Governance

Diversity in Familien­unternehmen wenig beliebt

Familienunternehmen gelten hierzulande als Rückgrat der Wirtschaft. Doch wenn es um die Besetzung der Aufsichtsgremien geht, sind die Familienunternehmen nicht auf der Höhe der Zeit.

Diversity in Familien­unternehmen wenig beliebt

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Familienunternehmen gelten hierzulande als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. 90 % aller Firmen befinden sich im Familienbesitz, 58 % der Beschäftigten werden dort gezählt, und sie stehen für mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung. Doch wenn es um die Besetzung der Aufsichtsgremien geht, sind die Familienunternehmen alles andere als auf der Höhe der Zeit, wie aus einer Analyse der Personalberatung Russell Reynolds unter 100 Familienunternehmen quer durch alle Branchen und alle Größenordnungen hervorgeht. Die Rückständigkeit im Vergleich zu den Dax-30-Unternehmen betrifft nicht nur die Frauenquote, sondern auch die Digitalisierungsexpertise und die Internationalität.

Frauenquote von 18 Prozent

So befindet sich bei 40 % der Familienunternehmen keine einzige Frau im Aufsichtsrat (AR), bei 29 % ist das weibliche Geschlecht immerhin mit einem Kopf vertreten, bei 21% sind es zwei Frauen und bei 10 % gibt es drei weibliche Aufsichtsratsmitglieder. Damit bringen es die Familienunternehmen auf eine Frauenquote im Kontrollgremium von lediglich 18 %, während es die Dax-30-Unternehmen nicht zuletzt auf Druck des Gesetzgebers inzwischen auf einen Frauenanteil von 33 % bringen. Im MDax liegt die Frauenquote bei 31 %. In den untersuchten Familienunternehmen gibt es acht Aufsichtsgremien mit einer Frau an der Spitze. Sechs dieser Frauen sind Mitglieder der Gründerfamilien, die bekannteste unter ihnen ist Simone Bagel-Trah bei Henkel. Daneben gehören Alexandra Schörghuber, Bettina Würth, Cathrina Claas-Mühlhäuser, Gabriela Grillo und Christiane Schaufler-Münch (Bitzer) zum Kreis der Frauen, die die Oberaufsicht über das familienkontrollierte Unternehmen führen. Auf familienexterne Expertise an der Spitze des AR setzen dagegen Haniel mit Doreen Nowotne und Alltours mit Ulrike Hipp.

Wie aus der Analyse hervorgeht, hängt der Frauenanteil in Familienunternehmen aber auch mit der Unternehmensgröße zusammen. Während bei den Familiengesellschaften mit einem Jahresumsatz zwischen 600 und 900 Mill. Euro bei 65 % keine Frau im Kontrollorgan vertreten ist, sitzt bei Firmen mit einem Jahresumsatz von über 4 Mrd. Euro bei 76 % mindestens eine Frau im Aufsichtsrat. Die Frauenquote bei den „kleinen“ Familienunternehmen liegt bei 12 %, bei den Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 4 Mrd. Euro sind es 21 %.

Doch nicht nur was die Ge­schlechtervielfalt betrifft, hinken die deutschen Familienunternehmen den großen börsennotierten Unternehmen hinterher. So gibt es gemäß der Studie nur in 10 % der Familienunternehmen ein Aufsichtsratsmitglied mit ausgewiesener Digitalexpertise. Im Dax 30 sind es dagegen 80 %. Zudem verfügen nach den Angaben im Dax 30 14 % aller Aufsichtsratsmitglieder über digitale Expertise, während es bei Familienunternehmen nur 3 % sind.

Vergleichbares gilt mit Blick auf die Internationalität. In Familienunternehmen kommt nur jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied aus dem Ausland, im deutschen Blue-Chip-Index sind es fast 30 %. Umgekehrt ist die Kontinuität in Familienunternehmen bedeutend größer als im Dax. So sind Vorsitzende der Geschäftsführung oder des Vorstands im Schnitt dreimal so lange im Amt wie im Dax.