Deutscher Außenhandel kommt weiter voran

Viertes Exportplus in Folge - Weniger Insolvenzen, aber zugleich steigende Forderungen

Deutscher Außenhandel kommt weiter voran

ba Frankfurt – Die deutschen Außenhandelsdaten für August fügen sich nahtlos ein in die Riege der Stimmungsindikatoren und harten Daten, die allesamt das Bild einer fortgesetzten wirtschaftlichen Erholung zeichnen – die allerdings bereits merklich an Schwung verliert. Ökonomen werten das vierte Exportplus in Folge denn auch als weiteren Beleg, dass es wie erwartet zu einem rekordhohen Wirtschaftswachstum im dritten Quartal kommt. Zugleich warnen sie aber auch erneut vor einem heftiger werdenden Gegenwind für die heimische Wirtschaft – vor allem in Form der zweiten Corona-Infektionswelle (siehe Bericht oben). Die jüngsten Frühindikatoren für September deuten in der Tat eine weiter abnehmende Dynamik an.Weiteres Ungemach droht, da zum 1. Oktober ein Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit wieder Pflicht ist und nur noch im Überschuldungsfall ein Moratorium bis Ende des Jahres gilt. Experten warnen daher, dass es ab Oktober vermehrt zu Firmenpleiten kommen und sich das Geschehen zum Jahreswechsel beschleunigen könnte. Die entsprechenden Daten Statistischen Bundesamts (Destatis) für Juli zeigen, dass es zwar im Jahresvergleich zu 16,7 % weniger Insolvenzen gekommen ist, die Forderungen hingegen mit 3,9 Mrd. Euro deutlich höher ausfallen als mit 2,8 Mrd. Euro im Juli 2019. Dies sei darauf zurückzuführen, dass “mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten” als im Vorjahr, erklärten die Wiesbadener Statistiker.Die Ökonomen jedenfalls erwarten einen ungemütlichen Herbst. Die Geschäfte der international aktiven deutschen Exporteure leiden weiter unter der Corona-Pandemie, die die Wirtschaft in vielen Ländern noch in Schach halte, betonte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier: “Ohne die Möglichkeit für Geschäftsreisen können vielfach Aufträge oder Investitionen nicht abgeschlossen werden.”Dass die deutschen Exporte im August zum Vormonat abermals zugelegt haben – kalender- und saisonbereinigt um 2,4 % – sei Nachholeffekten und dem wiederaufgeflammten China-Geschäft zu verdanken. Die Importe kletterten um 5,8 %. Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, deutet dies “auf eine anziehende Binnenwirtschaft hin”. Saison- und kalenderbereinigt zeigt die Außenhandelsbilanz einen Überschuss von 15,7 Mrd. Euro nach 18,0 Mrd. Euro im Juli. Der Positivsaldo der Leistungsbilanz engte sich von 21,0 Mrd. Euro im Juli auf 15,6 Mrd. Euro im August ein.Der Vergleich zu Februar – dem letzten von der Corona-Pandemie unberührten Monat – zeigt, welch weiten Weg zurück zur Normalität der Außenhandel trotz der bisherigen Fortschritte noch vor sich hat: Laut Destatis nahmen die Exporte im August nach diesem Maßstab kalender- und saisonbereinigt um 9,9 % ab, die Importe um 6,4 %.Im Jahresvergleich liegen die Exporte mit einem Volumen von 91,2 Mrd. Euro um 10,2 % unter dem von August 2019. Die Importe von Waren im Wert von 78,5 Mrd. Euro bedeuten im Jahresvergleich ein Minus von 7,9 %. Mehr Gegen- als Rückenwind testiert Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING: Neue Restriktionen aufgrund zunehmender Infektionen in vielen Ländern würden ihre Spuren hinterlassen. Hinzu komme, dass der Exportsektor nach wie vor strukturellen Veränderungen in der Weltwirtschaft unterliege – “sei es mehr Protektionismus oder eine Abkehr von der traditionellen Fertigung hin zu Dienstleistungen, Hightech- oder Elektrofahrzeugen”. Weitere Risiken drohenAnton Börner, Präsident des Außenhandelsverband BGA, warnte ebenfalls vor weiteren Risiken: “Der Brexit nimmt immer absurdere Züge an”, sagte er mit Blick auf das drohende Scheitern eines Handelsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreichs. “Hier müssen wir uns gewiss darauf einstellen, dass der deutsche Außenhandel weitere Folgen spüren wird.” Auch der Ausgang der US-Wahl werde Wirkung zeigen. “Wir dürfen uns nichts vormachen: Wer auch immer die Wahl gewinnt, die transatlantischen Beziehungen werden nicht auf alte Pfade zurückkehren. Wir können aber hoffen, dass der Umgang ein zivilisierter sein wird”, so Börner.