Dialog Semiconductor

Kampfansage

Für Unternehmen gehört es zum guten Ton, im Fall von Übernahmen nach außen deren Vorteile hervorzuheben, um gegenüber Anlegern diese Art der Expansion zu rechtfertigen. Bei den Investoren fand Renesas mit ihrem angekündigten Erwerb von Dialog...

Kampfansage

Für Unternehmen gehört es zum guten Ton, im Fall von Übernahmen nach außen deren Vorteile hervorzuheben, um gegenüber Anlegern diese Art der Expansion zu rechtfertigen. Bei den Investoren fand Renesas mit ihrem angekündigten Erwerb von Dialog Semiconductor Anklang. Strategisch ist der Erwerb für die Japaner durchaus sinnvoll, stößt doch Renesas damit in Bereiche vor, die die Wachstumsfantasien im Markt bedienen.

Der deutsch-britische Chipspezialist tummelt sich mit Halbleitern für Multimedia, Mobiltelefonen und Autos auf Feldern, die zu den großen Treibern des Geschäfts gehören. Chips für Smartphones sind in dieser aufgrund der Coronakrise von Homeoffice und Homeschooling geprägten Zeit gefragt wie nie zuvor. Das Autogeschäft zieht nach dem Tief im Frühjahr 2020 deutlich an. Vor diesem Hintergrund ist der Konzern aus Tokio bereit, für das ehemalige MDax-Mitglied mit einem Kaufpreis von 4,9 Mrd. Euro mal eben das 4,5-Fache des geschätzten Jahresumsatzes von 2020 hinzublättern. Solche Mondpreise sind in der von einer Übernahmewelle geprägten Chipindustrie mittlerweile üblich. Zum Vergleich: Beim Erwerb des US-Anbieters Cypress 2020 war Infineon bereit, mit 9 Mrd. Euro einen ähnlich hohen Umsatzmultiplikator in Kauf zu nehmen. Für Renesas ist der Plan mit Dialog mehr, als nur das eigene Angebot abzurunden. Der Vorstoß der Asiaten ist faktisch eine Kampfansage an die europäischen Wettbewerber. NXP aus den Niederlanden, der italienisch-französische Konzern STMicroelectronics und Deutschlands größter Halbleiterhersteller Infineon sind auf den gleichen Gebieten gut unterwegs.

Renesas stand unter Handlungsdruck, ist doch der Konzern zwar auf manchen Nischenfeldern gut positioniert wie zum Beispiel bei Mikrocontrollern, hat aber in den margenträchtigen Zukunftsbereichen in Bezug auf die Umsätze noch keine kritische Größe erreicht, die es erlaubt, den großen Häusern entscheidend Paroli zu bieten und dabei zugleich die eigene Unabhängigkeit im Chip-Haifischbecken zu wahren. Aufgrund dieses notwendigen Nachholbedarfs rückt Renesas nunmehr aus einer relativ schwachen Position im Ranking der Top 20 der Branche etwas weiter vor – sofern vor allem die deutschen Behörden das Vorhaben abnicken.