EZB-SITZUNG IM FOKUS

Banken im Euroraum werden bei Unternehmensdarlehen vorsichtiger

Straffere Kreditstandards im dritten und wohl auch im vierten Quartal erhöhen Handlungsdruck auf EZB-Rat - Geldmengenwachstum beschleunigt sich weiter

Banken im Euroraum werden bei Unternehmensdarlehen vorsichtiger

rec Frankfurt – Kurz vor dem wegweisenden Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) am morgigen Donnerstag erhöhen Hinweise auf eine stockende Kreditvergabe den Handlungsdruck auf die Eurohüter. Die Banken im Euroraum werden bei der Vergabe von Krediten an Unternehmen vorsichtiger. Das hat die vierteljährliche Kreditumfrage der EZB für das dritte Quartal ergeben. Ebenfalls gestern veröffentlichte Daten zur Kreditvergabe im September deuten indes darauf hin, dass die Ausleihungen bislang in relativ stabilem Tempo zulegen. Derweil wächst die Geldmenge in der Eurozone so schnell wie seit mehr als zehn Jahren nicht.Nach der enormen Nachfrage nach Notfallliquidität infolge der Coronakrise im zweiten Quartal verzeichneten die Banken zwar zuletzt kein neuerliches Anziehen des Kreditbedarfs von Seiten der Unternehmen. Angesichts der massiven Unsicherheit wegen stark steigender Infektionszahlen und immer neuer Beschränkungen könnte sich dies im vierten Quartal allerdings ändern. Die ausreichende Versorgung der Firmen mit Liquidität dürfte deshalb zentrale Bedeutung für die heute beginnenden Beratungen der Euro-Notenbanker über weitere Krisenhilfen haben (siehe Text oben).Laut dem Bank Lending Survey (BLS) der EZB gaben 19 % der befragten Banken in der Eurozone an, zwischen Juli und September ihre Bedingungen für Firmenkredite gestrafft zu haben (siehe Grafik). Ein ebenso großer Anteil erwartet, dass die Kreditbedingungen im vierten Quartal nochmals verschärft werden dürften. Straffere Kreditstandards meldeten im Saldo Banken sowohl in Deutschland als auch in Spanien und Frankreich. Die Ausnahme unter den großen Volkswirtschaften der Eurozone bildet Italien. Wie die EZB berichtet, zeichnet sich zumindest bislang nicht ab, dass Banken die Kreditbedingungen auf ähnlich breiter Front anziehen wie in früheren Krisen. In der Hochphase der Weltfinanzkrise zwischen Ende 2007 und Anfang 2009 berichteten je Quartal im Saldo durchschnittlich 52 % der Banken verschärfte Kreditstandards, im Zuge der Euro-Staatsschuldenkrise stieg ihr Anteil Ende 2011 für ein Quartal sprunghaft auf 30 %. Versorgung noch stabilDass inzwischen eine zweite Welle der Corona-Pandemie durch ganz Europa schwappt, erhöht auch am Kreditmarkt die Unsicherheit. ING-Ökonom Bert Colijn verweist darauf, dass neu verhängte Beschränkungen “den Bedarf an Notfallliquidität vermutlich erhöhen werden”, wenngleich nicht so extrem wie im zweiten Quartal. Seinerzeit berichteten die Banken von einer nie dagewesenen Nachfrage nach Krediten. Ein konjunkturelles Warnsignal sieht Colijn gleichwohl darin, dass Ausleihungen zu Investitionszwecken so bald nicht anziehen dürften.Bislang scheint die Kreditversorgung im Euroraum intakt. Das zeigen auch jüngste Daten, wonach die an Unternehmen ausgereichten Kredite im September mit einer gleichbleibend überdurchschnittlichen Jahresrate von 7,1 % gewachsen sind (siehe Grafik). KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib verweist dabei auf Unterschiede zwischen den großen Euro-Ländern: “Während sich in Deutschland die Dynamik bei sehr ruhigem Infektionsgeschehen deutlich abkühlte, reichten die Banken in den anderen drei großen Euro-Ländern erneut mehr Mittel an die Unternehmen aus.” Insbesondere im Gastgewerbe und anderen stark betroffenen Dienstleistungsbranchen “dürften die finanziellen Engpässe und damit der Kreditbedarf wieder zunehmen”, sagte Köhler-Geib. Sie sieht nun EZB und Regierungen “gefordert, in dieser schwierigen Lage durch die Verlängerung und punktuelle Ergänzung der Krisenmaßnahmen das Vertrauen der Unternehmen und Konsumenten zu stärken”.Derweil hat sich die Expansion der Geldmenge nochmals beschleunigt. Das Aggregat M3 aus Bargeld, Sichteinlagen, Geldmarktpapieren und Schuldverschreibungen wuchs im September 10,4 % schneller als vor einem Jahr und so stark wie zuletzt 2008. Gar auf ein 21-Jahres-Hoch sprang das Wachstum der enger gefassten Geldmenge M1 (13,8 %). Ökonomen wie Ralf Umlauf von der Helaba unterstrichen den langfristig zu erwartenden Inflationsimpuls.