Home Depot

Solide, aber recht teuer

Home Depot und seine Aktionäre haben von der Pandemie profitiert. Das Unternehmen ist solide aufgestellt, die Aktie ist allerdings derzeit nicht gerade günstig bewertet.

Solide, aber recht teuer

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

In Zeiten von Lockdowns und pandemiebedingter Einschränkung der Freizeitmöglichkeiten neigen viele Menschen dazu, ihre unmittelbare Umgebung, also Haus und Wohnung, zu verschönern. Während der Einzelhandel generell unter der Seuche gelitten hat, konnten die Baumärkte davon erheblich profitieren. Dies gilt auch für den größten Baumarktkonzern der Welt, die amerikanische Home Depot. Dies ist auch an der Aktienkursentwicklung gut ablesbar. Obwohl das Unternehmen eindeutig kein Internet- oder Technologiewert ist, verteuerte sich die Aktie auf Sicht von einem Jahr um 33%. Zum Vergleich: Der Benchmark-Index Standard & Poor’s 500 (S&P500) kommt auf 32%. Seit Jahresanfang ergibt sich sogar eine deutlich bessere Performance, denn Home Depot legte um 38% zu, der S&P500 nur um 24%. Mit 375,15 Dollar markierte die Aktie jüngst ein Allzeithoch.

Home Depot betreibt mehr als 2200 Baumärkte und beschäftigt mehr als 400000 Mitarbeiter. Gegründet wurde das Unternehmen 1978 mit dem Ansatz, über deutlich größere Märkte als die Konkurrenz größere Mengen umzusetzen als die Wettbewerber. Bereits 1989 war Home Depot das größte US-Unternehmen im Bereich „Home Improvement“. Im Geschäftsjahr 2020/21 (31. Januar) liefen Erlöse von 132,1 Mrd. Dollar auf, im Pandemiejahr eine deutliche Steigerung gegenüber der Vorperiode um stattliche 19,9%. Sowohl die Bruttomarge von 34% als auch die Nettomarge von 9,7% können sich für einen Einzelhändler sehen lassen. Im letzten Quartal per Ende Juli hat sich allerdings das Wachstum abgeflacht. Auf vergleichbarer Fläche ergab sich nur noch ein Anstieg um 4,5%. Am Tag der Veröffentlichung des Quartalsergebnisses gab der Aktienkurs um 4,3% nach.

Profis kaufen mehr

Interessant ist dabei, welche Kundengruppen weniger gekauft haben und welche mehr. So teilt der Konzern mit, dass typischerweise von Privatkunden nachgefragte Produktgruppen weniger gekauft wurden, dass aber Bauunternehmer und Handwerker mehr umsetzten. Diese Kundengruppe macht zwar nur 4 bis 5% aller Kunden aus, sie steht aber für 45% der Erlöse. Und sollte die vierte Pandemiewelle wieder für erhebliche Einschränkungen für die Bevölkerung sorgen, könnte Home Depot wieder profitieren. Dies dürfte sich aber noch nicht in den Ergebnissen des laufenden Quartals zeigen, sondern erst danach. Für das in Kürze zu Ende gehende Quartal rechnen Analysten mit einem Umsatzanstieg um 5%. Dies entspricht allerdings dem langfristigen Durchschnitt, 2020 war eine Ausnahmeerscheinung. Home Depot erweist sich damit als ein krisenfestes und solides Unternehmen. Selbst im schlimmsten Geschäftsjahr 2008, als der US-Immobilienmarkt praktisch zusammenbrach, war der Umsatzrückgang auf vergleichbarer Verkaufsfläche mit 9% noch beherrschbar.

Vor dem Hintergrund der aktuell nachlassenden Dynamik ist die Bewertung allerdings recht anspruchsvoll. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Prognosen der Analysten für die kommenden zwölf Monate liegt bei 26, was sich mit 28 für den S&P500 vergleicht, in dem sich allerdings auch eine ganze Reihe von Technologiewerten befinden. Wettbewerber Lowe’s kommt auf 24, das Unternehmen ist allerdings weniger profitabel. Das durchschnittliche Kursziel der Analystengemeinde liegt mit 358,24 Dollar aber unter dem aktuellen Kurs. Von 34 Banken raten gleichwohl 17 nach wie vor zum Kauf der Aktie, während vier Häuser den Titel mit „Overweight“ einstufen. Allerdings steigt die Anzahl der Einschätzungen mit „Hold“, derzeit sind es schon zwölf, während ein Analyst zum Verkauf rät.

Home Depot weist allerdings zwei Vorteile auf, diese betreffen die gegenwärtig größten Risiken, denen sich der Unternehmenssektor in den USA gegenübersieht. Zum einen hat sich das Unternehmen frühzeitig mit der Beschaffungs- und Logistikkrise auseinandergesetzt, sogar eigene Containerschiffe gechartert und die Vorräte um 40% über Vorjahresniveau hochgefahren.

Zum anderen macht die Inflation insbesondere denjenigen Konzernen zu schaffen, die unter einer schwachen Machtposition gegenüber ihren Lieferanten leiden. Dies gilt jedoch für Home Depot als die mit Abstand größte Baumarktkette gerade nicht, sodass die Aktie als einer der Werte gilt, die Anlegern eine Absicherung vor der Inflation bieten. Zu berücksichtigen ist auch, dass Home Depot in den vergangenen Jahren stets eine ansprechende Dividende geboten hat. In den letzten fünf Jahren wurden mehr als 15% der Marktkapitalisierung von derzeit 389 Mrd. Dollar in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Aktionäre ausgekehrt. Außerdem dürfte der massive Anstieg der Häuserpreise in den vergangenen Jahrzehnten noch lange nachwirken, da viele Häuser hohe Werte aufweisen und sich dementsprechend zur Finanzierung von Modernisierungen beleihen lassen – was Amerikaner auch stets gern wahrnehmen. Somit dürfte sich zumindest ein Teil des hohen Häuserpreisniveaus in den USA in Umsatz für Home Depot umwandeln lassen.

Das größte Risiko für die Aktie wäre ohne Zweifel ein neuerlicher Crash am amerikanischen Häusermarkt, wie es ihn 2008 gegeben hat. Auch wenn ein solches Ereignis den Konzern sicherlich nicht in den Ruin treiben würde, würde doch eine Neubewertung der Aktie ausgelöst. Aktuell sieht es danach aus, dass auch in den USA der steile Anstieg der Häuserpreise zu einem Ende gekommen ist, die Verkäufe von Wohnhäusern sind aber nur leicht rückläufig. Ein neuerlicher Crash wäre im Fall einer neuen Finanzkrise zu erwarten sowie bei groben Fehlern der US-Notenbank in ihrer Geldpolitik. Beides gilt aktuell als ein eher unwahrscheinliches Szenario.

In diesem Zusammenhang ist ein Blick auf die Bilanz des Konzerns interessant. Per Anfang August wies der Konzern eine Nettoverschuldung von 28,5 Mrd. Dollar auf. Binnen Jahresfrist muss der Konzern Verbindlichkeiten von 26,7 Mrd. Dollar zurückzahlen, was mit Blick auf die Erlöse auch keine Probleme bereiten dürfte: Das Jahresergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist 1,1-mal so groß wie die Nettoverschuldung, während das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) die Zinskosten 17-mal abdeckt. Auch in dieser Hinsicht ist Home Depot also konservativ aufgestellt.

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