Vivendi-Großaktionär

Bolloré übergibt an seine Kinder

Selbst wenn Vincent Bolloré an diesem Donnerstag das Zepter seiner Gruppe offiziell an seine Kinder übergeben wird, wird der Bretone weiter im Hintergrund die Strippen ziehen.

Bolloré übergibt an seine Kinder

Von Gesche Wüpper, Paris

„Mein Verfallsdatum rückt näher“, sagte er dem französischen Senat vor kurzem. „Ich bin weniger als nichts, ein bloßer Berater.“ Doch selbst wenn Vincent Bolloré an diesem Donnerstag das Zepter seiner Gruppe offiziell an seine Kinder übergeben wird, wird der Bretone weiter im Hintergrund die Strippen ziehen. Nicht umsonst gilt der Großaktionär von Vivendi, der am 1. April 70 Jahre alt wird, als einer der gefürchtetsten Investoren Frankreichs. Sein Einfluss ist auch im Präsidentschaftswahlkampf deutlich zu spüren, denn der rechtsextreme Kandidat Éric Zemmour hat bei Bollorés Fernsehsender Cnews fast zwei Jahre lang jeden Abend eine Sendung moderiert.

Eigentlich hatte Bolloré den Wachwechsel am 17. Februar mit Pomp bei der Feier zum 200-jährigen Bestehen des familieneigenen Unternehmens in Ergué-Gabéric bei Quimper zelebrieren wollen. „Nicolas Le Marié und René-Guillaume Bolloré haben hier am 17. Februar 1822 den ersten Stein für diese Papiermanufaktur gelegt“ steht dort an einer Gedenktafel am Eingang der Fabrik von Blue Solutions, der auf Batterien für Elektrofahrzeuge spezialisierten Sparte der Bolloré-Gruppe. Angesichts der Pandemie will Bolloré, der mit einem Vermögen von 8,2 Mrd. Euro auf der von dem Wirtschaftsmagazin „Challenges“ erstellten Rangliste der reichsten Franzosen Platz 14 innehat, das Jubiläum nun zunächst in kleinem Kreise begehen und die große Feier im Sommer nachholen. 

Der praktizierende Katholik hat seine Nachfolge seit Jahren vorbereitet. So hat sein zweitältester Sohn Yannick (42) bereits 2018 den Vorsitz des Vivendi-Aufsichtsrates übernommen. Der 1985 geborene Cyrille wiederum steht seit 2019 an der Spitze der Bolloré-Gruppe, dessen Verwaltungsrat auch Marie und Sébastien, die beiden anderen Kinder des Milliardärs, angehören. Die 1988 geborene Marie leitet Blue Solutions, und der 44-jährige Sébastien ist in der Gruppe für neue Technologien zuständig. Bollorés Schwester Chantal, die laut dem Investigativportal „Médiapart“ die Wahlkampfveranstaltungen Zemmours finanziell unterstützt, gehört dem Kontrollgremium der Gruppe ebenfalls an.

Der Geschäftsmann, der zweimal pro Woche zur Beichte gehen soll, hat seine Karriere nach einem Jurastudium zunächst bei der Banque de l’Union Européenne Industrielle et Financière begonnen. Mit nur 23 Jahren wurde er stellvertretender Direktor der Compagnie Financière Edmond de Rothschild, die im selben Jahr zusammen mit ihm und seinem Bruder Michel-Yves die Kontrolle über das von ihrem Vater heruntergewirtschaftete Familienunternehmen übernahm. 1981 kauften die Brüder der Bank die Firma für die symbolische Summe von 1 Franc ab. 

Erst Logistik, dann Medien

Vincent Bolloré sanierte das Unternehmen, das einst hauchdünnes Papier für Zigaretten und Bibeln herstellte. Seinen Bruder jedoch drängte er schon bald aus dem Betrieb. Aus der Gruppe, die Ende der siebziger Jahre mit knapp 800 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 20 Mill. Euro kam, ist mittlerweile ein Konglomerat mit mehr als 80000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 24 Mrd. Euro geworden. Transport und Logistik in Afrika galten lange Zeit als das Herzstück des komplizierten Geflechts aus sich ständig verändernden Beteiligungen und Holdings. Doch demnächst dürfte Bolloré das Afrika-Geschäft der Logistiksparte für 5,7 Mrd. Euro an die Reederei MCS abgeben. Dafür ist die Gruppe gerade dabei, den Medien- und Reiseeinzelhandelskonzern Lagardère komplett zu übernehmen. Dadurch wird Vincent Bolloré, der einst Nicolas Sarkozy nach dessen Wahl seine Jacht für einen Urlaub zur Verfügung stellte, seinen Einfluss vermutlich weiter ausbauen. Lagardère gehört neben Medien wie dem „Journal du Di­manche“, „Paris Match“ und „Europe 1“ auch Hachette, der größte Verlag des Landes.