Internationaler Steuerwettbewerb

Globale Mindestbesteuerung spült Bund und Ländern etwas mehr Geld in die Kasse

Ein Goldesel wird sie nicht, die neue globale Mindeststeuer. Aber etwas mehr Geld können Bund und Ländern erwarten – und noch Steuererleichterungen für die Wirtschaft verkraften. Die Gemeinden büßen allerdings Einnahmen ein.

Globale Mindestbesteuerung spült Bund und Ländern etwas mehr Geld in die Kasse

Mindeststeuer bringt Bund und Ländern etwas mehr Geld

Im ersten Jahr 1 Mrd. Euro zusätzlich – Ausfälle bei den Gemeinden – Auch Steuererleichterungen

wf Berlin

Bei der Einführung der neuen Mindestbesteuerung für globale Konzerne bleibt das Bundesfinanzministerium mit seinen Erlösschätzungen vorsichtiger als die Wissenschaft. Das Haus von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) rechnet erstmals 2026 mit Einnahmen aus der neuen Mindestbesteuerung. In die Kasse soll demnach 1 Mrd. Euro fließen. Dies geht aus dem nun veröffentlichten Referentenentwurf hervor. In den Folgejahren 2027 und 2028 werden es 800 Mill. Euro und 600 Mill. Euro sein. Wenn die Mindeststeuer voll wirkt, wird der Effekt auf Zusatzeinnahmen von 200 Mill. Euro jährlich taxiert. Das Aufkommen verteilt sich hälftig auf Bund und Länder.

Die finanziellen Auswirkungen des gesamten Gesetzespakets fallen indessen geringer aus. Der Entwurf enthält eine Reihe von der Wirtschaft lang ersehnter „Begleitmaßnahmen“: die Abschaffung der Lizenzschranke, die Absenkung der nationalen Niedrigsteuergrenze von 25% auf 15% und die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht von Hinzurechnungsbeträgen. Per saldo kommt es – nach sehr geringen Ausfällen 2025 – im Jahr 2026 nur zu 910 Mill. Euro mehr Einnahmen. In den beiden Folgejahren sind es insgesamt 535 Mill. Euro und 285 Mill. Euro. Einnahmen einbüßen werden jedoch die Gemeinden – insgesamt 270 Mill. Euro im Jahr bei voller Wirkung: Die geringere nationale Niedrigsteuergrenze und die Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung führen zu Ausfällen bei der Gewerbesteuer.

Eine ganz neue Steuer

Die globale Mindestbesteuerung trifft Unternehmen, die in mindestens zwei der vier vorangegangenen Geschäftsjahre die Umsatzgrenze von 750 Mill. Euro erreicht haben. Die Rechtsform spielt dabei keine Rolle. Berechnet wird ein international vereinbarter „Steuererhöhungsbetrag“ auf der Basis von Rechnungslegungsdaten, der mit dem ebenfalls vereinbarten Mindestsatz von 15% belegt wird. Darauf hatten sich 143 Staaten und Jurisdiktionen im sogenannten BEPS-Verfahren (Base Erosion and Profit Shifting) geeinigt. Die in der Folge verabschiedete EU-Richtlinie muss bis Ende 2023 in nationales Recht umgesetzt sein. Hierzulande tritt die neue Steuer neben Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer und bleibt unabhängig von der Besteuerung des Anteilseigners.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo hatte im März 2022 die jährlichen Mehreinnahmen aus der Mindeststeuer in Deutschland deutlich höher prognostiziert – und zwar in einer Spanne von 1,6 Mrd. Euro bis 6,2 Mrd. Euro. Der Umfang hänge stark von der Reaktion der Niedrigsteuerländer ab, hatte Ifo-Präsident Clemens Fuest dazu erläutert. Je stärker die Niedrigsteuerländer ihre Steuerpolitik anpassten und ihre Besteuerung erhöhten, desto geringer würden die zusätzlichen Einnahmen hierzulande ausfallen. Zum Zeitpunkt der Studie stand die Einigung auf eine genaue Definition der Bemessungsgrundlage allerdings noch aus. Zudem war offen, wie mit Verlustverrechnungen umgegangen wird. Das Bundesfinanzministerium weist im Referentenentwurf auch auf Unsicherheiten bei der Prognose hin. Es dürften nicht bezifferbare Steuermehr- oder -mindereinnahmen durch Verhaltensänderungen der Unternehmen entstehen – etwa durch Rückverlagerung von Steuersubstrat ins Inland.

Wirtschaft warnt vor Bürokratie

Der Assekuranzverband GDV begrüßte die Pläne des Ministeriums, das Steuerrecht zugleich zu vereinfachen. Die Senkung der nationalen Niedrigsteuergrenze und die Erleichterung bei der Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer würden die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen mit Auslandsinvestitionen stärken, erklärte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Der Chemieverband VCI warnte vor überbordender Bürokratie. „Der enorme Zusatzaufwand für die deutschen Unternehmen muss so weit wie möglich begrenzt werden”, mahnte VCI-Geschäftsführer Berthold Welling mit Blick auf die USA und China. Die USA beteiligen sich nicht. Dies sei ein Risiko im Standortwettbewerb, so Welling.

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