Genossenschaftsbanken

Die Schwächen der Apobank

Die Apobank leidet unter schlechter Governance und Performance. Neu strukturiert könnte sie ihr Potenzial einer betuchten Klientel besser heben.

Die Schwächen der Apobank

Bei der Apobank, der größten genossenschaftlichen Primärbank Deutschlands und von der EZB als systemrelevante Bank in Europa überwacht, staunt man über die Anteilseigner-Vertreter im Aufsichtsrat. Es sind ein Radiologe, drei Zahnärzte, zwei Apotheker, zwei Orthopäden, eine Geschäftsführerin der Verwaltungsgesellschaft Deutscher Apotheker – und nur ein Mitglied mit Bankenexpertise: Walter Kollbach, früherer Leiter der BVR-Sicherungseinrichtung. Kaum vorhandene Bankenexpertise im Kontroll­gremium, ein IT-Debakel grandiosen Ausmaßes, Marktanteilsverluste bei der Stammklientel, gestiegene Risikoaktiva durch billige Baufinanzierungen, hochlaufende Kosten – kein Wunder, dass die EZB-Bankenaufsicht seit einiger Zeit die Daumenschrauben anzieht.

Auch die Anteilseigner der Gesundheitsberufe hadern mit „ihrer“ Bank. Hinzu kam noch Empörung über grenzwertige Äußerungen von Aufsichtsratschef und Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery in der Pandemie. Dieser wiederum versuchte, der wachsenden Kritik der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Tierärzte und Vertreter anderer Heilberufe sowie dem Druck der EZB-Bankenaufsicht seit vergangenem Jahr mit einem fast kompletten Revirement der Vorstandsetage zu begegnen – allein Risikovorstand Eckhard Lüdering verblieb im Amt. Doch damit wird Montgomery wohl nicht seine eigene Haut retten: Bei der Vertreterversammlung Ende April wird aller Voraussicht nach BVR-Vorstand Gerhard Hofmann, der Ende Februar eigentlich in den Ruhestand gehen wollte, mit dem Ticket der Bundesärztekammer Montgomerys Platz im Aufsichtsrat einnehmen und vermutlich auch den Vorsitz übernehmen. Zugleich steht dem  Vernehmen nach zur Diskussion, dass Ex-Finanzvorstand Thomas Siekmann als Vertreter der Zahnärzte ins Kontrollgremium einzieht.

Mit mehr Fachexpertise im Kontrollgremium ist zu hoffen, dass erst einmal Generalinventur ansteht. Wie konnte die Apobank eine solch operativ schlechte Entwicklung hinlegen, seit Ulrich Sommer Herbert Pfennig im Sommer 2017 an der Vorstandsspitze beerbte? Die Nachwehen der Umstellung des Kernbankensystems von der genossenschaftlichen Rechenzentrale Atruvia (damals Fiducia & GAD) auf die Schweizer Avaloq im Mai 2020 sind auch noch zu spüren. Die Probleme damals waren so gravierend, dass monatelang das Zentralinstitut DZ Bank der Apobank im Zahlungsverkehr unter die Arme greifen musste. Der Ärger bei den Kunden im Gesundheitssektor durch tagelange Störungen war riesig, der Reputationsverlust enorm. Was Wunder, dass die Apobank danach bei Praxisgründungen nicht mehr automatisch die Finanzierung für ihre Kunden übernehmen durfte, sondern Deutsche Bank und Sparkassen profitierten. Auch im institutionellen Geschäft mit den Versorgungswerken der Gesundheitsberufe bringt die Apobank zu wenig PS auf die Straße. Verwunderlich ist auch, warum man bei der meist gut betuchten Klientel der Ärzte und Apotheker nicht in der Lage ist, mehr Erträge als bislang in der Vermögensverwaltung zu generieren. Hinzu kommen Belastungen durch Cum-ex-Geschäfte.

Auch wenn kurzfristig allen Beteiligten daran gelegen ist, dass Ruhe einkehrt nach den Turbulenzen der vergangenen zwei Jahre, ist perspektivisch nicht auszuschließen, dass die Vorstandsetage, wo Matthias Schellenberg im März Sommer nachfolgt, nicht noch einmal durchgekehrt wird. Die EZB-Banken­aufsicht wiederum wird auf die Apobank weiterhin ein besonders wachsames Auge haben. In den vergangenen zwei Jahren waren Vorstand und Aufsichtsrat dort regelmäßig zum Rapport einbestellt. Auch der BVR versuchte, durch mehrere Gespräche mit der Führungsspitze seiner größten Ortsbank zurück in die Erfolgsspur zu verhelfen. Schwer wiegen dort noch die Erinnerungen an die Schieflage der Bank in der Finanzkrise durch strukturierte Produkte, die eine Finanzspritze des BVR notwendig machte.

Rein wegen operationeller Schwäche und mangelnder fachlicher Expertise im Auf­sichtsgremium sah man sich beim Spitzenverband dieses Mal aber nicht zu einem Eingreifen bei der Apobank veranlasst. Insofern stellt die Kandidatur Hofmanns für den Aufsichtsrat auch keine BVR-Maßnahme dar, sondern es ist eine private Entscheidung des 65-Jährigen, sich auch nach dem offiziellen Ausscheiden weiterhin in den Dienst der genossenschaftlichen Finanzgruppe zu stellen. Auf ihn wartet die Herausforderung, durch eine Restrukturierung das Potenzial der Apobank wieder zu heben.

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