Bilanzskandale

Wirtschaftsprüfer legen sich Zügel an

Mit einem Wertekodex will die mit Bilanzskandalen in Verruf geratene Wirtschaftsprüferbranche wieder Vertrauen aufbauen.

Wirtschaftsprüfer legen sich Zügel an

swa Frankfurt – Bilanzskandale wie Wirecard, Steinhoff oder Carillion haben die Wirtschaftsprüferbranche in Misskredit gebracht. Der Gesetzgeber hat in Deutschland in Reaktion auf den Wirecard-Skandal mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) die Anforderungen an Prüfer und Aufsichtsräte verschärft. Doch das geltende Recht allein reicht aus Sicht der Prüferzunft nicht aus, um die Wogen in der Öffentlichkeit zu glätten.

Eine freiwillige Selbstverpflichtung soll die Lücke zwischen öffentlicher Wahrnehmung und Regulierung schließen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat zu diesem Zweck einen Wertekodex für die Wirtschaftsprüfer in Deutschland veröffentlicht. „Der Kodex be­schreibt, für welche Werte die Wirtschaftsprüfer stehen und welche Prinzipien sie bei ihrer Arbeit leiten“, heißt es in einer Mitteilung der Berufsvertreter. „Vertrauen und Nachhaltigkeit“ zählten dabei zu den Kernwerten, wird betont.

Der Kodex soll von den Berufsträgern angewendet werden und der Öffentlichkeit ein besseres Verständnis für die Leistungen der Wirtschaftsprüfer geben, so die Hoffnung des IDW. „Ich empfehle allen Wirtschaftsprüfern, den Kodex anzuwenden, ihn sich zu eigen zu machen und ihn zu leben. Dann können wir womöglich verloren gegangenes Vertrauen in unseren Berufsstand wiederherstellen“, sagt IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann.

Mit dem Kodex erhoffen sich die Interessenvertreter auch, wieder mehr junge Leute für den Beruf des Wirtschaftsprüfers zu begeistern. Dem potenziellen Nachwuchs und der Öffentlichkeit solle die Rolle der Prüfer als „Vertrauensdienstleister“ näher gebracht werden.

„Wirtschaftsprüfer spielen für das Funktionieren einer marktwirtschaftlichen und nachhaltigen Gesellschaftsordnung eine wichtige Rolle. Sie fördern durch ihre Arbeit das Vertrauen in die Wirtschaftsakteure und die Akzeptanz dieses Gesellschaftsmodells. Uns ist es wichtig, die Werte zu verdeutlichen, für die die Wirtschaftsprüfer stehen, weil wir aus Öffentlichkeit und Politik immer wieder ein gewisses Unverständnis über den Berufsstand erfahren haben. Das wurde nicht zuletzt durch öffentlich diskutierte mögliche Fehlleistungen der Abschlussprüfer genährt“, sagt Naumann.

Um den Kodex zu erarbeiten hat das IDW sich Unterstützung von Stakeholdern eingeholt. Mitglieder des eigens gegründeten Beirats sind RWE-Aufsichtsratschef Werner Brandt, der ehemalige Präsident des Bundesfinanzhofs Rudolf Mellinghoff sowie die Wissenschaftlerin Christiane Woopen, Direktorin des Center for Life Ethics, Universität Bonn, und ehemalige Vorsitzende des Europäischen und des Deutschen Ethikrates.

In den Erläuterungen zum Wertekodex stellt das IDW klar, dass die Anforderungen des Regelwerks im Einklang stehen mit dem Berufseid der Wirtschaftsprüfer, dem deutschen und internationalen Recht, der Berufssatzung und den berufsständischen Standards. Der Kodex gehe aber dort über die geschriebenen Regelungen hinaus, „wo es für das Selbstverständnis eines modernen und verantwortungsbewussten Wirtschaftsakteurs erforderlich war“.

Das Selbstverständnis eines „modernen und verantwortungsvollen Berufsstands“ lässt sich aus Sicht des IDW im geschriebenen Berufsrecht nicht abschließend abbilden. Die geltenden Normen werden daher durch den Kodex an einigen Stellen verdeutlicht und ergänzt.

Auf ein heißes Eisen im Blick der Öffentlichkeit verweist das IDW mit dem Thema der Steuerberatung. Die Berufsträger seien gehalten, ihre Mandanten aufzufordern, steuerliche Gesetze und Vorschriften einzuhalten, mahnt der Berufsverband.

Die Präambel des Kodex weise auf die besondere Verantwortung der Wirtschaftsprüfer hin, die darin bestehe, sowohl das öffentliche Interesse zu berücksichtigen als auch den Mandanten gerecht zu werden. Dieses Spannungsverhältnis wird aus Sicht des IDW insbesondere in der Steuerberatung deutlich, einer Tätigkeit, mit der Wirtschaftsprüfer aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung häufig beauftragt würden.

Knackpunkt Steuerberatung

Das IDW hebt mögliche Imagerisiken hervor: „Gerade in der Steuerberatung sind skandalträchtige Fälle bekannt, die häufig undifferenziert negativ auf den Berufsstand ausstrahlen.“ Das IDW schreibt den Prüfern aufgrund ihrer „Unternehmenskenntnisse“ einen „besonderen Weitblick“ zu. Dieser müsse im Sinne der Mandanten wie der Öffentlichkeit dazu genutzt werden, Mandanten vor unrechtem Verhalten zu schützen, mahnt das IDW. Am Ende geht es um hehre Ziele: Mit der Aufforderung an den Mandanten, steuerliche Gesetze und andere Vorschriften einzuhalten, trügen Wirtschaftsprüfer „ihr Mögliches bei, die Funktions­fähigkeit der Marktwirtschaft aufrechtzuerhalten“.

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