GRENZEN DES WACHSTUMS -- KÖPFE DES JAHRES

Kronprinz

igo - Ola Källenius wird erst im Mai Vorstandschef von Daimler und Leiter Mercedes-Benz Cars. Aber wenn es um Fragen zur Chemie von Batteriezellen oder künstliche Intelligenz geht, lautet die Antwort anderer Daimler-Vorstände bereits jetzt oft:...

Kronprinz

igo – Ola Källenius wird erst im Mai Vorstandschef von Daimler und Leiter Mercedes-Benz Cars. Aber wenn es um Fragen zur Chemie von Batteriezellen oder künstliche Intelligenz geht, lautet die Antwort anderer Daimler-Vorstände bereits jetzt oft: “Puh, so im Detail … das müssten Sie Ola fragen.” Der 49-jährige Schwede wird der erste Ausländer an der Spitze des 132-jährigen Konzerns, wie der Aufsichtsrat Ende September beschloss. Und anders als in diesen Sphären bisher üblich umgibt ihn keine Aura kompromissloser Autorität. Er steht für einen neuen Führungsstil – weniger Hierarchie, mehr Augenhöhe, duzend, aber ohne die Distanz zu verlieren.Dieter Zetsche habe zwar verstanden, wie wichtig Digitalisierung sei und welche Veränderungen sie in technologischer Hinsicht bringe. Sein Führungsstil aber sei eher traditionell geblieben. Das sei bei Källenius anders, sagt einer, der beide gut kennt. Der Schwede wird auch beweisen müssen, dass sein Ton in einer tradierten Industrie zieht, die sich in einem Umbruch befindet, der noch viele harte Entscheidungen erfordern wird.Der dreifache Vater, der mit einer Schwäbin verheiratet ist, ist höflich und geduldig, aber konsequent. Das zeigte er 2016, als er als Vertriebsvorstand die Organisation straffte und sämtliche Daimler-Autohäuser verkaufte. Er verständigte sich – taktisch klug – bereits vorab mit den Arbeitnehmern, so dass diese auch Verkäufe an eine chinesische Händlergruppe abnickten. Källenius verfüge sehr wohl über Machtinstinkt, heißt es bei Daimler. Er gehe damit nur anders um als andere Manager.Seit Källenius 2015 in den Konzernvorstand aufrückte, gilt er als Kronprinz. 2017 wurde er Entwicklungschef, und es war klar: Bewährt sich der Nicht-Ingenieur in der Rolle, wird er Chef. Das verstand auch der ambitionierte damalige Lkw-Vorstand Wolfgang Bernhard, der dem Aufsichtsrat in derselben Sitzung im Februar 2017 seinen Abschied mitteilte, in der Källenius Vertrag bis 2022 verlängert wurde.An der schwedischen Ostküste geboren, studierte Källenius in Stockholm und St. Gallen Internationales Management sowie Finanzen und Controlling. 1993 kam er zu Daimlers internationaler Nachwuchsgruppe. Er wollte immer mit Autos arbeiten, und “immer zu Mercedes”, sagte Källenius einmal. Er sammelte anschließend Auslandserfahrung und erhielt früh Verantwortung. Mit 34 Jahren leitete er die Rennsportmarke McLaren in Großbritannien, dann das Werk in Tuscaloosa und die Tuning-Tochter AMG, bevor er 2013 Vertriebsvorstand von Mercedes wurde.Källenius hat eine Herkulesaufgabe vor sich. Der Hochlauf der E-Mobilität, die er zuletzt maßgeblich verantwortete und deren Erfolg oder Misserfolg sich erst in den nächsten Jahren zeigt. Parallel die Entwicklung autonomer Autos im Wettbewerb mit IT-Konzernen und die rechtliche Aufarbeitung des Abgasskandals. Dazu verunsichert der Handelsstreit zwischen den USA und China die Märkte.Källenius musste bisher keine harten Sparprogramme durchziehen oder Absatzeinbrüche erklären. Mit Zetsche geht sein Förderer, bevor dieser 2021 als Aufsichtsratschef zurückkehren soll. Källenius hat daher weitere Vertraute um sich geschart. Mercedes-Produktionschef Markus Schäfer wird Entwicklungsvorstand. Strategiechef Wilko Stark ist seit Oktober Einkaufsvorstand der Marke. Und der Digitalvordenker Sajjad Khan leitet nun auch eine Strategiegruppe im Bereichsvorstand. Wenn es hart auf hart kommt, will Källenius auf ihre Unterstützung zählen, wie es bisher bei Zetsche der Fall war.