David Nothacker

„Die Reise wäre sonst vorbei gewesen“

David Nothacker, Gründer der Berliner Digital-Spedition Sennder, gehört zu einer neuen Generation von Angel Investoren in Deutschland. Zusammen mit seinen Mitgründern oder auch mit der Venture-Gesellschaft Accel investiert Nothacker in junge Start-ups.

„Die Reise wäre sonst vorbei gewesen“

Herr Nothacker, was ist für Sie die Motivation, sich als Angel Investor zu engagieren?

Dank des Investments eines Business Angels, der an uns geglaubt und uns unterstützt hat, konnten wir mit dem heutigen Geschäftsmodell von Sennder überhaupt an den Start gehen. Die Reise wäre sonst nach weniger als einem Jahr vorbei gewesen! Dass wir als Gründer jetzt in der Lage sind, andere in ihren Anfängen zu unterstützen, ist unsere Art, an die Gründergemeinschaft zurückzugeben. Darüber hinaus bereitet meinen Mitgründern und mir es einfach Freude, neue Gründer bei ihrer Entwicklung zu begleiten und zu sehen, wie sie wachsen und lernen.

Wie hat sich das Berliner Angel-Netzwerk zuletzt entwickelt?

Es ist kein Geheimnis, dass das Berliner Netzwerk aktuell so stark ist wie nie – seien es einzelne Angels, bis hin zu Angel-Netzwerken und gründergeführten Frühphasen Venture-Capital-Firmen. In dieser Größe und vor allem in dieser Vielfalt gab es das nicht, als wir unsere ersten Finanzierungsrunden eingesammelt haben. Das ist das Ergebnis davon, dass das Berliner Ökosystem gereift ist – die erste und zweite Welle erfolgreiche Gründer in Berlin hat mittlerweile selbst Kapital in der Hand, das wieder zurück in junge Start-ups fließt.

Welche Bedeutung hat die Qualität der Angel-Szene im Vergleich zum Zugang zu Wachstumsfinanzierungen durch Venture Capital?

Beide Seiten sind extrem wichtig. VC-Fir­men können die größeren Tickets schreiben und mehr Kapital bereitstellen – ohne das geht nichts. Angels auf der anderen Seite – vor allem Angels die selbst gegründet haben – bringen operative Erfahrung mit, die für junge Start-ups extrem wertvoll ist. Außerdem sind sie glaubwürdige Sparringpartner für junge Gründer, da sie selbst ähnliche Situationen durchgelebt haben und verstehen, wie man am besten helfen kann – auch emotional, bei den Höhen und Tiefen, die man beim Aufbau und der Skalierung eines Unternehmens durchlebt.

Die Tickets von Angel Investoren werden größer. Ändert sich damit die Rolle der Angels?

Kapital ist aktuell so einfach verfügbar wie nie. Das hat dazu geführt, dass die Bewertungen – vor allem bei Start-ups in der Frühphase – extrem angezogen haben und man als Angel-Investor zumindest teilweise mit der Ticketgröße mitziehen muss. Der finanzielle Aspekt, als Angel ein Ticket zu schreiben, wiegt daher nicht mehr so stark wie noch vor einigen Jahren. Der „Coaching“-Aspekt und Erfahrungsaustausch tritt dafür viel mehr in den Vordergrund. Die Tatsache, dass meine Mitgründer und ich so viel Erfahrung mit Sennder sammeln konnten, ist einer der Hauptgründe, warum uns Start-ups als Investoren willkommen heißen. Der finanzielle Aspekt ist fast vernachlässigbar, besonders bei „heißen” Start-ups. Den Großteil des Kapitals erhalten diese Start-ups von einer Venture-Capital-Firma.

Sollten Venture-Capital-Firmen Gründern Kapital für Angel Investments in die Hand drücken?

Erste Venture-Capital-Firmen tun das bereits. Lakestar hat ein Programm, mit dem sie genau das machen. Daneben gibt es auch große europäische Venture-Capital-Firmen wie Accel, die spezielle Programme anbieten. Ich bin selbst Teil des Accel-Accelerator-Programms. Hier gibt mir Accel die Möglichkeit, in die nächste Generation an Gründern in Form eines kleinen Tickets zusammen mit Accel zu investieren. Das ist hilfreich für beide Seiten: Die Venture-Capital-Firmen erhalten noch früher Kontakt zu vielversprechenden Unternehmen und als Gründer kann man größere Tickets mit stemmen.

Wenn Sie einen Wunsch an die nächste Bundesregierung frei hätten, wie lautete dieser?

Mein erster Wunsch an die nächste Bundesregierung unterscheidet sich – leider – nicht von dem Wunsch, den ich zum Start der letzten Legislaturperiode an die Regierung gerichtet hätte: Endlich die richtigen Rahmenbedingungen für attraktive Mitarbeiterbeteiligung zu schaffen, damit wir in Deutschland das beste Talent anziehen und vor allem auch halten können. Die im letzten Jahr geschaffene Reform hat nicht wirklich etwas an den Rahmenbedingungen geändert. Deutschland hängt nach wie vor stark im internationalen Vergleich zurück. Vor allem im internationalen Wettbewerb um Talente ist es extrem schwer, beispielsweise mit den amerikanischen Modellen mithalten zu können, besonders bei erfahrenen Personen aus dem Produkt- und Engineering-Bereich.

Die Fragen stellte Stefan Paravicini.

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