Unternehmenssteuer auf der Agenda

Union und SPD signalisieren Gesprächsbereitschaft - Positionen liegen weit auseinander

Unternehmenssteuer auf der Agenda

In der großen Koalition kommt Bewegung in die Gespräche über eine Unternehmenssteuerreform. Die Positionen scheinen jedoch unüberbrückbar. Während die Union auf Entlastung der Wirtschaft hinarbeitet, dringt die SPD auf eine steuerliche Belastung der Vermögen und einen höheren Mindestlohn. wf Berlin – Zum Jahresauftakt bringen sich die Parteien wieder in Position. Allen voran startet traditionell die CSU-Landesgruppe im Bundestag mit ihrem Wintertreffen im bayerischen Kloster Seon. “Keine Wiedereinführung der Vermögensteuer”, wird sie unter anderen Punkten in einem Papier fordern, das in Seon in der kommenden Woche beschlossen werden soll. Die Nachrichtenagentur dpa-afx zitierte aus dem Entwurf. Der niedergelegte CSU-Widerstand gegen die Vermögensteuer hat einen handfesten Grund. Das neue SPD-Parteiführungsduo aus Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken will zwar die große Koalition weiterführen und zeigt sich gesprächsbereit in der Zusammenarbeit, formuliert aber Bedingungen. Vermögensteuer im Visier Dazu gehören die Wiederbelebung der hierzulande zuletzt 1996 erhobenen Vermögensteuer und die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Der Mindestlohn ist zum Jahresbeginn auf 9,35 Euro gestiegen. Auch bei der Erbschaftsteuer beim Generationenwechsel in Familienbetrieben würde die neue SPD-Führung die wirtschaftsfreundlichen Ausnahmen streichen, dürfte sie allein entscheiden. Zudem tritt Walter-Borjans für einen höheren Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer ein. Dieser würde allerdings nicht nur Spitzenverdiener, sondern vor allem Personengesellschaften stärker treffen.Diese Forderungen sind nicht im Koalitionsvertrag verankert. Die SPD ruft sie aber als Verhandlungsmasse zu einem Thema auf, das die Union seit Monaten vorantreibt und das ebenso wenig Teil des Koalitionsvertrags ist: die Reform der Unternehmensbesteuerung. Die bislang letzte umfassende Novelle liegt mehr als eine Dekade zurück. Sie hatte die deutsche Wirtschaft damals international in eine gute Position im Mittelfeld des steuerlichen Wettbewerbs gerückt. Da viele Industrieländer wie die USA oder Frankreich inzwischen ihre Unternehmenssteuerregime modernisiert haben, ist Deutschland wieder in eine Spitzenposition bei der Belastung gerückt. Die Steuerlast wird in den nächsten Jahren deutlich zulegen (siehe Grafik). Internationaler Wettbewerb In der Union hatte vor allem der Wirtschaftsflügel Druck gemacht, um die Situation der deutschen Unternehmen zu verbessern, die großenteils im internationalen Wettbewerb stehen. Im Frühjahr 2019 bereitete die Unionsfraktion ein Konzept für die Unternehmensbesteuerung vor, im November beschloss sie es. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich in der Haushaltsdebatte im Bundestag – noch kurz vor der Entscheidung über die SPD-Führung – hoffnungsvoll, mit dem Koalitionspartner in diesem Punkt noch etwas in der laufenden Legislaturperiode bewegen zu können. Merkel tritt für die rechtsformneutrale Besteuerung ein, die Personengesellschaften und Körperschaften gleichermaßen belastet. Der Sachverständigenrat für Wirtschaft rät schon lang zu diesem Schritt. Die Wissenschaftler haben dazu ein Konzept vorgelegt. Zudem müssen Merkel zufolge die Steuersätze überprüft werden, nachdem Deutschland “2020 das Land mit den höchsten Unternehmenssteuern in Europa sein” werde. Konkret steht im CDU/CSU-Konzept, der Körperschaftsteuersatz soll von derzeit 15 % auf 10 % sinken. Nicht ausgeschüttete Gewinne von Personen- und Kapitalgesellschaften will die Union bei maximal 25 % deckeln. Die Gewerbesteueranrechnung soll so ausgestaltet werden, dass sie bei der Einkommensteuer wieder vollständig neutralisiert werden kann. Bei der Grunderwerbsteuer sollen sogenannte steuersparende “Share Deals” verhindert werden, ohne dass sich Kollateralschäden bei Unternehmen einstellen, die keine Steuersparmodelle anstreben.Bei der anstehenden Reform des veralteten Außensteuerrechts dringt die Union unter anderem darauf, die Niedrigbesteuerungsgrenze zu senken. Diese liegt mit 25 % über dem durchschnittlichen Niveau von 10 % in vielen EU-Ländern und führt zu unorthodoxer Zusatzbelastung. Der noch im Dezember von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegte Entwurf zur steuerlichen Behandlung der Auslandstöchter weist aber in eine andere Richtung. Die Niedrigsteuergrenze wird nicht angetastet. Im Referentenentwurf zur “Umsetzung der Antisteuervermeidungsrichtlinie” kommt es zudem zu einer zusätzlichen Belastung der Unternehmen von 235 Mill. Euro im Jahr, wenn das Gesetz voll wirkt.