Lkw-Industrie

Mehr Risiken für Daimler Truck

Der hohe Dieselpreis bringt Speditionen und Lieferketten in Nöte, der Branchenverband schlägt Alarm. Bisher ist die Nachfrage nach Lkw noch höher als das Angebot.

Mehr Risiken für Daimler Truck

Von Joachim Herr, München

Gut drei Monate nach der Erstnotiz rückt die Daimler Truck AG am kommenden Montag in den Dax auf. Mit einer Marktkapitalisierung von aktuell rund 20 Mrd. Euro hat der Lkw- und Bushersteller etwas weniger als ein Drittel des Werts der Mercedes-Benz Group, wie die ehemalige Daimler AG seit Anfang Februar heißt. Nach der Abspaltung des Nutzfahrzeuggeschäfts lief es für Daimler Truck an der Börse zunächst glatt. Vom Eröffnungskurs von 28 Euro zum Börsenstart am 10. Dezember ging es bis Mitte Januar auf den bisherigen Höchststand von 35,44 Euro, ein Anstieg von immerhin mehr als einem Viertel.

Logistikverband schlägt Alarm

Seitdem verlor der Wert mit dem Markt, beschleunigt nach dem Militärangriff Russlands auf die Ukraine. Vom Tief bei 22 Euro Anfang März hat sich der Kurs mittlerweile auf 24 Euro erholt. Die zögerliche Aufwärtsbewegung spiegelt die Risiken wider, die Folgen des Kriegs sind. Schon im vergangenen Jahr trübte der Halbleitermangel auch das Geschäft der Nutzfahrzeughersteller, die wie die Autokonzerne die Nachfrage nicht vollständig bedienen konnten. Diesen Engpass gibt es nach wie vor.

Nun stellt sich zudem vor allem die Frage, was der stark gestiegene Dieselpreis für die Kunden, an erster Stelle Speditionen, bedeutet. Der Logistikverband BGL schlug in diesen Tagen Alarm: Die Branche befinde sich im Existenzkampf und sei mit Herausforderungen in einem nicht gekannten Ausmaß konfrontiert. Vorstandssprecher Dirk Engelhardt sagte: „Die Betriebe sind wirklich verzweifelt.“ Aus seiner Sicht geht es auch um die gesamte Wirtschaft, denn ohne ausreichende Transportkapazitäten drohe ein Kollaps der Lieferketten. Die Nutzfahrzeughersteller träfe eine Notlage von Kunden deshalb also gleich doppelt.

Der Konkurrent Traton, die Nutzfahrzeugholding von Volkswagen, stellte wie viele andere Unternehmen in dieser Woche seine Geschäftsprognose unter den Vorbehalt des „weiteren Verlaufs des Kriegs und insbesondere der Auswirkungen auf die Lieferketten und die Weltwirtschaft insgesamt“ (vgl. BZ vom 16. März). Martin Daum, der Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck, dürfte am kommenden Donnerstag in der Bilanzpressekonferenz ähnliche Worte für den Ausblick wählen.

Bisher freut sich die Branche über ein dickes Auftragspolster. Traton-Vorstandschef Christian Levin be­richtete, das Orderbuch sei so gut gefüllt wie noch nie. Für dieses Jahr rechnet das Unternehmen mit einem sehr starken Anstieg des Absatzes – freilich steht die Prognose unter Vorbehalt. Daimler Truck hat bisher für das vergangene Jahr die Verkaufszahlen veröffentlicht: Der Ab­satz stieg um rund 20% auf 455000 Einheiten. Das ist ein kräftiger Zuwachs, doch die Zahl liegt noch um 13% unter dem Wert von 2019. Versorgungsengpässe hätten vor allem das Absatzwachstum schwerer Lkw in den USA und in Europa gebremst, berichtete Daimler Truck Mitte Januar.

Auf der Ertragsseite strebte das Unternehmen für das vergangene Jahr eine bereinigte Umsatzrendite – bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern – von 6 bis 8% an. Und auf dem Kapitalmarkttag im November wurde schon das Ziel für 2022 gesteckt: 7 bis 9%.

Als Reaktion auf die stark gestiegenen Preise für Rohmaterial kündigte der Vorstand damals „deutliche Preiserhöhungen“ an. Da sich die Preise für Bestellungen nicht nachträglich erhöhen lassen, rechnet das Management erst im kommenden Jahr mit einem Ausgleich.