, wie ein Kritiker es nennt. Per Januar 2021 konnte schließlich Isabel Rösler als neue Risikochefin gewonnen werden. Im Februar musste dann das langjährige Vorstandsmitglied Mark Kindermann gehen, nachdem die von Grenke selbst beauftragten Prüfer eine Mängelliste in den Bereichen Compliance und Interne Revision zusammengetragen hatten. Und nun folgt eben mit der Ablösung von Leminsky durch Bücker der nächste Wechsel.

Das Leasingunternehmen war im September 2020 mit seinem Geschäftsmodell und der Behandlung von Franchisegesellschaften ins Visier von Leerverkäufern geraten, die dem Unternehmen seitdem Manipulation bei der Bilanzierung vorwerfen. Inzwischen hat die in diesem Kontext von der Finanzaufsicht BaFin mandatierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars ihre Arbeit beendet. Nun erwartet Grenke, mit der BaFin in einen Abstimmungsprozess über die Berichte von Mazars zu treten.

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