Kronberger Kreis fordert Wettbewerb in Europa

Gegen Abschottung und Protektionismus - Wissenschaftler konstatieren Paradigmenwechsel in der EU

Kronberger Kreis fordert Wettbewerb in Europa

wf Berlin – Nach dem Beschluss über EU-Hilfsmaßnahmen in der Coronakrise rufen die Wissenschaftler des Kronberger Kreises dazu auf, am bewährten Paradigma der “Wettbewerbsfähigkeit durch Wettbewerb” in Europa festzuhalten. “Wir bewegen uns in Richtung Protektionismus” , mahnte Lars P. Feld, Sprecher des Kreises, bei der Vorstellung einer neuen Studie vor Journalisten in Berlin. “Wir bewegen uns weg von einer marktwirtschaftlichen Ausrichtung.” Es sei ein Paradigmenwechsel in der Europäischen Union (EU) zu beobachten.Der Kronberger Kreis, wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Marktwirtschaft, warnt in der Studie vehement vor einem Rückzug in die “Festung Europa”. Mit einem stärker staatlich gelenkten und protektionistisch ausgerichteten Wirtschaftssystem würden die Grundlagen des europäischen Erfolgsmodells ausgehöhlt, hielt Feld fest. Auf Betreiben Deutschlands, Frankreichs und der EU-Kommission scheine sich die EU zunehmend vom Modell der Sozialen Marktwirtschaft mit Orientierung zum Wettbewerb zu entfernen. Neben Feld gehören dem Kreis die Wissenschaftler Clemens Fuest, Justus Haucap, Heike Schweitzer, Volker Wieland und Berthold Wigger an.Als plausible Gründe für die Entwicklung nannte Feld den Systemwettbewerb, der durch die Rivalität der USA und Chinas gekennzeichnet sei und in dem die EU noch ihren Platz suche. Zudem mache sich der EU-Austritt des Vereinigten Königreichs als einem starken Verbündeten Deutschlands in Sachen Wettbewerb inzwischen bemerkbar.Die Wissenschaftler raten dazu, die Folgen der Coronakrise nicht durch finanzielle Transfers und Abschottung in Europa zu lösen, sondern durch die Steigerung der Produktivität der europäischen Volkswirtschaften. Die bisherige Wohlstandssteigerung durch die Marktöffnung in Europa sei um ein Wesentliches höher als die Kompensationszahlungen für Leistungen etwa an Landwirte oder andere Verlierergruppen, hielt Feld fest. Die Erfahrung in der Eurokrise habe gezeigt, dass Strukturreformen wirkten. Die erlahmten Wettbewerbsprozesse müssten nun wieder in Gang kommen, verlangte Feld. Dafür sei über Technologieführerschaft in bestimmten Bereichen eine hohe Qualität von Produkten und Dienstleistungen möglichst kostengünstig zu erreichen. Wesentliche Faktoren würden durch die Arbeits-, Sozial-, Steuer- und Fiskalpolitik bestimmt, die aber weitgehend in der Kompetenz der Mitgliedstaaten lägen.Der Kronberger Kreis verkenne nicht die Probleme, die aus der strategischen Handels- und Industriepolitik Chinas und der USA folgten. Die Instrumente zur Abwehr seien weitgehend vorhanden, wird festgestellt. Überzogene rechtliche Verschärfungen zur staatlichen Intervention gegen ausländische Investoren wie mit der jüngsten Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes lehnt der Kreis ab. Primär solle auf Offenheit durch neue Handels- und Investitionsabkommen gesetzt werden, konstatierte Feld.