Frankfurt

Milliarden für die Katz

In Deutschland gibt es nicht nur immer mehr Haustiere, sie werden auch immer mehr verwöhnt. Längst sind Investoren auf den Markt aufmerksam geworden – kein Wunder, die Zahlen sind beeindruckend.

Milliarden für die Katz

Dass das Geschäft mit Heimtierbedarf ein milliardenschwerer Markt ist, ist natürlich keine Überraschung. Trotzdem sind die konkreten Zahlen eindrucksvoll – und spätestens seit diesem Freitag reden selbst Investoren, die das Geschäft rund um Katzenklos und Meisenknödel bislang nicht im Blick hatten, voller Respekt von den Renditechancen von Hundeknochen und Pferde-Zeckenzangen. Satte 2,8 Mrd. Euro bietet der US-Finanzinvestor Hellman & Friedman für Zooplus – einen Versandhändler mit knapp 800 Beschäftigten.

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Das Kalkül der Käufer ist, dass sie auf einem rasant wachsenden Markt unterwegs sind. Den Zahlen des Industrieverbands Heimtierbedarf zufolge stieg die Zahl der Haustiere in Deutschland allein 2020 um fast eine auf 35 Millionen. Was die Attraktivität des Markts angeht, so zeichnet er sich zweitens durch das aus, was Zooplus-Chef Cornelius Patt mit dem etwas schrägen Begriff „Premiumisierung“ andeutet. Einfacher gesagt: Es gibt nicht nur immer mehr Pudel, Perserkatzen und Wellensittiche in deutschen Haushalten. Sondern sie werden auch immer mehr verwöhnt. Nur gefühlskalte Herrchen lassen ihren Bello oder Astor noch hinter abgebrochenen Ästen hinterherjagen. Wahrhafte Tierliebhaber haben für ihre vierbeinigen Freunde stets mit Snacks befüllbare Plüschwürfel oder Baumwolltaue dabei. Oder eben Raschelkissen und Baldrian-Spielmäuse für ihre Samtpfoten.

Drittens schließlich setzen die Käufer darauf, dass sich der Einkauf von Futter, Streu und Napf noch viel stärker als bisher ins Netz verlagern wird. Mit dieser Vermutung könnten sie Recht behalten. Denn Hand aufs Herz: Eine Tierhandlung zu besuchen, war früher kein Spaß und ist es auch heute nicht. In den vergangenen Jahren hat sich der komplette Einzelhandel aufgehübscht – selbst Reisebüros sind keine kalten Katalogausgabestellen mehr, sondern präsentieren sich wie Weltenbummler-Lounges. Der Besuch von Tiergeschäften ist jedoch seit jeher eine Marter: Es muffelt, die Geräuschkulisse nervt und am Ende weiß man eh nicht, wie man das Aquarium in den Polo kriegen soll.

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Aus Anbietersicht gibt es noch einen anderen Grund, auf sprudelnde Erlöse zu hoffen: Die Kundschaft ist zahlungskräftig – oder wenn nicht, dann zumindest zahlungswillig. Sie spart lieber am eigenen Konsum als bei den Ausgaben für Findus, Krummbein und Bingo. Schließlich macht ja auch ein Teller Miracoli satt, solange Morgan und Rudy nicht auf Geflügelherzen in Naturreis auf Apfel oder Wildbret mit Vollkornnudeln und Karotten verzichten müssen. Eine Studie zum Weltkatzentag am 8. August hat ermittelt, dass eine britische Langhaarkatze auf ihr ganzes Leben gerechnet 8700 Euro kostet, eine sibirische Katze sogar fast 10000 Euro. Angesichts der Tatsache, dass mehr als jeder vierte bundesdeutsche Haushalt eine Mieze besitzt, sind das volkswirtschaftlich gesehen Milliarden für die Katz.

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