Investitionen

TSMC sondiert Chipbau in Dresden

Der weltgrößte Auftragshersteller für Chips, TSMC, soll Dresden als möglichen Produktionsstandort ins Visier genommen haben. Für den taiwanischen Apple-Zulieferer wäre es das erste Werk in Europa.

TSMC sondiert Chipbau in Dresden

mf Tokio

Der weltgrößte Auf­tragsfertiger für Prozessoren, Taiwan Se­mi­conductor Manufacturing (TSMC), verhandelt nach Informationen der Finanzzeitung Nikkei über die Errichtung einer Fabrik in Dresden. Es wäre das erste europäische Werk des Branchenführers, der über 90% der leistungsfähigsten Prozessoren weltweit herstellt. Laut dem Nikkei-Bericht will TSMC schon Anfang des neuen Jahres ein Team von Top-Managern nach Deutschland schicken, um das Ausmaß der staatlichen Hilfen und die Kapazität der lokalen Lieferkette zu prüfen.

Es wäre bereits die zweite Erkundungsmission der Taiwanesen innerhalb von sechs Monaten für eine Fabrik, deren Bau voraussichtlich 2024 beginnen würde. Mehrere Kunden aus der Autoindustrie hatten TSMC wegen ihrer Lieferprobleme um ein Werk in Europa gebeten, aber Russlands Krieg gegen die Ukraine verzögerte die Sondierung. Die erste Mission verlief offenbar ohne Fortschritte. Aber die anhaltende Chipknappheit führte nun zu einer zweiten Mission. Die Entscheidung dürfte bis zum Frühjahr fallen.

Cluster für Halbleiter

Ein deutsches Werk würde Prozessoren mit Knoten von 22- bis 28-Nanometer (Nm) herstellen, ähnlich wie die TSMC-Fabrik in Japan, die sich schon im Bau befindet und mit massiver Staatshilfe entsteht. Diese Chipqualität, deren Maßeinheit Nanometer sich auf die Miniaturisierung bezieht, stellt derzeit den Standard für die Steuerungen der Autoelektronik dar, während die Logikchips für Smartphones schon in den 3-Nm-Bereich vorstoßen. Der Fokus auf Dresden erklärt sich damit, dass dort ein Cluster der Halbleiterindustrie existiert.

TSMC dürfte ihre Entscheidung zum einen von der Nachfrage in Europa abhängig machen. „Die Bedürfnisse der Kunden entscheiden darüber, in welches Land wir gehen, nicht die finanziellen Anreize oder der Wunsch von Regierungen“, bekräftigte CEO C.C. Wei kürzlich. Das heißt: Genügend Besteller aus der Autoindustrie müssten sich längerfristig an TSMC binden, da in Dresden ein Großkunde wie der Apple-Zulieferer Sony in Japan fehlen würde.

Zum anderen braucht TSMC die Unterstützung ihrer Zulieferer. Eine neue Fabrik in Europa erfordert zunächst Maschinen für die Herstellung und Bearbeitung von Wafern, die laufende Produktion benötigt mehr als 2000 Spezialchemikalien und andere Rohstoffe. Ohne Zusagen dieser Produzenten wird TSMC kein neues Werk errichten. Ein drittes Hindernis liegt im eigenen Mangel an Ingenieuren, da man bereits massiv in die USA und Japan expandiert.

Intel in Magdeburg

Das erste TSMC-Werk in Europa wäre ein großer Erfolg für die Anstrengungen der EU-Kommission, mit Subventionen von 43 Mrd. Euro die Abhängigkeit von Halbleiterimporten aus Asien zu verringern.

Weitere deutsche und europäische Hoffnungen ruhen auf dem US-Chipkonzern Intel, der in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) für 17 Mrd. Euro eine Fabrik zur Herstellung von Halbleitern bauen könnte. Wie TSMC achtet Intel auf die wettbewerbsfähige Auslastung der Anlage.

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