Bund und Länder ziehen die Zügel an

Kanzlerin und Länderchefs beraten über Verlängerung des Lockdowns - Neue Maßnahmen in der Diskussion

Bund und Länder ziehen die Zügel an

Die Spitzen von Bund und Ländern beraten über die nächsten Schritte zur Eindämmung der Pandemie. Obwohl die Zahl der Neuinfektionen sinkt, gelten eine Verlängerung des Lockdowns und schärfere Maßnahmen als sicher. Denn nicht nur die Kanzlerin treibt die Sorge vor hochansteckenden Virusmutationen um. sp Berlin – Die Spitzen von Bund und Ländern stehen trotz sinkender Neuinfektionszahlen in Deutschland vor der Entscheidung für eine neuerliche Verlängerung des Zwangsstillstands in weiten Teilen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens. Wegen der Sorge vor der Ausbreitung hochansteckender Virusmutationen könnten bei den Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den 16 Länderchefs heute Nachmittag außerdem neue Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen werden. Als sicher gilt, dass die Hilfen für Unternehmen und Selbständige, die vom Lockdown besonders betroffen sind, nach heftiger Kritik aus der Wirtschaft noch einmal ausgeweitet und endlich auch vereinfacht werden.Zum ersten Mal seit Monaten beraten die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten vor dem Hintergrund sinkender Neuinfektionszahlen über die nächsten Schritte. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Montag weniger als 9 000 bestätigte Infektionsfälle in den zurückliegenden 24 Stunden und damit deutlich weniger als noch vor einer Woche. Auch die Sieben-Tages-Inzidenz, die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen, ist mit 134 rückläufig, wenn auch weit entfernt vom Zielwert 50 der Bundesregierung. Angesichts der Ausbreitung von Virusmutationen in Europa plädierten am Montag unter anderem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dennoch dafür, dass Bund und Länder am Dienstag die Zügel fester anziehen und neue Beschlüsse fällen.Bundesfinanzminister Scholz sprach von einer möglichen Verlängerung der geltenden Coronaauflagen von zwei Wochen, zu der sich auch die SPD-geführten Länder bekannten. Spahn sprach von einer Verlängerung um bis zu vier Wochen. Bisher ist der Anfang November zunächst für drei Wochen beschlossene Lockdown, der seither mehrfach verlängert wurde und die Schließung von Gastronomie, Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen verlangt, bis Ende Januar begrenzt.Neben einer Verlängerung der bestehenden Maßnahmen geht es bei den Beratungen von Bund und Ländern heute auch um mögliche zusätzliche Maßnahmen. Spahn nannte am Montag Ausgangssperren, zusätzlichen Druck für mehr Möglichkeiten zur Arbeit aus dem Homeoffice sowie eine generelle FFP2-Masken-Pflicht etwa im öffentlichen Nahverkehr. Eine Stilllegung des öffentlichen Nahverkehrs stehe nicht zur Debatte, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es müsse darum gehen, die immer noch zu hohen Infektionszahlen schneller auf ein handhabbares Niveau zu senken, als es nach bisherigem Stand möglich war, sagte Seibert mit Blick auf die heutigen Gespräche.Merkel und die Ministerpräsidenten kamen bereits am Montagabend in einer Schaltkonferenz zusammen, um sich von Wissenschaftlern über die Gefährlichkeit von Mutationen des Coronavirus informieren zu lassen. Diese hatten die Sieben-Tages-Inzidenz in Teilen Großbritanniens und Irlands in den vergangenen Wochen zeitweise über 1 000 getrieben. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) lehnte trotz dieses Szenarios am Montag eine Ausgangssperre ab. Er sei dagegen, “es verbindlich für alle zu regeln, auch für die, die niedrige Infektionszahlen haben”. Eine Verschärfung privater Kontaktbeschränkungen lehne er ebenfalls ab.Bundesarbeitsminister Hubertus Heil kündigte an, die Regeln für den Coronaschutz am Arbeitsplatz verschärfen und den Druck auf Arbeitgeber erhöhen zu wollen, mehr Homeoffice zu ermöglichen. Damit soll auch die Zahl der Nutzer im öffentlichen Nahverkehr reduziert werden. Die Wirtschaft warnte vor zu starken Eingriffen oder gar Betriebsschließungen, wie sie der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) vor einigen Tagen ins Gespräch gebracht hatte. Preisschild für Hilfen fehltStattdessen will die Bundesregierung die Coronahilfen für Unternehmen im ersten Halbjahr 2021 vereinfachen und aufstocken. In Regierungskreisen hieß es am Montag nach Angaben von Reuters, es werde damit gerechnet, dass einige Details am Dienstag in den Beschluss des Kanzleramtes und der 16 Ministerpräsidenten zu den Coronaeinschränkungen aufgenommen würden. Offen sei noch, ob die neue Obergrenze von 1,5 Mill. Euro für alle Unternehmen gelten solle oder nur für zwangsweise geschlossene Firmen. Unklar ist auch, ob bereits am Dienstag die Kosten für die neuen Hilfen benannt werden.