Deutsche Industrie

Unerwartet schwaches Auftragsplus

Die deutsche Industrie hat im Februar ein unerwartet schmales Auftragsplus eingefahren. Die Trendwende zum Besseren lässt zwar weiter auf sich warten, aber die Details sorgen für etwas Zuversicht. Etwa, dass die Bestellungen im Maschinenbau und der chemischen Industrie zugelegt haben.

Unerwartet schwaches Auftragsplus

Industrieaufträge auf Abwärtskurs

Maschinenbau und Chemie in Deutschland mit deutlich mehr Bestellungen − Umsatz signalisiert Produktionsplus

ba Frankfurt

Die deutsche Industrie hat im Februar ein unerwartet schmales Auftragsplus eingefahren. Die Trendwende zum Besseren lässt zwar weiter auf sich warten, aber die Details sorgen für etwas Zuversicht. Etwa, dass die Bestellungen im Maschinenbau und der chemischen Industrie zugelegt haben.

Die deutsche Industrie hat im Februar zwar etwas mehr Neubestellungen bekommen, allerdings waren dafür erneut volatile Großaufträge ursächlich. Der Abwärtstrend bei den Orderzahlen ist also ungebrochen und eine Trendwende bei der Industriekonjunktur lässt weiter auf sich warten. Für Hoffnung sorgt aber, dass sich die vom Ifo-Geschäftsklimaindex gemessene Unternehmensstimmung ebenso wie der Geschäftsausblick in der Einkaufsmanagerumfrage aufgehellt hat. Nicht zuletzt würde die von der Europäischen Zentralbank (EZB) für Mitte des Jahres angedeutete Zinswende für etwas Auftrieb sorgen.

Großaufträge verzerren das Bild

Im Februar ist der Auftragseingang dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,2% gestiegen. Ökonomen hatten nach dem Absturz der Bestellzahlen im Januar um revidiert 11,4 (zunächst: 11,3)% einen Anstieg um 0,7% erwartet. Seit längerem sorgen Großaufträge für extreme Ausschläge bei den Auftragsdaten: Für Februar ergibt sich ohne diese ein Rückgang von 0,8%, im Januar waren es −3,0%. Damit fielen die Orderzahlen so schwach aus wie zuletzt 2010, also kurz nach der globalen Finanzkrise. Auch im weniger volatilen Dreimonatsvergleich steht einem Orderzuwachs von 2,8% der Monate Dezember 2023 bis Februar 2024 im Vergleich zur Vorperiode ein Minus von 2,0% gegenüber, wenn die Großaufträge außen vor bleiben. Die Wiesbadener Statistiker verwiesen dabei auf die Effekte eines Großauftrags im Dezember. Dabei ging es vor allem um die Luftfahrtindustrie und damit um Airbus.

Autobauer bringen Verdruss

Positives ziehen Ökonomen aus den Details der Auftragsdaten: „Ein gewisses Hoffnungszeichen ist die etwas stärkere Nachfrage nach Produkten der chemischen Industrie, da diese der allgemeinen Konjunktur zumeist vorausläuft“, merkt etwa Ralph Solveen von der Commerzbank an. Für die chemische Industrie weist Destatis ein Plus von 3,1% im Monatsvergleich aus und auch die Pharmaindustrie hatte mit einem Zuwachs von 6,6% einen positiven Einfluss auf das Gesamtergebnis. Der gewichtige Maschinenbau hat sich nach zwei Monaten mit deutlichen Rückgängen erholt: Hier legten die Bestellungen um 10,7% zu. Negative Impulse gab es hingegen von Seiten der Automobilindustrie (−8,1%), der Herstellung von Metallerzeugnissen (−5,3%) sowie im Bereich elektrische Ausrüstungen (−1,9%).

„Es bleibt weiterhin schwierig, in Summe mehr als eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau auszumachen“, urteilt daher Jens-Oliver Niklasch von der LBBW. Im Gegensatz dazu sieht das Bundeswirtschaftsministerium bereits eine Nachfragestabilisierung auf niedrigem Niveau, die in Verbindung mit den aufgehellten Stimmungsindikatoren auf eine allmähliche konjunkturelle Bodenbildung in der Industrie hindeuten könnte. Andreas Busch vom Assetmanager Bantleon wiederum sieht in den Auftragsdaten „einen weiteren Beleg für die im internationalen Vergleich hervorstechend schlechte Verfassung der deutschen Industrie“, wie sie etwa die unterdurchschnittlichen Werte beim Einkaufsmanagerindex bereits seit Längerem anzeigen. „Die hohen Energiepreise und der strukturelle Wandel in der Automobilindustrie machen dem verarbeitenden Gewerbe in der Bundesrepublik besonders zu schaffen“, mahnt Busch.

Inlandsnachfrage legt zu

Teils deutliche Änderungen gab es mit Blick auf die Handelspartner. Während die Inlandsnachfrage um 1,5% zulegte, nachdem sie zu Jahresbeginn noch um 11,3% abgerutscht war, verringerte sich das Tempo der schwindenden Auslandsnachfrage. Destatis meldet hier ein Minus von 0,7%, im Januar waren es noch −11,4%. Vor allem aus dem Euroraum kamen erheblich weniger Bestellungen, und zwar 13,1% weniger im Monatsvergleich. Aus dem Nicht-Euroraum melden die Statistiker einen Orderzuwachs von 7,8%.

Der um 2,2% höhere Umsatz im verarbeitenden Gewerbe lässt auf einen − wenn auch schmalen − Produktionsanstieg schließen. Wegen größerer Revisionen im Maschinenbau und der Autoindustrie revidierten die Statistiker den Umsatz von Januar allerdings kräftig nach unten, und zwar von −2,0% auf −5,2%. Experten erwarten, dass Destatis am Montag ein Produktionsplus von 0,4% vermeldet. Zu Jahresbeginn hatte der Output um 1% zugelegt. „Angesichts einer sich weiter abschwächenden Nachfrage und weiter schwindender Auftragsbestände dürften die Unternehmen ihre Produktion zunächst eher noch herunterfahren“, mahnt aber Commerzbank-Ökonom Solveen. Für die zweite Jahreshälfte sei aber mit einer Stabilisierung zu rechnen. Die globale Industriekonjunktur zieht laut den Einkaufsmanagerumfragen bereits an.

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