Auf zweite Welle folgt Infektionsflut

In Deutschland mehr als 11 000 Neuinfektionen in 24 Stunden - Altmaier will Mittelstandshilfen verlängern

Auf zweite Welle folgt Infektionsflut

Die zweite Corona-Infektionswelle in Europa türmt sich auch in Deutschland zu einer Infektionsflut auf. Das Robert Koch-Institut meldete zuletzt mehr als 11 000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) denkt bereits an eine Verlängerung der Hilfen für den Mittelstand.sp Berlin – Die zweite Infektionswelle nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr droht in einer Infektionsflut über das europäische Gesundheitssystem und die Wirtschaft herein zu brechen. In Deutschland, das im Vergleich zu den meisten Nachbarn immer noch vergleichsweise gut dasteht, verzeichnete das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag zum ersten Mal während der Pandemie mehr als 11 000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Polen, Österreich und weiteren Staaten aus der Europäischen Union meldeten ebenfalls Höchstwerte. In Belgien, den Niederlanden und Tschechien stoßen die Gesundheitssysteme bereits an ihre Grenzen. In Frankreich, wo am Mittwochabend mehr als 26 000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet wurden, wurde die nächtliche Ausgangssperre auf insgesamt 56 Départements ausgeweitet, sodass nun fast 46 Millionen Bürgerinnen und Bürger betroffen sind.”Das ist ein viel zu hoher Wert”, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der sich für eine weitere Verlängerung der Überbrückungshilfen für Selbstständige und Mittelständler stark macht, zu den Neuinfektionen in Deutschland. Das Hilfsprogramm könne ab Januar noch einmal für drei oder sechs Monate verlängert werden, sagte Altmaier und drängte auf eine möglichst große Planungssicherheit für Betriebe. Zur genauen Höhe der Hilfen in dieser Phase äußerte er sich nicht. Die Koalition stimmt sich zu den Details momentan ab. Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat bereits signalisiert, notwendige Hilfen auch noch nächstes Jahr zahlen zu wollen.Korrekturen am laufenden Hilfsprogramm könnte noch in diesem Jahr geben, sagte Altmaier. Kritiker bemängeln schon länger, dass die Bedingungen zu kompliziert sind. Das ist ein Grund dafür, warum von den 25 Mrd. Euro, die die Bundesregierung für die Überbrückungshilfen zur Verfügung gestellt hatte, in einer ersten Phase nur rund 1,6 Mrd. Euro beantragt und 1,2 Mrd. Euro bewilligt wurden. Seit Mittwoch können unter vereinfachten Bedingungen Anträge für den Zeitraum von September bis Dezember gestellt werden. Geht es nach den Vorstellungen Altmaiers, könnte sich eine dritte Phase anschließen, die bis Mitte 2021 reichen soll.Am Donnerstag gab es dazu Beratungen mit mehreren Branchen, die in der Pandemie besonders betroffen sind. “Das Gastgewerbe kämpft eindeutig ums Überleben”, sagte Guido Zöllick vom Branchenverband Dehoga nach den Gesprächen. Die dramatischen Umsatzeinbrüche in der Pandemie seien ohne weitere Staatshilfen nicht aufzufangen. Er forderte, die Fixkostenzuschüsse von derzeit maximal 50 000 Euro pro Unternehmen auf 250 000 Euro anzuheben. Außerdem sprach er sich für einen Unternehmerlohn aus, solange die Firmen keine normalen Umsätze hätten. Dies forderte auch Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbstständigen. “Grundsicherung, also Hartz IV, ist keine Lösung.” Sie hätten kein Kurzarbeitergeld bekommen. Zudem lägen bei zwei von drei Selbstständigen die betrieblichen Fixkosten unter 1 000 Euro. Wichtig seien daher Zuschüsse zur Lebenshaltung und zur Wohnung. Laut Regierungskreisen ist auch Altmaier für einen Unternehmerlohn, über den im Kabinett beraten wird.Am Mittwoch war mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erstmals ein Bundesminister positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden. Nach Angaben eines Sprechers geht es Spahn, der sich in häuslicher Quarantäne befindet, bis auf Erkältungssymptome gut. RKI warnt vor KontrollverlustDas RKI warnte am Donnerstag, dass sich Corona in einigen Gebieten in Deutschland mittlerweile fast unkontrolliert ausbreiten könne, weil eine Nachverfolgung von Infektionsketten nicht mehr vollständig möglich sei. Aufgrund der steigenden Neuinfektionen erklärte das Institut ganz Österreich exklusive Kärnten zum Risikogebiet. Dasselbe gilt für die Schweiz, Irland, Polen und weite Teile von Italien.