Logistik

Hamburgs Hafen-Präsident zieht kritische Bilanz

Kurz vor seinem Rückzug als Hamburgs Hafen-Präsident beklagt Gunther Bonz noch einmal die Wettbewerbsnachteile des größten deutschen Seehafens. Mit dem Hinterlandanschluss kann Hamburg punkten.

Hamburgs Hafen-Präsident zieht kritische Bilanz

Hamburgs Hafen-Präsident zieht kritische Bilanz

ste Hamburg

Seit einigen Wochen ist bekannt, dass Gunther Bonz für eine Wiederwahl als Präsident des seit 1968 bestehenden Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH) im Dezember nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Nun hat sich der 67-Jährige, der das Amt des Hafen-Präsidenten seit 2011 innehat und wichtigster Fürsprecher der Interessen von mehr als 100 Hafenunternehmen ist, im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten (CHW) noch einmal kritisch zur Lage und zu den Perspektiven des größten deutschen Seehafens geäußert.

Auch in diesem Jahr werde Hamburg beim Umschlag stärker schrumpfen als die beiden größeren Nordsee-Wettbewerbshäfen Rotterdam und Antwerpen, klagt Bonz. Er verweist auf die Rezession, in der sich Deutschland als einzige Volkswirtschaft in der EU befinde, auf hohe Energiepreise und die auch damit einhergehende Deindustrialisierung des Standorts. Gleichwohl hält der Abwärtstrend schon länger an: In den vergangenen zwölf Jahren habe Hamburg beim Containerumschlag mehr als 25% Marktanteil an Rotterdam und Antwerpen verloren.

Wettbewerbsnachteile

Dafür macht der parteilose ehemalige Hamburger Wirtschaftsstaatsrat zum einen "Hamburgensien" verantwortlich, ausbleibende "Zuschüsse" aus dem Haushalt, jährliche Mehrkosten in Millionenhöhe für Terminals bei der Flächenmiete. Instandhaltung und Anpassung der Kaimauern würden den Terminals in Hamburg auf Vollkostenbasis in Rechnung gestellt, während sie in Rotterdam und Antwerpen als Teil der öffentlichen Infrastruktur durch den Steuerzahler getragen würden. Mieten und Pachten müssten wettbewerbsfähig gestaltet werden, fordert der Hafenmanager, selbst jahrelang in führender Rolle beim Containerterminal- und Logistikkonzern Eurogate tätig sowie von 2010 an auch Präsident des Verbands der privaten europäischen Hafenbetreiber (Feport).

Wettbewerbsnachteile moniert Bonz aber auch auf anderen Feldern. So bei der in den 1990er Jahren eingeführten Tonnagesteuer. Hier müsse die Privilegierung der reedereieigenen Terminals, wie es sie etwa in den beiden größeren Nordrange-Häfen, aber innerhalb der EU auch in weiteren Ländern, nicht aber in Deutschland und Frankreich gebe, abgeschafft werden. Steuervorteile wirkten sich auf die Container-Handling-Preise aus. Darüber hinaus müsse die Einfuhr-Umsatzsteuer auf EU-Niveau geändert werden, fordert der Hamburger Hafen-Präsident. Während europäische Regeln seit 1996 vorsähen, dass Zölle bei der Einfuhr von Waren in die EU an Brüssel abzuführen und Endkunden zahlungspflichtig seien, halte Deutschland noch am Zollrecht aus den 1950er Jahren fest, was für höhere Kosten eines Transports über deutsche Seehäfen sorge.

Bester Hinterlandhafen

Trotz der Wettbewerbsnachteile, sagt Bonz auch, sei der Hamburger Hafen für bestimmte Destinationen (in Mittel- und Osteuropa) aber weiterhin attraktiv – wegen seiner Lage, aber nicht nur. Hamburg habe den besten Hinterlandhafen in Europa, wenn nicht weltweit. Der Bahnanteil sei unter Klimaschutz- und Kostengesichtspunkten "ein Asset, das wir nicht unterschätzen dürfen". Dieser Hinterlandanschluss, so der Jurist, sei auch der eigentliche Grund, warum sich der Schweizer Reederei-Konzern MSC mit 49,9% am Hamburger Hafenlogistikunternehmen HHLA mit seiner Bahntochter Metrans beteiligen wolle. Über die geplante Transaktion will er sich an diesem Mittwochabend ebenso wie über die Gründe für seinen Rückzug nicht weiter äußern.

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