Wenn Hurrikans Renditen treiben

Sturmschäden schieben Verzinsung der Cat Bonds an - Überdurchschnittliche Aktivität im Atlantik

Wenn Hurrikans Renditen treiben

Mit Hurrikan “Laura” kommt die Wirbelsturmsaison in den USA jetzt richtig in Gang. Den Küstenregionen drohen hohe Schäden in diesem Jahr, fürchten Wetterexperten. Am Kapitalmarkt könnten die Renditen für Katastrophenanleihen in der Folge steigen. Investoren dürften darauf warten.Von Alex Wehnert, Frankfurt”Hanna”, “Douglas” und “Isaias” haben in diesem Jahr den Auftakt gemacht. Vor der Küste der Vereinigten Staaten sorgten sie für lebensbedrohlich hohe Wellen und trafen mit hoher Geschwindigkeit auf Land. Doch im Vergleich zur Wucht von “Laura”, dem ersten Höhepunkt der diesjährigen US-Hurrikansaison, waren sie wohl nur ein Vorspiel. Der Wirbelsturm der Kategorie 4 traf am Donnerstag in Louisiana mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 km/h auf Land. Die Schadenschätzungen, die die routinierten Risikomodellierungsagenturen bereits im Vorfeld aufboten, beliefen sich auf bis zu 6 Mrd. Dollar.Bei “Laura” wird es nicht bleiben – die amerikanische Wetterbehörde NOAA rechnet bis Ende zum November mit einer überdurchschnittlichen Hurrikanaktivität. Dabei bildete sich der erste Tropensturm im Ozean in diesem Jahr ungewöhnlicherweise bereits im Mai. Das macht sich auch am Markt für Versicherungsverbriefungen (ILS) bemerkbar – besonders im Subsegment der Cat Bonds, mit deren Hilfe Versicherer besonders hohe Risiken aus Naturkatastrophen an den Kapitalmarkt übertragen. Amerikanische Hurrikan- und Erdbebenrisiken dominieren das Segment von jeher. “Der frühe Start der Hurrikansaison wird vermutlich dazu beitragen, dass sich der bestehende Trend zu erheblichen Preisanstiegen gerade in hurrikanexponierten Bonds fortsetzen wird”, prognostiziert die Munich Re. Höhere Preise 2021?Henning Ludolphs, Managing Director und ILS-Experte der Hannover Rück, glaubt aber nicht an eine Umwälzung des Marktes noch im laufenden Jahr. “Alle Bonds, die Hurrikanrisiken abdecken, waren ohnehin schon platziert”, sagt er. Marktteilnehmer könnten kaum auf den vorzeitigen Saisonbeginn reagieren, da neue Platzierungen mindestens fünf bis sechs Wochen in Anspruch nähmen. Erst falls später im Sommer und im Herbst schwere Hurrikanschäden entstünden, werde das die Prämien und in der Folge auch die Renditen der dann neu aufgelegten Cat Bonds im folgenden Jahr in die Höhe treiben. “Dieser Trend hat sich bereits in den vergangenen Jahren gezeigt und kommt sowohl den Rückversicherern als auch den Investoren zugute”, kommentiert Ludolphs. Dadurch werde der Markt auch für opportunistisch motivierte Kräfte wie Hedgefonds etwas interessanter.Während Investoren bei einem großen Teil der festverzinslichen Anlagen vergeblich nach Renditen suchen, erscheinen die Verzinsungen auf Cat Bonds bereits jetzt durchaus attraktiv. Der Swiss Re Global Cat Bond Total Return Index, der auf wöchentlicher Basis einen nach Marktwert gewichteten Korb von Katastrophenanleihen abbildet, ist seit Auflegung im Jahr 2002 kontinuierlich gestiegen – das heißt, die Renditen fielen seitdem in jedem Kalenderjahr positiv aus. Auch 2017, als die versicherten Schäden mit 140 Mrd. Dollar eine Rekordsumme erreichten, stieg der Index um 0,5 %. Die jährliche Performance der Cat Bonds liegt seit 2002 in Dollar gerechnet im Schnitt bei 7 %.Der Markt für Katastrophenanleihen ist allerdings klein und volatil, das Ausfallrisiko hoch. Das große Wachstum verzeichneten in den vergangenen Jahren eher andere Segmente des alternativen Risikotransfermarktes, insbesondere die kollateralisierten Rückversicherungen. Dabei handelt es sich um Deckungsverträge, bei denen Investoren Risikokapital in Höhe der potenziellen Schadensumme bereitstellen. Meist wird das Geld des Kapitalgebers auf einem Treuhandkonto geparkt und verzinst. Für Zedenten stellen sie aufgrund der vollständigen Besicherung ein zunehmend beliebtes Mittel dar, um ihre Risikoabsicherung diversifizierter zu gestalten.Allerdings sind sie laut der Munich Re auch weniger transparent als Katastrophenanleihen, da keine Fremdmodellierung erfolge und kein Prospekt erstellt werde. Zudem existiere für besicherte Rückversicherungen kein Sekundärmarkt, was sie illiquide mache. Die Wahrscheinlichkeit einer Schadensbelastung sei im Vergleich zu Cat Bonds zudem höher.Im aktuellen Marktumfeld könnte dieses geringere Risiko für Cat Bonds nun ein wichtiger Faktor werden. “Das Coronavirus sorgt am Versicherungsmarkt derzeit für große Unsicherheit”, sagt Hannover-Rück-Experte Ludolphs. Für viele Versicherungsnehmer sei oft unklar, ob pandemiebedingte Betriebsunterbrechungen durch ihre Police abgedeckt seien – und zwischen Erst- und Rückversicherern bestehe häufig die gleiche Unsicherheit. Die meisten Katastrophenanleihen seien hingegen so konkret formuliert, dass sie nur echte Naturkatastrophen abdecken. “Wenn die Covid-19-Schäden für die Rückversicherer in den kommenden Monaten sehr hoch ausfallen, könnten Cat Bonds gegenüber besicherten Rückversicherungen bei den Investoren an Ansehen gewinnen”, prognostiziert Ludolphs. Kapital in der FalleIn den vergangenen drei Jahren hat es laut Ludolphs bereits viele Schäden gegeben, die das “Collateralized Re”-Segment meist stärker getroffen hätten als die Katastrophenanleihen. Zudem bestehe bei besicherten Rückversicherungen das deutlich höhere Risiko des sogenannten “Trapped Collateral”. Eine solche Situation entstehe, wenn sich kurzfristig nicht auflösen lasse, ob ein Vertrag durch ein bestimmtes Ereignis betroffen sei. Bis Klarheit herrsche, stecke das Geld des Investors fest – er könne in dieser Zeit die angelegten Mittel nicht anderweitig verwenden. Aktuell seien etwa 5 bis 10 Mrd. Dollar auf diese Weise “getrappt”. “Der Anteil der Cat Bonds am gesamten ILS-Markt wird aus diesen Gründen vermutlich leicht steigen. Aktuell dürfte er bei einem Drittel liegen, im kommenden Jahr könnten bis zu 40 % möglich sein”, schätzt Ludolphs.Bereits im laufenden Jahr dürften sich die Emissionsvolumina laut Ludolphs erholen. Hätten sie sich im vergangenen Jahr auf rund 7 Mrd. Dollar belaufen, seien 2020 bisher schon Katastrophenanleihen im Volumen von ungefähr 8 Mrd. Dollar begeben worden. “Bis Jahresende könnte dieser Wert auf 11 Mrd. Dollar steigen”, sagt Ludolphs.