Prime Brokerage

Der ambitionierte Monsieur Osty

Die französische Großbank BNP Paribas will europäischer Marktführer im Geschäft mit Hedgefonds werden. Kritische Masse erreicht sie damit in dem von US-Adressen dominierten Geschäft nicht zwingend.

Der ambitionierte Monsieur Osty

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Die französische Großbank BNP Paribas hat sich viel vorgenommen. Nachdem sie sich im vergangenen Jahr den französischen Broker Exane und das Prime Brokerage sowie den elektronischen Aktienhandel der Deutschen Bank einverleibt hat, will das Institut nach Worten von Kapitalmarktchef Olivier Osty zur europäischen Nummer 1 im Aktiengeschäft und im amerikanisch dominierten Prime Brokerage aufsteigen.

Als regulierte Finanzdienstleister mit Zugang zu den großen Kapitalsammelstellen der Welt sind Prime Broker die wichtigsten Partner für Hedgefonds und andere wagemutige Profi-Investoren. Damit sich ihre Geschäftsideen richtig lohnen, investieren diese nicht bloß das Kapital ihrer Anteilseigner, sondern operieren zusätzlich mit einem Schuldenhebel. Je nach Risikolaune nehmen sie dabei für jede Million Eigenkapital bei ihrem Prime Broker einen Kredit von einer Million oder mehr auf. So bewegen sie höhere Summen und fahren im Erfolgsfall entsprechend höhere Gewinne ein.

Fass ohne Boden

Zu den Dienstleistungen des Prime Brokers gehört es auch, die Aktien aufzutreiben, die sich Hedgefonds von anderen Marktteilnehmern leihen, um Leerverkäufe zu tätigen sowie bei Bedarf als Gegenpartei für ihre Wertpapiergeschäfte zu fungieren. Ein einträgliches Geschäft, solange alles nach Plan läuft. Und ein Fass ohne Boden, wenn das Risikomanagement des Prime Brokers versagt – wie bei Credit Suisse im Fall der Archegos-Pleite vor einem Jahr.

BNP Paribas scheint dies nicht abzuschrecken. Das Institut verfüge nicht nur über eine technisch anspruchsvolle Plattform, sondern auch über die erforderlichen Fähigkeiten im Risikomanagement, tönte Osty vor einigen Tagen in einem Bloomberg-Interview anlässlich des Abschlusses der Übernahme des Prime Brokerages der Deutschen Bank, das rund 900 Mitarbeiter zählt, die seit Jahresbeginn unter französischer Flagge agieren.

Hat sich die Bank erst einmal als Nummer eins der europäischen Institute in den USA etabliert, hofft sie, damit für globale Kunden attraktiv zu sein, die „nicht nur auf US-Akteure“ setzen wollen. Dabei schielt Osty vor allem auf die Kunden von Credit Suisse Prime. Nachdem die Milliardenverluste aus der Archegos-Pleite ihr nachvollziehbarerweise den Spaß am Geschäft mit Hedgefonds und ähnlich gepolten Investoren verdorben hatten, unterzeichnete die Schweizer Großbank im Spätherbst eine „Empfehlungsvereinbarung“ mit BNP Paribas. Credit Suisse verpflichtet sich darin, ihren Prime-Brokerage-Kunden zum Abschied die Zusammenarbeit mit den Franzosen ans Herz zu legen.

Noch keine kritische Masse

Einige Hedgefonds hätten diesen Rat bereits befolgt, unterstrich Osty, der hofft, durch den Deal mit Credit Suisse auch in den kommenden Monaten Neukunden für den aufstrebenden Geschäftsbereich zu gewinnen. Ein Blick auf die Marktdaten, die der Londoner Finanzinformationsdienstleister Preqin für die Börsen-Zeitung zusammengestellt hat, legt jedoch den Schluss nahe, dass die Franzosen noch einen langen Weg zu gehen haben, um in dem angelsächsisch geprägten Geschäftsfeld tatsächlich eine kritische Masse zu erreichen (siehe Grafik).

Wenig überraschend sind die Top-3-Plätze sowohl bei der Anzahl der betreuten Hedgefonds als auch beim Neugeschäft fest in der Hand der US-Banken Morgan Stanley, Goldman Sachs und J.P. Morgan. Erst dann folgt mit großem Abstand Credit Suisse Prime, deren Kunden nach dem Willen des französischen Managers nach und nach zu BNP Paribas wechseln sollen. Die Franzosen selbst, die in den vergangenen zwei Jahren die Systeme, Mitarbeiter und Kunden der Deutschen Bank integriert haben, rangieren mit knapp 800 betreuten Hedgefonds abgeschlagen auf Platz 9.

Das deckt sich mit der Begründung, die Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing für den intern durchaus umstrittenen Ausstieg aus dem Aktiengeschäft, dem auch das Prime Brokerage zum Opfer fiel, geliefert hat: Das Institut wolle keine Aktivitäten mehr betreiben, in denen es absehbar keine Top-3-Platzierung erreichen könne.

Auch BNP Paribas ist davon weit entfernt. Nicht ohne Grund begrenzt Osty seine Ambitionen auf Europa. Insbesondere das schwächelnde Neugeschäft, also der Anteil an den in den vergangenen zwölf Monaten neu aufgelegten Hedgefonds, macht deutlich, dass eine marktführende Position für BNP Paribas bestenfalls in der Eurozone in Reichweite ist.

Denn selbst für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass alle Kunden von Credit Suisse ausnahmslos zu BNP Paribas wechseln, indizieren die Marktanteile am Neugeschäft, dass die Franzosen sich strecken müssen, um nur einen Marktanteil von 5% zu erreichen. Damit lägen sie nicht nur hinter den großen US-Adressen, sondern auch hinter der UBS, die im Gegensatz zu ihrer heimischen Wettbewerberin nicht daran denkt, ihre Finger von diesem Geschäft zu lassen.

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